Kirchheim

Vor den Ferien steigt die Nervosität

Pandemie Im Corona-Abstrichzentrum in Nürtingen haben die Malteser momentan so viel zu tun wie im Frühjahr. Dabei haben die Ferien noch nicht begonnen. Von Antje Dörr

Archivfoto: Markus Brändli
Archivfoto: Markus Brändli

Marc Lippe blickt mit Sorge auf die Ferienzeit. „Nach den Skiferien ging die Zahl der Infizierten in Bayern und Baden-Württemberg damals hoch“, erinnert der Bezirksgeschäftsführer der Malteser an den Beginn der Pandemie. Lippe fürchtet, dass sich die Dynamik, die damals in Gang gesetzt wurde, wiederholen könnte. „Im Urlaub hält man einfach weniger Abstand“, sagt er. Die Idee, an den Flughäfen Teststationen einzurichten, findet er deshalb gut. Persönlich würde er noch weiter gehen. Am besten teste man auch noch gleich die Autofahrer an den Grenzen, sagt Lippe.

Verwunderlich ist diese Forderung aus dem Mund Marc Lippes nicht. Schließlich ist der Bezirksgeschäftsführer der Malteser verantwortlich für den Betrieb des einzig verbliebenen Corona-Abstrichzentrums (CAZ) im Landkreis Esslingen. Dort können sich hauptsächlich Menschen testen lassen, die Symptome einer Atemwegserkrankung zeigen, und die vom Hausarzt oder Kinderarzt einen Code bekommen haben (siehe Meldung auf dieser Seite).

Spitzenwert übertroffen

Nachdem es im Juni relativ ruhig geworden war, kommt das CAZ in Nürtingen-Oberensingen nun wieder an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Am Montag wurden dort 484 Menschen auf Covid-19 getestet - mehr als in der Hochphase der Pandemie im Frühjahr. Das liegt wohl auch daran, dass viele Kitas und Schulen von Kindern mit Schnupfennase einen negativen Abstrich verlangen. Oder, weil Eltern es nicht mehr leisten können, ihre Kinder auf Verdacht 14 Tage zu Hause zu lassen. Dabei hat die Urlaubssaison noch gar nicht richtig begonnen. „Wenn wir wieder so einen Urlaubshotspot wie Ischgl haben, sind wir in einer ähnlichen Situation wie zu Beginn des Jahres“, vermutet Marc Lippe.

CAZ auf den Fildern als Option

Zu Spitzenzeiten waren in den beiden Abstrichzentren in Nürtingen und auf den Fildern bis zu 890 Abstriche am Tag entnommen worden. „Ich will nicht ausschließen, dass wir das CAZ auf den Fildern wieder eröffnen müssen“, sagt Marc Lippe. Sollte die Entscheidung fallen, sei das binnen weniger Tage möglich. Das CAZ in Nürtingen mit einer zweiten Test-Spur aufzurüsten, sei zwar technisch möglich, würde aber zu einem Verkehrschaos führen. Die Einrichtung auf den Fildern war am 10. Juni geschlossen worden, weil nur noch wenige Patienten gekommen waren, um sich testen zu lassen. Ein weiterer Grund ist, dass es auf den Fildern ein größeres Netz an Corona-Schwerpunktpraxen gibt als im Raum Kirchheim und Nürtingen.

„Der Ton wird rauer“

Drohanrufe und Drohbriefe gehören bei den Maltesern im Bezirk Neckar-Alb, die das Corona-Abstrichzentrum in Nürtingen-Oberensingen leiten, zum Alltag. „Teilweise fordern Patienten von uns, dass das Testergebnis innerhalb von 24 Stunden da sein müsse, sonst gingen sie in Regress“, sagt Bezirksgeschäftsführer Marc Lippe. Er hat Verständnis für die Nöte der Patienten. „Natürlich ist es schwierig, wenn beispielsweise Eltern Urlaub nehmen müssen, bis das Testergebnis ihres Kindes vorliegt.“ Wenn Patienten unhöflich oder unverschämt werden, ärgert ihn das dennoch. „Unsere Leute trauen sich teilweise gar nicht mehr ans Telefon zu gehen, weil sie nicht angeschrien werden wollen.“

Verzögerungen kann es laut Marc Lippe immer dann geben, wenn - so wie derzeit - viele Testergebnisse übermittelt werden müssen oder wenn Testergebnisse unklar sind. „Dann muss das Labor in Karlsruhe einen zweiten Testlauf fahren“, sagt Lippe. In solchen Fällen könne es bis zu 48 Stunden dauern, bis das Ergebnis dem Patienten vorliege. adö