Kirchheim

Wem sich Schüler anvertrauen können

Schulsozialarbeit In Kirchheim sind die Mitarbeiter, die nicht zum Lehrerkollegium gehören, aus der Schullandschaft nicht mehr wegzudenken. Schüler finden hier offene Türen und Möglichkeiten zum Gespräch. Von Andreas Volz

Ob konventionell geflüstert oder in moderner digitaler Form: Getuschel ist eine Form von Ausgrenzung und Mobbing, gegen die die
Ob konventionell geflüstert oder in moderner digitaler Form: Getuschel ist eine Form von Ausgrenzung und Mobbing, gegen die die Schulsozialarbeit nach Möglichkeit präventiv vorgeht.Foto: Jean-Luc Jacques

Eine halbe Million Euro lässt sich die Stadt Kirchheim ihre Schulsozialarbeit kosten. 55 Prozent davon übernimmt die Stadt selbst. Der Kreis Esslingen und das Land Baden-Württemberg steuern 225 000 Euro als Zuschuss bei. Das war nicht immer so: Erst 2012 sind diese Zuschussgeber eingestiegen. Die Tradition der Schulsozialarbeit ist in Kirchheim dagegen schon 20 Jahre alt.

Nach und nach haben die Aufgaben und die Stellen zugenommen. Lange Zeit war die Schulsozialarbeit auch noch kritisch beäugt worden. Man dachte, eine Schule, die ein solches Angebot hat, müsse es dringend nötig haben. An so einer Schule könne wohl irgendetwas nicht stimmen.

Das ist längst Vergangenheit. Die wenigen Schulen in Kirchheim, denen die Schulsozialarbeit noch fehlt, sehen genau das als Defizit und drängen darauf, ihr diesbezügliches Angebot endlich ausweiten zu können. Selbst an Grundschulen gibt es mittlerweile genügend Betätigungsfelder für Schulsozialarbeiter.

Als stellvertretender Naberner Ortsvorsteher stellte Jürgen Hülß nun im Gemeinderat fest: „Auch an der Grundschule spielen Handys schon eine wichtige Rolle als Statussymbol.“ Und Mobiltelefone können durchaus auch als „Waffe“ eingesetzt werden, wenn es beispielsweise um Mobbing geht – also darum, dass andere in eine Außenseiterrolle gedrängt werden.

Gerd Mogler (CIK) sieht in den modernen Medien ganz andere Dimensionen im Gegensatz zu seiner eigenen Schulzeit: „Bedingt durch Handys und Internet hört das Mobbing jetzt nicht mehr – wie früher einmal – auf, wenn die Schüler zuhause sind.“

Das ist dann ein klassischer Fall für die Schulsozialarbeiter: Ob das Mobbing nun durch althergebrachtes Getuschel oder durch digitale Botschaften betrieben wird – es geht darum, betroffene Kinder und Jugendliche aufzufangen und aufzurichten, und darum, Täter wie Mitläufer darauf aufmerksam zu machen, was sie da mit ihren Sticheleien und Pöbeleien tatsächlich für Unheil anrichten können. Für diese Gespräche und für diese Aufklärungsarbeit ist die Schulsozialarbeit unersetzlich. Noch einmal Gerd Mogler: „Das Vertrauen, das ein Schulsozialarbeiter bei den Schülern aufbaut, kann ein Lehrer niemals bekommen.“

Letzteres bestätigt Grünen-Stadtrat Manfred Machoczek, der als Lehrer die Schule auch von innen kennt: „Manchmal ist es gut, wenn eine neutrale Person für die Schüler da ist, die nicht in die schulische Hierarchie eingebunden ist und die auch keine Schulnoten vergibt.“ Die Zeiten hätten sich geändert in den vergangenen zehn bis 15 Jahren. Und auch Manfred Machoczek macht das unter anderem am technischen Fortschritt fest: „Damals hat auch noch nicht jeder Fünftklässler ein Smartphone gehabt.“

Was die Aufgaben der Schulsozialarbeit betrifft, spricht Almut Cobet, die Leiterin des Fachbereichs Bildung in der Stadtverwaltung, von offenen Angeboten in den Pausen wie etwa dem Schülercafé, aber auch von Projekten und Gruppenarbeit zur Konfliktbewältigung und zu Themen wie Ausgrenzung und Mobbing. In diesen Fällen wird sehr viel präventive Arbeit geleistet, sodass es nach Möglichkeit gleich gar nicht zu den schlimmsten Auswüchsen kommt.

Almut Cobet berichtet aber auch davon, dass die Einzelfallhilfe immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das heißt, dass es in einzelnen Fällen auch zuhause Probleme geben kann. „Da geht es um Kindeswohlgefährdung bis hin zum Verdacht auf Missbrauch.“ Auch in solchen Fällen kann die Schulsozialarbeit oft bessere und gezieltere Hilfe leisten als einzelne Lehrer, die ja eigentlich ganz andere Aufgaben haben.

Dr. Silvia Oberhauser (Frauenliste) setzt sehr viel mehr auf die Prävention, weil dadurch der späteren Einzelfallhilfe vielleicht schon vorgebeugt werden kann. Wilfried Veeser (CDU) und Ralf Gerber (Freie Wähler) würden gerne das Land noch stärker in die finanzielle Pflicht nehmen.

Einig aber ist sich der Kirchheimer Gemeinderat an dem Punkt, dass die Schulsozialarbeit ein unverzichtbarer Bestandteil der Schullandschaft ist. Gleichwohl geht es nun darum, gemeinsam mit den Schulen daran zu arbeiten, die Sachmittel um etwa drei Siebtel zu kürzen. Außerdem soll die Stadt mit Nachbarkommunen verhandeln – über Ausgleichszahlungen für die Schulsozialarbeit, wenn Kinder dieser Kommunen in Kirchheim die Förderschule besuchen. Fazit: So sinnvoll die Schulsozialarbeit auch ist, die Stadt muss trotzdem auf die Kosten achten.