Kirchheim. Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader hält weiterhin an dem Modell „Testen und Öffnen“ fest - auch wenn es derzeit utopisch scheint, die Voraussetzungen dafür zu erfüllen: „Das Sozialministerium will dieses Modellprojekt zurückstellen, bis die Inzidenz auf unter 100 sinkt“, sagte er im Gemeinderat - und fügte mit einer gehörigen Portion Optimismus hinzu: „Wir hoffen jetzt auf sinkende Inzidenzen.“ Dass die Zahlen zunächst steigen, wenn mehr getestet wird, verstehe sich von selbst. Aber irgendwann trage das Testen dazu bei, dass die Zahlen langfristig wieder nach unten gehen. Die Frage sei nur, wie man die Menschen dazu bringt, sich auch wirklich testen zu lassen.
„Sie müssen einen Nutzen davon haben. Das hat sich gezeigt, als die Friseure wieder öffnen durften. Da haben sich sehr viel mehr Leute testen lassen.“ Die Infrastruktur in Kirchhem sei aufgebaut: „Man kann fast überall Teststationen finden.“ Ein Problem habe es allerdings durch die Testpflicht an Schulen gegeben: „Da wurden nicht genügend Tests geliefert. Also mussten wir den Schulen mit unseren Kapazitäten aushelfen.“
Für Kitas habe sich die Stadt mit Elternvertretern und Leitungen auf freiwillige Tests durch die Eltern geeinigt. „Die Reaktionen bei der Elternschaft sind sehr unterschiedlich“, sagte Pascal Bader zur Resonanz. „Nicht alle Eltern machen das - was ich persönlich sehr schade finde.“ Eine Testpflicht an Kindertageseinrichtungen sei derzeit aber nicht vorgesehen.
Außer aufs Testen setzt der Oberbürgermeister auch aufs Impfen. „Über 70 Prozent der Infektionen betreffen jetzt Personen zwischen 20 und 60 Jahren. Die Älteren sind inzwischen zum großen Teil geimpft.“ Deshalb seien weitere Aktionen mit Mobilen Impfteams in Kirchheim aktuell nicht mehr vorgesehen. Die Impfzentren verfügten über deutlich mehr Impfstoff als in der Anfangszeit, und auch die Hausärzte hätten mit Impfungen begonnen. Gerade die Hausärzte würden darauf drängen, die Priorisierung aufzuheben: „Für sie ist es ein viel zu großer Aufwand, bei der Vergabe von Impfterminen auch noch die Priorisierung zu berücksichtigen.“
Das Infektionsgeschehen insgesamt sei diffus in Kirchheim: „Wo sich die Leute anstecken, lässt sich nicht so leicht nachvollziehen. Es gab Fälle in einzelnen Kindergärten oder in einzelnen Unternehmen. Aber es gibt keine großen Hotspots. Was wir auch wissen: Es hat nichts mit dem Einzelhandel oder der Gastronomie zu tun.“ Auch sonst sei noch vieles unklar. Die Dynamik betrifft nicht nur die Infektionen, sondern auch den Umgang damit: „Bei der Ausgangssperre müssen wir schauen, ob das Land mit 21 Uhr gilt oder der Bund mit 22 Uhr.“ Und bei der Schule ging er im Gemeinderat bereits von Fernunterricht aus.
Von einem „verlorenen Schuljahr“ sprach Thilo Rose (CDU). Ralf Gerber (Freie Wähler) forderte sogar ein „Null-Schuljahr“: Nach den Sommerferien solle niemand in der nächsthöheren Klassenstufe beginnen. Andreas Kenner (SPD) beklagte die mangelnde Bereitschaft zum Testen - bei Eltern, aber auch bei Arbeitnehmern. Andreas Volz