Kirchheim
Weder heilig, noch drei, noch Könige?

Erscheinungsfest Viele Mythen und Legenden ranken sich um die „Weisen aus dem Morgenland“. Was genau wird denn am morgigen 6. Januar, an „Heilige Drei Könige“, gefeiert? Von Peter Dietrich

Der Besuch der Magier bei Jesus geschah „in den Tagen des Königs Herodes“. So schreibt Matthäus, Autor einer der vier Berichte über das Leben Jesu, die in der Bibel zu lesen sind. Diese Formulierung ist Inbegriff des Grauens: Herodes war ein Mörder, Verbrecher und Tyrann. Er ließ 45 Mitglieder des „Hohen Rates“, der obersten jüdischen Behörde, hinrichten, selbst sterbenskrank verurteilte er noch andere zum Tode. Kaiser Augustus soll über Herodes‘ Morden in der eigenen Familie gesagt haben, es sei besser, ein Schwein des Herodes zu sein als sein Sohn.

Warum bringt Herodes die Magier, die aus dem Osten aus Jerusalem gekommen sind und nach dem neuen „König der Juden“ fragen, nicht einfach um? Dazu ist er viel zu verschlagen, zuerst will er sie aushorchen und erfährt den Geburtsort: Bethlehem, nur acht Kilometer von Jerusalem entfernt. Was den Zeitpunkt der Geburt des möglichen Konkurrenten angeht, ging Herodes auf Nummer sicher. Er ließ laut Matthäus alle Jungen bis zum Alter von zwei Jahren in Bethlehem und Umgebung töten.

Bethlehem, schrieb der Theologe Fritz Rienecker in seinem klassischen Matthäus-Kommentar, war damals ein kleiner Ort, Rienecker schätzte die Zahl der Getöteten auf zehn bis 15. Eine Grausamkeit, die bei Herodes nicht weiter auffiel. Ein teils beklagter „Kindermord von Bethlehem“ mit Tausenden von Opfern, so Rienecker weiter, sei eine ungeheure Übertreibung.

In Ägypten Asyl gesucht

Maria und Josef hatten, von einem Engel im Traum gewarnt, vor dem Morden mit ihrem ersten Kind in Ägypten Asyl gesucht, sie kehrten erst nach Herodes‘ Tod zurück. Auch die Magier wurden von Gott per Traum vor Herodes gewarnt und somit keine Spione des Mörders.

Wer waren diese Magier? Das waren keine Jahrmarktgaukler, sondern Angehörige einer vornehmen babylonischen Priester- und Gelehrtenklasse. Sie beschäftigten sich mit Sternkunde, als Weise berieten sie den König. Ihre Heimat war das Stromgebiet zwischen Euphrat und Tigris. Sechs Jahrhunderte vorher waren die Juden dorthin verschleppt worden, ins „babylonische Exil“.

Der Stern von Bethlehem

Bei der lange ersehnten Rückkehr in die Heimat blieben einige zurück und gewannen Einfluss in Babylon. Von ihnen könnten die Magier von der Geburt des „Königs der Juden“ erfahren haben. Eine Geburt, die von einem Stern begleitet wurde – so wie auch bei der Geburt anderer Größen der Antike wie Cäsar ein Stern aufgegangen sein soll. Die Geschichte des „Sterns von Bethlehem“ aus moderner astronomischer Sicht wird immer wieder im Dezember im Planetarium Stuttgart erzählt. „Jupiter und Saturn treffen sich“, sagt der katholische Pfarrer Franz Keil.

In der Kirche Sankt Ulrich in Kirchheim sind die Magier bis 5.  Januar am Stadttor von Jerusalem zu finden, die Szene wurde von Thomas Dingnisz mit viel Liebe und Aufwand aufgebaut. Erst am 6. Januar werden die Magier an der Krippe platziert. „Dass die schon vorher dabei sind, für uns Katholiken geht das gar nicht“, sagt Keil. Der Weihrauch sei gegen die schlechte Luft im Stall gewesen, meinte übrigens der praktisch denkende Karmelitermönch Johannes von Hildesheim im 14. Jahrhundert. Doch dort im Stall von Bethlehem kamen die Magier, egal in welcher Stückzahl, womöglich gar nicht an. Warum, darauf geben Keil und Rienecker allerdings ganz unterschiedliche Antworten.

Matthäus habe mit seiner Erzählung die Aussagen des Alten Testaments – des ersten Teils der Bibel – bestätigen wollen, sagt Keil. Er habe sich angestrengt: „Das ist eine der schönsten Geschichten des Neuen Testaments, fast jedes Wort ist ein Symbol, sie spricht Kinder und Erwachsene an. Viele Erwachsene meinen, das war so historisch, die haben sich irgendwo getroffen.“

Rienecker hingegen nimmt den Besuch historisch, sieht ihn aber aus mehreren Gründen erst bis zu zwei Jahre nach der Geburt Jesu: Der Evangelist Lukas schreibe in seiner Weihnachtsgeschichte vom Säugling, Matthäus aber vier Mal vom Kleinkind. Statt Stall stehe bei Matthäus – im Urtext – Haus, und Herodes habe nicht nur Säuglinge, sondern Jungen bis zum Alter von zwei Jahren töten lassen.