Kirchheim
Zeit für den Frühjahrsputz – bringt’s das überhaupt?

Pro und Contra In der Redaktion herrscht Uneinigkeit über Sinn und Zweck des großen Putzens zum Frühlingsbeginn. Ein Streitgespräch.

Praktikantin Mila Schmitz ist pro Frühjahrsputz: Putzen befreit. Meine Semesterarbeit für Public Relations liegt offen auf dem Schreibtisch, meine Schwester sollte sich dringend auf Praktika bewerben, und eigentlich müsste Papa noch einen Pitch vorbereiten. Aber all das muss jetzt warten: Mama hat den Frühlingsputz eingeläutet. Wenn die Hausherrin ruft, sind wir zur Stelle. Bewaffnet mit Besen, Putzeimer, Handschuhen und Werkzeugkasten nehmen wir sämtliche Problemstellen in Angriff und kehren den Winter aus dem Haus. Die zahlreichen Aufgaben arbeiten wir nur schleppend ab. Aber es kommt gute (von Papa auch als nicht so gut bezeichnete) Musik aus den Lautsprechern, und irgendwie können alle mal abschalten. Es wird geredet, gelacht, sogar getanzt. Und nach und nach räumen wir erst die Garage auf, entrümpeln dann den Keller und bringen zuletzt den Garten auf Vordermann. Beim Belohnungsbier am Abend sind alle erschöpft aber glücklich. In einem sauberen Haus kann jeder aufatmen. – Naja, bis die Semesterarbeit ruft und der Ernst des Lebens wieder weiter geht.

Redakteurin Irene Strifler ist contra Frühjahrsputz: Großputz, Frühjahrsputz und Kehrwoche. – Begriffe, die für Qual und Zeitverschwendung stehen. Assoziationen werden wach von Staubmäusen, die einen beim Aufwirbeln husten lassen, vom Geruch von Scheibenfrei, nach dessen Gebrauch im Sonnenlicht die Fenster doch noch Schlieren zeigen, von schmerzenden Knien. . . Ohne Putzen geht es nicht, das ist klar. Aber: Heutzutage wird eh dann geputzt, wenn es Not tut. In vielen Haushalten dreht der Saugroboter routinemäßig seine Runden; wenn die Kinder mit nassen Schuhen durch den Flur gelaufen sind, muss eben der Wischmopp ran; die Waschmaschine läuft dann, wenn Wäsche da ist und die PV-Anlage Strom liefert. Mehrstündiger oder gar mehrtägigiger Frühjahrs- und Großputz mögen früher mal ihre Berechtigung gehaben haben, heute gehören sie in die Mottenkiste. Dorthin, wo sich die schwäbische Kehrwoche schon längst befindet. Putzen soll glücklich machen? Man kann sich alles schönreden. Die Dänen gelten bekanntlich als das glücklichste Volk in Europa – und sind die etwa fürs Putzen bekannt?