Kirchheim

Was fährt denn da?

Projekt Nach einem halben Jahr kurvt die E-Rikscha endlich durch Kirchheim. Erste Testfahrten überzeugen und zaubern ein Lächeln in die Gesichter. Von Melissa Seitz

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Ruth Schöller grinst über beide Ohren. Der Wind weht ihr durch die Haare. Wenn Fußgänger an ihr vorbeilaufen, winkt sie ihnen eifrig zu. Grund für ihre gute Laune: Endlich kann die Seniorin mit der „RiKi“, der Rikscha Kirchheim, durch die Fachwerkstadt fahren.

Im November ging das Crowd-funding-Projekt an den Start. Ziel war es, Senioren und Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Wind im Haar zu geben und sie mit der Rikscha durch Kirchheim zu fahren. Auf der Facebook-Seite der Stadt bekam das Projekt positives Feedback, und immer mehr Menschen wurden darauf aufmerksam. 180 Spender haben letztlich ihren Geldbeutel gezückt und in den „roten Flitzer“ investiert. „Von Vereinen und Kirchen bis zu Privatpersonen - jeder hat etwas beigesteuert“, freut sich Anne-Katrin Stuth. Anfangs waren sich die Organisatoren nicht bewusst, wie viel Arbeit hinter dem Projekt steckt. Spender zu finden ist nicht leicht, weiß Simon Unrath vom Seniorenzentrum St. Hedwig: „Nicht jeder, der von der Rikscha begeistert ist, spendet für sie.“

In einer speziellen Rikscha-Garage beim Treffpunkt „wirRauner“ wartet das rote Gefährt jetzt auf seine Einsätze. Zehn Einrichtungen für Senioren und Menschen mit Behinderungen sind an den Fahrten bereits interessiert. Aber auch für Privatpersonen soll die Rikscha am Wochenende verfügbar sein. „Wenn der Enkel seine Oma, die schon lange nicht mehr in der Stadt war, herumfahren will, dann ist die E-Rikscha perfekt dafür“, erklärt die Besuchsdienstleiterin der Heinrich-Sanwald-Stiftung.

Rikscha braucht neue Radler

Eigentlich kann es jetzt losgehen, doch ein kleines Problem bleibt: „Wir brauchen mehr Radler“, sagt Dieter Hutt von der Initiative „FahrRad“. Bisher haben sich nur sieben ehrenamtliche Fahrer gemeldet. Viel zu wenig, wenn man bedenkt, dass sich schon bei den Probefahrten Stammgäste gefunden haben. „Es ist nicht schlimm, wenn jemand nur wenige Stunden Zeit hat. Wichtig ist, dass weitere Freiwillige gefunden werden“, erklärt Dieter Hutt.

Nicht nur hinten auf dem Sattel der E-Rikscha zu fahren, macht Spaß - auch darin zu sitzen. Die ersten Runden drehte die Rikscha im Kirchheimer Seniorenzentrum „An der Lauter“. „Die Senioren konnten es kaum erwarten mitzufahren“, erzählt Anne-Katrin Stuth, „es hatte sich eine richtige Schlange gebildet.“ Auch die 84-jährige Ruth Schöller ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, eine Runde mit der Rikscha zu fahren. „Meine Nachbarin hatte während der Fahrt Angst, aber mir hat es auf Anhieb gut gefallen“, sagt die Bewohnerin des Seniorenzentrums.

Erinnerungen werden wach

Wie gut es ihr gefallen hat, wird bei einer Probefahrt mit der „RiKi“ deutlich. „Ich habe einen Rollator, mit dem kann ich zwar in die Stadt laufen, aber es ist anstrengend und dauert ziemlich lange“, sagt die Kirchheimerin. Für sie kommt die Rikscha genau richtig. Während Dieter Hutt die Rikscha durch die Fachwerkstadt fährt, sieht man ihr an, wie wohl sie sich fühlt. Leute drehen sich nach ihr um. Ihre Haare sind vom Wind zerzaust, hin und wieder winkt sie den Fußgängern zu und genießt den Ausblick aus der Rikscha. „Das ist ein richtiges Cabrio-Gefühl“, erklärt Dieter Hutt.

Auf die Frage, wie ihr die Fahrt gefällt, seufzt sie zufrieden und sagt: „Es ist so schön. Ich bin in Kirchheim aufgewachsen, wenn ich durch die Gassen fahre, werden Erinnerungen wach.“

Während der Fahrt geht es an Ruth Schöllers Geburtshaus vorbei, an ihrer alten Schule und an Orte, an denen sie schon das ein oder andere erlebt hat. Als Dieter Hutt über den Martinskirchplatz fährt, erzählt die Seniorin: „Hier wurde früher immer Eis aus riesigen Behältern verkauft. Und damals sind hier auch noch Pferdekarren gefahren.“ Man sieht: Mit der Rikscha geht es nicht nur raus an die frische Luft, sondern auch zurück in die Kindheit.

Langsam geht es für Ruth Schöller wieder zurück ins Seniorenheim. Das Gesicht der Seniorin spricht Bände: Das wird auf keinen Fall die letzte Fahrt gewesen sein.

Dieter Hutt fährt gerne mit der Rikscha umher. Umso besser ist es, wenn seine Mitfahrer wie Ruth Schöller ein Grinsen im Gesicht
Dieter Hutt fährt gerne mit der Rikscha umher. Umso besser ist es, wenn seine Mitfahrer wie Ruth Schöller ein Grinsen im Gesicht haben.Fotos: Carsten Riedl

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Dieter Hutt fährt gerne mit der Rikscha umher. Umso besser ist es, wenn seine Mitfahrer wie Ruth Schöller ein Grinsen im Gesicht
Dieter Hutt fährt gerne mit der Rikscha umher. Umso besser ist es, wenn seine Mitfahrer wie Ruth Schöller ein Grinsen im Gesicht haben.Fotos: Carsten Riedl

Die Rikscha Kirchheim ist ein Gemeinschaftsprojekt vom Treffpunkt „wirRauner“, der Heinrich-Sanwald-Stifung, dem Seniorenzentrum St. Hedwig, der Initiative „FahrRad“ und dem Verein „buefet“.

Wer Interesse an einer Rikscha-Fahrt durch Kirchheim hat, kann sich im Quartierbüro „wirRauner“ unter der Telefonnummer 0 70 21/9 56 51 54 oder auf der Homepage www.wir-rauner.de informieren. Auch Rikschabegeisterte, die gerne ehrenamtlich fahren wollen, können sich im Quartiersbüro melden.sei