Kirchheim

Wenn der Wolf zum Lamm wird

Musik Das Staatstheater begeistert Kirchheimer Kinder mit einem Sitzkissenkonzert im Schlössle. Die Inszenierung ist ein Spagat zwischen Musikstück, Schauspiel und Interaktion.

Die Musiker des Staatsorchesters glänzten nicht nur an ihren Instrumenten, sondern mit enormem schauspielerischen Talent. Foto:
Die Musiker des Staatsorchesters glänzten nicht nur an ihren Instrumenten, sondern mit enormem schauspielerischen Talent. Foto: Markus Brändli

Neugierige Kindergesichter machen im Saal der Musikschule große Augen, als der erste Kontrabass auf die Bühne kommt. Die Drei- bis Sechsjährigen staunen und folgen begeistert der Musik, die aus den riesigen Streichinstrumenten erklingt, die manchem noch fremd sind. Auf den roten, samtigen Kissen, die das Team des Staatstheaters Stutt­gart ins Schlössle mitgebracht hat, sitzen sie gespannt und verfolgen die zwei Musiker, wie sie sich nach und nach in Wolf und Lamm verwandeln.

Während der Wolf den Deckel des riesigen Kochtopfes, der die halbe Bühne einnimmt, öffnet, an seiner verhassten Gemüsesuppe schnüffelt und von einer zarten Fleischeinlage träumt, klopft ein kleines Lamm an seine Tür. Vom Schneesturm völlig verfroren, sucht das Lämmchen ausgerechnet Schutz bei seinem Erzfeind. Die anfängliche Freude des Wolfes über die unverhoffte Beute schlägt um. Denn ein frierendes Schaf und eins, das Schluckauf hat, kann er wirklich nicht fressen. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf: Was der Wolf im Sinn hatte, kommt ihm mit einem Mal unmöglich vor. Kurz gesagt: Den Wolf verlässt das Hungergefühl, als das Lamm in seinen Armen einschlummert. Sein Beschützerinstinkt ist geweckt. Aus Feinden werden Freunde.

Geglücktes Crossover-Theater

Hautnah erleben die Kinder im Schlössle nicht nur die zu Herzen gehende Geschichte, sondern auch eine spannende Inszenierung, die Musikstücke für ein oder zwei Kontrabässe, Schauspiel und Interaktion mit dem Publikum vereint. Lars Jakob und Manuel Schattel, ansonsten als feste Mitglieder des Ensembles im Orchestergraben im Großen Haus versteckt, begeistern nicht nur durch hochkarätiges Musizieren, sondern auch durch feinfühlige Schauspielerei. Die Adaption vom Bilderbuch von Steve Smallman, Joëlle Dreidemy und Therese Hochhuth zum kleinen Crossover-Theater ist geglückt.

Manuel Schattel, gebürtiger Kirchheimer, erzählt, wie gern er einen Part in den Sitzkissenkonzerten übernimmt. Gerade beim Stück vom Lamm sei viel Schauspielerei gefordert, das sei ganz anders, als im Staatsorchester zu spielen. „Und die Kinder sind gefesselt und kommen auf lustige Ideen“, schwärmt er. „Manchmal wollen sie sogar das Lamm erschrecken.“ Das Sitzkissenkonzert, das durch persönliche Kontakte nach Kirchheim geholt werden konnte, hat als Musiktheater in Stuttgart einen festen Platz im Repertoire der Jungen Oper. Die 45. Aufführung fand nun in der Musikschule statt. Mithilfe von „Starkem Kirchheim“ konnte der erhebliche Aufwand gestemmt werden, reiste doch allein das Technikteam des Staatstheaters schon am frühen Morgen an, um professionelles Licht- und Sound-Equipment und die komplette Bühnentechnik im Schlössle zu installieren. Abgerundet wurde das Sitzkissenkonzert durch ein Kreativangebot zu Beginn der Veranstaltung, bei dem die Kinder Schafe oder Wölfe bas­teln konnten.

Musikschulleiter Hans-Peter Weyhmüller freute sich, den Kirchheimer Kindern diese außergewöhnlichen Veranstaltungen anbieten zu können. Zwei ausverkaufte Vorstellungen und tobender Applaus waren der Dank dafür. Dass manch einer nun erlebt hatte, dass nichts so sein muss, wie man denkt, zeigte der Ausruf eines kleinen Jungen am Ende des Stücks. Auf die Frage der Musiker „Und was essen wir jetzt?“, rief der Kleine begeistert: „Wölfe.“ sw