Fläche ist ein begrenztes Gut, „das nicht beliebig vermehrbar ist“, sagte Oliver Kümmerle vom Stadtplanungsamt, als er den Vorentwurf des Flächennutzungsplans im Gemeinderat vorstellte. Dem ist sicher zuzustimmen - mit einer Ausnahme: Fläche ist gar nicht vermehrbar, höchstens durch Deichbau.
Deshalb geht es beim Flächennutzungsplan, der einen Zeithorizont von 15 bis 20 Jahren hat, um einen beständigen Verteilungskampf für das ebenso begehrte wie begrenzte Gut der Fläche. Dieser Kampf beschäftigt nicht nur den Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft, der den Vorentwurf am morgigen Donnerstag beschließen soll. Auch innerhalb des Kirchheimer Gemeinderats gibt es ganz unterschiedliche Ansichten über die Fläche.
Zunächst einmal erklärte Oliver Kümmerle die Grundprinzipien: „Rechnerisch geht es in Kirchheim um 26 Hektar Wohnfläche sowie um 41 Hektar Gewerbefläche. Das ist im Flächennutzungsplan zu verteilen.“ Ideal sei es, wenn die Menschen dort wohnen, wo sie auch arbeiten. Deswegen brauche es beide Nutzungsarten. Der Flächennutzungsplan sei allerdings ein „Angebotsplan“: „Der Schafhof IV ist dort beispielsweise schon lange aufgeführt, ohne dass er bislang bebaut worden wäre.“
Der Großteil der Flächen, die bis 2035 im Plan sind, liegt „im Innenbereich oder auf Arealen, die schon vorher ausgewiesen waren“. Es gehe nicht um Flächen auf der grünen Wiese, für die es neue Erschließungsstraßen brauche - allenfalls um Arrondierungen: „Alle Flächen werden gesiebt, bis unten die beste Fläche für die jeweilige Nutzung rauskommt.“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Eisenmann kritisierte eine wichtige Grundannahme des Flächennutzungsplans: „Für die Stadt Kirchheim wird da bis 2035 ein geringerer Einwohnerzuwachs prognostiziert als für den gesamten Landkreis. Es sollen weniger Einwohner hinzukommen als die Zahl, für die wir jetzt Wohnungen schaffen. Da passt einiges nicht zusammen.“ Die Stadt Kirchheim solle sich im Flächennutzungsplan auf keinen Fall einschränken: „Wir brauchen Handlungsspielraum.“
„Größere Auswahl an Flächen“
So sieht das auch Hans-Peter Birkenmaier (Freie Wähler): „Wenn wir mehr Fläche wollen, heißt das nicht, dass wir mehr bauen wollen. Wir wollen nur eine größere Auswahl an möglichen Flächen.“ Ganz wichtig seien die Gewerbeflächen: „Die Umwandlung in Mischgebiete sollte es nur in Ausnahmefällen geben.“
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Natalie Pfau-Weller stieß ins gleiche Horn: „Wir geben uns Leitlinien, um dynamisch auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können.“ Zur Nachhaltigkeit meinte sie: „Natürlich wollen wir Ressourcen sparen. Aber wir sollten nicht Innen- und Außenentwicklung gegeneinander ausspielen.“
Einen ganz anderen Standpunkt vertritt Sabine Bur am Orde-Käß, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion: „Über 100 Fußballfelder wollen wir in 15 Jahren für Wohnraum, Gewerbeflächen und Straßen versiegeln. Sieht so unser Beitrag gegen den Klimawandel aus?“ Ob Berg-Ost oder Ötlinger Halde: Die entsprechenden Flächen sind nach ihrer Ansicht durchaus noch als grüne Wiese zu betrachten.
Stadtrat Heinrich Brinker (Linke) fragt nach Ausgleichsflächen für die Landwirtschaft. „Wir brauchen eine Kompensation für den Verlust von Ackerflächen, und wir müssen mehr als je zuvor auf den Erhalt der Artenvielfalt achten.“
Kirchheims Chefplaner Gernot Pohl antwortete darauf direkt: „Das gehört nicht in den Flächennutzungsplan. Das ist später einmal Sache des Umweltberichts im jeweiligen Bebauungsplan.“
Das Ringen um den Flächennutzungsplan zeigt sich abschließend in diversen Abstimmungen: Bei Stimmengleichheit erhielt der Antrag der Grünen, die Stadtentwicklung in einer Klausurtagung strategisch zu diskutieren, keine Mehrheit. Auch die grundsätzlichen Aussagen, die die Planer in einer Präambel ausführen wollten, sollen nach einem Mehrheitsentscheid des Gemeinderats aus dem Werk gestrichen werden. Zu einzelnen Flächen gab es folgende Beschlüsse: Berg-Ost, Ötlinger Halde und Schafhof IV werden in vollem Umfang aufgenommen. Die Parkplätze am Schlossgymnasium werden Fläche für den Gemeinbedarf und sollen damit erhalten bleiben. Auch der Ziegelwasen soll nicht für eine Wohnbebauung zur Verfügung stehen.