Kirchheim

Weniger Einbrüche, mehr Gewalt gegen Polizisten

Anzahl der Straftaten steigt, im Kreis gibt es aber weniger Kriminaldelikte als in ganz Baden-Württemberg

Im Kreis Esslingen wurde 2015 weniger eingebrochen.Foto: Markus Brändli
Im Kreis Esslingen wurde 2015 weniger eingebrochen.Foto: Markus Brändli

Gestern stellte das Polizeipräsidium Reutlingen die Kriminalstatistik von 2015 vor. Fazit für den Kreis Esslingen: Weniger Morde, Einbrüche und Sachbeschädigungen – mehr Taschendiebstähle, Gewalt gegen Polizeibeamte und Straftaten von Asylbewerbern oder Flüchtlingen.

Leonie Seng

Kirchheim/Esslingen. Die Anzahl der Straftaten im Bezirk Reutlingen stieg über zwei Prozent auf 46 495 Fälle an. Gleichzeitig sank die Kriminalitätsbelastung 2015 auf 4 589 Straftaten pro 100 000 Einwohner und liegt damit deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt von 5 761 Straftaten. 59 Prozent aller Fälle wurden aufgeklärt, so viel wie nie zuvor in den letzten fünf Jahren. Einen Großteil davon machen Verstöße gegen das Aufenthalts- und das Asylverfahrensgesetz aus, die von 2014 auf 2015 von 1 279 Fällen auf 2 429 Fälle gestiegen sind.

Die Zahl der Tatverdächtigen stieg in den letzten fünf Jahren auf insgesamt 21 221 an. Im Kreis Esslingen machten sich dabei 45 Prozent mehr Kinder unter 14 Jahren tatverdächtig. Für diese Steigerung machen die Polizeibeamten die starke Zunahme von Verstößen gegen das Aufenthalts- oder das Asylverfahrensgesetz verantwortlich. In diesem Bereich wird ein Anstieg um 1 320 Tatverdächtige auf 2 484 verzeichnet.

Im Kreis Esslingen gab es 2015 32 Prozent mehr nichtdeutschen Tatverdächtige als im Vorjahr. Ein Grund für diesen Anstieg ist, dass sich die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt hat. Die Zahl der durch Asylbewerber oder Flüchtlinge begangenen Straftaten hat sich im Kreis Esslingen um 90 Prozent erhöht, landesweit um 81 Prozent.

Um 15 Prozent gestiegen ist auch die Zahl der Tatverdächtigen bezüglich Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte. Gewalt gegen Polizisten gebe es landesweit immer häufiger, sagt Hans-Dieter Wagner, Polizeipräsident von Reutlingen. Die Zahl der Fälle, in denen gewaltsam gegen Polizeibeamte vorgegangen wurde, stieg im Kreis Esslingen um 4,4 Prozent. Nicht nur die Fehltage von Polizeibeamten stiegen, berichtet Wagner, er mache sich auch Sorgen um die gesellschaftliche Entwicklung: „Ich will mich nicht damit abfinden, dass das so ist.“

Die Zahl der „Straftaten gegen das Leben“, darunter zählen unter anderem Mord und Totschlag, ging um 13 Prozent zurück. Auch die Einbrüche in Gaststätten, Geschäfte und Wohnungen gingen zurück um 15 bis 26 Prozent. Taschendiebstähle gab es allerdings 15 Prozent mehr.

Eine Veränderung stellen die Polizeibeamten auch bei politisch motivierten Taten fest. Während 2014 noch 113 Straftaten „links motiviert“ waren – dazu zählen die Polizisten beispielsweise Aktionen gegen Parteien wie AfD und NPD – und 69 „rechts motiviert“ – darunter fallen zum Beispiel Zeichnungen von Hakenkreuzen – drehte sich dieses Verhältnis 2015 um: 46 Taten von „links“ und 156 Taten von „rechts“. Die Beamten sehen als Ursache dafür den Anstieg von Flüchtlingen in Deutschland.

Trotz der im Landesvergleich positiven Entwicklung im Bezirk Reutlingen und Kreis Esslingen meint Polizei-Vizepräsident und Leitender Kriminaldirektor Reinhard Nething: „Die Zahlen befriedigen landesweit keinen Polizeibeamten.“ In Filderstadt beschäftigt sich eine 15-köpfige Einheit von Polizisten nur mit Wohnungseinbrüchen. Die Polizisten seien aber auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen, betont Nething – egal in welchem Bereich: „Wir bitten alle Bürger, die 110 zu rufen, sobald ihnen etwas verdächtig vorkommt. Einige machen sich zu viele Gedanken und haben Sorge, sich zu blamieren, wenn Fälle sich als harmlos erweisen. Das zu beurteilen ist aber unsere Aufgabe.“

Fälle wie Einbrüche und Diebstähle gehen auf Kosten der Präsenz von Streifenwagen. Polizeipräsident Wagner erklärt, dass die Polizei Wert darauf legt, in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein – auch in Gebieten, die zunächst friedlich erscheinen. Das erhöhe das Sicherheitsgefühl.