Kirchheim

Wettbewerb statt Einheitsbrei

Neujahrsempfang Die regionale CDU hat in die Zehntscheuer nach Nabern eingeladen. Gastredner war der baden-württembergische Justiz- und Europaminister Guido Wolf. Von Cornelia Wahl

Guido Wolf (vierter von rechts) inmitten seiner Anhänger beim Neujahrsempfang der CDU.Foto Cornelia Wahl
Guido Wolf (vierter von rechts) inmitten seiner Anhänger beim Neujahrsempfang der CDU.Foto Cornelia Wahl

Für ein paar Stunden war am Freitagabend die Zehntscheuer im Kirchheimer Ortsteil Nabern so etwas wie Wolfs Revier. Der baden-württembergische CDU-Minister für Justiz und Europa, Guido Wolf, war zum Neujahrsempfang angereist und zeigte sich in engagierter Wahlkampfstimmung vor einem begeisterten Publikum und gab sich volksnah. Vor schätzungsweise 100 Anwesenden, darunter viele Lokal-, Landes- und Bundespolitiker, hielt er im Jahr der Kommunal- und Europawahl eine leidenschaftliche Rede zu Werten und zu Europa. Dabei sparte er nicht mit Kritik, die er auch an die eigene Partei richtete.

„Es gibt nichts, wovor wir in Deutschland nicht irgendwie Angst haben“, begann der Minister seine Rede. „Vielleicht sollten wir da wirklich mal an uns arbeiten“, gab er zu bedenken. Aus anderen Ländern höre er, dass die „eure Probleme“ haben möchten. „Vielleicht sollten wir das zum Anlass nehmen, nicht über alles zu jammern, sondern auch dankbar dafür zu sein, was wir geschaffen haben in diesem Land“, so Guido Wolf.

An seine Partei gerichtet brachte er zum Ausdruck, dass eine gesunde Debatten- und Streitkultur zu einer Partei gehöre. Auch vermisse mancher ein inhaltliches Fundament, das sich nicht an tagespolitischen Opportunitäten orientiert. „Nur, wenn wir von uns und unseren grundlegenden Positionen überzeugt sind, werden wir auch andere überzeugen können. Das fehlt mir manchmal auch in unserer eigenen Partei“, fügte er selbstkritisch an. Die CDU sei eine konservative Partei. Konservativ zu sein, sei nichts Angestaubtes, sondern etwas Vernünftiges. Konservative seien nicht nur Bewahrer, sondern auch Reformer. „Es ist wichtig, uns unseres eigentlichen Kerns immer wieder bewusst zu werden“, erklärte er. Dies sei das christliche Menschenbild, das den Einzelnen in den Mittelpunkt rücke. Der Mensch sei Kraft seiner Begabung, Freiheit und Vernunft dazu in der Lage, selbstbestimmt zu handeln. „Wir nehmen die Menschen, wie sie sind“, erklärte Guido Wolf. Man wolle sie nicht politisch umerziehen. Man müsse ihnen die Freiheit lassen, ihren eigenen Weg zu gehen, ihnen die Gelegenheit geben, Verantwortung zu übernehmen. „Wettbewerb muss uns lieber sein als Einheitsbrei“, sagte der Justizminister.

Auch zur Situation in Europa äußerte sich Guido Wolf. „Ich hatte lange Sorge, dass uns diese Großbaustelle auf dem Weg zur Europawahl massiv belasten wird“, ging er auf die Brexit-Diskussion ein. „Es ist ja schon schwierig, den Menschen klar zu machen, wie das Europa der Zukunft aussehen soll, wenn sich aktuell ein Staat auf den Weg macht, aus diesem Europa auszutreten.“ Inzwischen habe er den Eindruck, dass der Brexit geeignet sei, den Menschen etwas vor Augen zu führen, was sie mit Sicherheit nicht wollen. Bei dieser Europawahl komme es darauf an, dass sich die europafreundlichen Kräfte durchsetzen. Das Bewusstsein müsse sein: „Europa sind wir, Europa bin ich.“ Europa sei stärker als ihm vielfach zugetraut werde. Darauf müsse man bauen. „In diesem Zusammenhalt müssen wir immer wieder deutlich machen, dass Europa nur dann eine Zukunft hat, wenn wir uns als Werte- und Rechtsgemeinschaft auch in der Zukunft begreifen.“

Zu der Veranstaltung, die vom Musikverein Nabern mit volkstümlichen Klängen eröffnet wurde, hatten Evangelischer Arbeitskreis Esslingen, Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft Esslingen und Göppingen sowie der CDU-Gebietsverband Teck in Kooperation mit der Frauen Union Kreis Esslingen eingeladen.