Kirchheim
Wie Frauen Start-ups gründen

Frauenwirtschaftstag Die einen machen Cracker aus gerettetem Gemüse, die andere lässt Unterwäsche produzieren, die gegen Periodenschmerzen hilft: In der Volksbank haben Gründerinnen ihre Start-ups vorgestellt. Von Antje Dörr

Frauen.Gründen.Zukunft“ – das ist das Motto der Frauenwirtschaftstage in Baden-Württemberg. Obwohl es auch im Ländle viele erfolgreiche Frauen gibt, die Unternehmen gegründet haben, wünscht sich das Land mehr von ihrer Sorte. Auch in Kirchheim ist anlässlich der Frauenwirtschaftstage über das Thema diskutiert worden. Bei einer Podiumsdiskussion in der Volksbank, moderiert von Friederike Leisener von der Volkshochschule Kirchheim, stellten fünf Gründerinnen ihre Start-ups und Unternehmen vor – und inspirierten damit die Zuhörerinnen.

 

Es ist gut, einen gewissen Respekt vor dem Scheitern zu haben.
Gründerin Christiane Scheid warnt vor Schnellschüssen.

 

Warum gibt es eigentlich nichts, was nachhaltig gegen Periodenschmerzen hilft? Aus dieser Überlegung heraus hat Teresa Magerl aus München mit ihrem Bruder sowie einem weiteren dreiköpfigen Geschwisterpaar „Mage Underheat“ gegründet. Das Produkt: Eine beheizte Unterhose, die krampflindernd wirken soll. „Wärmepflaster sind nicht nachhaltig, und immer Schmerztabletten zu schlucken ist auch nicht so eine gute Idee“, findet Magerl. Die Unterhose hingegen ist waschbar und lässt sich jeden Monat aufs Neue aus dem Kleiderschrank ziehen. Die ersten Prototypen wurden am WG-Tisch mit drei Nähmaschinen zusammengeschustert. Mit ihren Zeichnungen bewarben sich die Freunde bei einem Accelerator und bekamen so viel positives Feedback, dass sie die Idee weiter verfolgten. 

Magerl und ihre Mitstreiterinnen sind alle frischgebackene Absolventen oder noch im Studium. Sie selbst hat an der Technischen Universität München (TUM) Ingenieurswissenschaften studiert. Co-Founderin Franziska Génevaux ist angehende Medizinerin, Bernhard Magerl studiert Molekulare Biotechnologie an der TUM. In dieser Lebensphase ein Unternehmen zu gründen, empfindet Magerl als klaren Vorteil. „Wir sind aktuell noch flexibel“, sagt sie. Dazu kommt, dass die TUM viele Programme hat, um Gründerinnen und Gründer noch im Studium zu unterstützen, beispielsweise mit Beratung, Wettbewerben und Coachings. 

Ebenfalls frisch von der Uni sind die drei Gründerinnen von „holiroots“. Ihr Produkt: Bio-Cracker aus Gemüse, das nicht in die Supermärkte kommt, weil es zu groß, zu klein oder merkwürdig geformt ist. „Wir kämpfen damit gegen die Lebensmittelverschwendung“, sagt Paola Varela, die genau wie Janna Beck und Duyen Do an der Universität Hohenheim Bioökonomie studiert hat. Die Idee entstand während eines Uni-Wettbewerbs, bei dem die drei Frauen, die aus Mexiko, Deutschland und Vietnam kommen, den zweiten Platz gewannen. Anderthalb Jahre später steht das Produkt kurz vor dem Launch, zunächst in Belgien. 2023 sollen die Bio-Cracker auch den deutschen Markt erobern.

„Hallo, hier ist Dornröschen“. So meldet sich Christiane Scheid, wenn sie in den Räumen ihrer Karriereberatung ans Telefon geht. Am anderen Ende der Leitung sind in aller Regel Frauen, die mit ihrer Jobsituation unglücklich sind. Ganz häufig sind es Mütter. Scheid arbeitete für Unternehmen im Personalbereich, bevor sie ihr Unternehmen gründete. „Dort habe ich gesehen, dass Mütter immer den Kürzeren ziehen. Meistens, weil sie selbst schuld sind, sich unter Wert verkaufen oder sich auf die falschen Stellen bewerben“. Scheid stellte fest, dass sich bisher keiner um Karriereberatung für Mütter kümmert – eine echte Marktlücke also. „Da hab’ ich gesagt: Dann mach ich’s“, erinnert sie sich. Angst davor, dass ihre Idee nicht funktionieren könnte, habe sie nicht gehabt. Ein bisschen Angst schade allerdings auch nicht, wenn es ums Gründen geht. „Es ist gut, einen gewissen Respekt vor dem Scheitern zu haben“, sagt Scheid.

Info Veranstalterinnen des Frauenwirtschaftstags in Kirchheim sind der Verein „frauen-unternehmen“, die Wirtschaftsförderung der Stadt Kirchheim, das Regionalbüro für berufliche Fortbildung, die Volkshochschule Kirchheim, die  Frauenliste Kirchheim, der Beauftragte für Chancengleichheit der Agentur für Arbeit Göppingen und die Initiative „MachES“.

 

Hier bekommen Start-ups Hilfe

Hinter der „MachES“-Initiative stehen neun Kommunen, darunter die Stadt Kirchheim, der Landkreis Esslingen und die IHK Stuttgart. Sie unterstützen Gründerinnen und Gründer mit Know-how, Förderungen, Räumen und Networking. Wer seine Stadt gestalten will, findet bei „MachES“ eine Plattform für Ideen und Mitmachangebote für laufende Projekte. „Wir haben in Kirchheim noch nicht so eine große Gründerszene. Deshalb haben wir „MachES“ mitgegründet“, sagt Saskia Klinger, Wirtschaftsförderin der Stadt Kirchheim. „Ob es um Gründungsberatungen, Businesspläne, Finanzierungen, Räume und Partner geht, ob man nicht viel mehr als eine Idee hat oder sein bestehendes Startup auf das nächste Level heben möchte: Wir bieten den Macherinnen und Machern Antworten und Lösungen für all ihre Fragen.“ Mehr Informationen gibt es auf http://maches.info

Am Mittwoch, 26. Oktober, von 13 bis 17 Uhr findet der Kommunale Sprechtag der IHK zu den Themen Gründung und Nachfolge in der Otto-Ficker-Straße 3 in Kirchheim statt. Anmelden kann man sich per Mail an startup@stuttgart.ihk.de. adö