Kirchheim
„Woher kommst du wirklich?“

Rassismus Wie kann man Diskriminierung im Alltag vermeiden und Betroffene unterstützen? Über diese Themen tauschten sich Interessierte bei der Demokratiekonferenz in der Stadthalle Kirchheim aus. Von Silja Kopp 

Rassismus muss nicht in einem tragischen Fall wie dem von George Floyd enden, doch verdeckte und alltägliche Diskriminierung ist für Betroffene eine große psychische Belastung. Passend zu diesem Thema organisierte Marian Glaser von der Partnerschaft für Demokratie eine Konferenz, bei der sich Betroffene und Nicht-Betroffene darüber austauschen konnten.

„Der Begriff ‚Rasse‘ wird heutzutage oft durch die Wörter Kultur oder Ethnie ersetzt.  Das heißt aber nicht, dass sich dahinter kein Rassismus verbirgt“, erklärt Patrizia Santomauro. Sie arbeitet bei der Antidiskriminierungsstelle in Esslingen und weiß, wie oft Menschen aufgrund äußerer Merkmale oder ihrer Herkunft diskriminiert werden.

Rassismus ist keine Frage der Absicht, sondern eine Sache der Wirkung
Patrizia Santomauro
Über Rassismus im Alltag

Alltagsrassismus spiegelt sich unter anderem in Form von Witzen oder Vorurteilen wider. Aber auch Ignoranz ist oft ein Ausdruck von Rassismus. Viele Menschen mit Migrationshintergrund werden nicht zu Bewerbungsgesprächen eingeladen und bekommen somit kaum eine Chance, sich beruflich und sozial in der Gesellschaft integrieren zu können. 

"Woher kommst du wirklich?“ Eine Frage, die so oder ähnlich regelmäßig gestellt wird. Dahinter steht meist keine böse Absicht, vielmehr möchte das Gegenüber Interesse zeigen. Tatsächlich wirkt aber genau diese Frage oft sehr verletzend. Es geht dabei nicht um die Frage an sich, sondern um das Gefühl, was vermittelt wird: „Du sieht nicht typisch deutsch aus, du kannst nicht von hier sein. Du gehörst nicht zu Deutschland“, ist das, was bei Betroffenen oft ankommt. Menschen, die sich noch in einem anderen land zuhause fühlen, reden gerne über ihre Herkunft. Andere, die in Deutschland aufgewachsen sind und sich auch als Deutsche fühlen, bekommen durch diese Fragen ein Leben lang das Gefühl, Ausländer zu sein und nicht dazuzugehören. 

"Wenn ich erzählen möchte, woher meine Familie kommt, dann mache ich das von mir aus“, sagt Patrizia Santomauro dazu und bittet, sich für dieses Thema mehr zu sensibilisieren. Menschen sollten nicht dazu gedrängt werden, über ihre Herkunft oder die ihrer Familie sprechen zu müssen. Zudem muss klar sein, dass die eigene Nationalität nicht vom Aussehen bestimmt wird.

Was kann also getan werden, um Alltagsrassismus zu vermeiden? In erster Linie gelte es, so das Ergebnis der Demokratiekonferenz, nicht wegzuschauen, wenn jemand sich rassistisch äußert und Menschen öffentlich diskriminiert werden. Zudem sei Aufklärung von Schülern genauso wie von Lehrkräften und Erziehern wichtig.  „Wir leben in einer Gesellschaft, die von Rassismus und Vorurteilen geprägt ist und demnach machen wir alle ab und an Fehler. Es ist wichtig, dass wir uns dem bewusst sind“, sagt Theresa Ringwald vom Projekt „Diverse City“ Kirchheim. Sie fordert dazu auf, Rassismus klar zu benennen und eine konsequente Haltung dagegen einzunehmen. „Widerstand leisten erfordert natürlich auch sehr viel Mut“, fügt ihre Kollegin Susan Fischer hinzu. Sie gibt zu, dass ihr auch schon einmal der Mut fehlte, etwas zu sagen. Umso wichtiger findet sie es, den Mund aufzumachen, wenn man sich der Situation mächtig fühlt, anstatt den bequemen Weg zu wählen und wegzuschauen.