Kirchheim

„Wir wollen künftig offener und besser kommunizieren“

Interview Philip Renken, Erster Vorsitzender des Vereins „Kirchheim . Zukunft . Innenstadt“, über das Projekt BID.

Philip Renken
Philip Renken

Der erste Anlauf zur Einrichtung eines BID ist gescheitert. Ist das Thema für Sie jetzt abgehakt?

Philip Renken: Wir sind mit dem BID in der jetzigen Größenordnung gescheitert, da vor allem einige sehr große Grundstücksbesitzer außerhalb des historischen Stadtkernes der Idee widersprochen haben. Für uns ist das Thema jedoch nicht abgehakt, weil wir fest davon überzeugt sind, jetzt die Chance nutzen zu müssen, unsere Innenstadt zu entwickeln und damit die Mieten auf Dauer stabilisieren zu können.

Wie könnte Kirchheim von einem BID profitieren?

Renken: Wir glauben, mit dem BID Strukturen so verbessern zu können, dass Kirchheim für Besucher auch auf lange Sicht eine interessante Stadt in den Bereichen Gastronomie, Handel und Events bleibt. Nur so werden wir langfris­tig den Wert der innerstädtischen Immobilien sichern können und Leerstand vermeiden.

Es gab Unmut, weil Betroffene sich schlecht informiert gefühlt haben. Können Sie das verstehen?

Wir müssen selbstkritisch eingestehen, dass unsere Informationspolitik bei der Darstellung dieses hochkomplexen Sachverhalts deutliche Schwächen hatte. Allerdings war es auch nicht möglich, mit allen Grundeigentümern im Vorfeld zu kommunizieren, da wir aus datenschutzrechtlichen Gründen deren Adressen nicht hatten. Diese durfte uns die Kommune erst nach der Beantragung des Aufwertungsbereiches zur Verfügung stellen. In der Zukunft werden wir jedoch offener und besser kommunizieren.

Viele Eigentümer fürchten sich vor der Zwangsabgabe. Wäre eine freiwillige Basis nicht besser?

Wir sind der Meinung, dass die Weiterentwicklung der Innenstadt dann besonders gut funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen. Der größte Vorteil ist ein hauptamtlicher City-Manager - nur so jemand ist in der Lage, genug Kraft und Know-how zum Vorteil aller Beteiligten zu bündeln und einzubringen. Dazu ist eine solidarische finanzielle Beteiligung aller notwendig. Bei einer freiwilligen Basis gibt es zu viele Trittbrettfahrer. Das schadet der Gemeinschaft und engt ihre Möglichkeiten ein.

Sind die anvisierten monatlichen Abgaben nicht sehr hoch?

Jeder Eigentümer sollte die Abgabe ins Verhältnis zu seinen Miet­einnahmen und vor allem auch zum Verkehrswert seines Hauses setzen. Unserer Meinung nach ist dann die Abgabe für jeden in einem sehr akzeptablen Rahmen. Wir sprechen von etwa 1,5 Prozent pro Jahr - und nach fünf Jahren kann neu entschieden werden.

Ist es sinnvoll, dass der Handel Aufgaben übernehmen soll, die ja auch eine Stadt leisten könnte?

Alle Aufgaben, die wir ins Auge gefasst haben, gehen weit über die städtischen Pflichtaufgaben hinaus oder ergänzen sie in einer Weise, wie sie von einer Stadt nicht zu leisten sind. Und es ist gerade nicht der Handel, der in die Verantwortung genommen wird. Es sind die Hauseigentümer, die wir gewinnen wollen. Manchmal sind sie auch noch gleichzeitig Händler in ihren eigenen Häusern. Das ist aber mittlerweile die Minderheit in Kirchheim.

Kritiker vermissen neue, gewinnbringende Ideen. Gibt es die denn?

Ideen gibt es sehr viele - und wir sind über jeden Einzelnen froh, der sich einbringt. Jeder konstruktive Beitrag ist willkommen. Das Gesetz gibt eine sehr demokratische Herangehensweise im Trägerverein vor. Es geht auch nicht nur um neue Ideen, sondern auch darum, die Aufenthaltsqualität und die Sauberkeit, etwa mit einer gemeinsamen regelmäßigen Graffiti-Beseitigung für Privathäuser, zu verbessern. Das kann eine Gemeinschaft kostengünstiger und schneller erledigen als jeder Eigentümer selber. Und zur Stadt: Die würde sich gleich mit anschließen - ein Vorteil für beide Seiten also.

Können Sie es nachvollziehen, dass sich - etwa in der Dettinger Straße - Widerstand regt?

Selbstverständlich können wir den Widerstand, der nicht nur aus der Dettinger Straße kommt, nachvollziehen. Das Thema ist komplex, und unsere Informationspolitik war nicht die beste. Als Hauseigentümer sind wir aber überzeugt davon, dass ein BID dafür sorgt, dass Immobilien in der Innenstadt auch in vielen Jahren noch einen hohen Wert besitzen, wenn wir gemeinschaftlich in einem - für jeden überschaubaren - Rahmen investieren. bil