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4600 Kilometer durch Asien geradelt

4600 Kilometer durch Asien geradelt
4600 Kilometer durch Asien geradelt. Fotos: pr
Klaus Reinsch in einem Tempel in der Nähe von Chiang Rai im Norden Thailands.
Klaus Reinsch in einem Tempel in der Nähe von Chiang Rai im Norden Thailands.

88 Tage, 4600 Kilometer auf den Spuren des Mekong von China bis nach Vietnam. So könnte man die Radtour von dem Kirchheimer Klaus Reinsch in wenigen Worten zusammenfassen. Um diesen besonderen Trip zu beschreiben, muss man aber schon ein bisschen weiter ausholen oder den 64-Jährigen einfach erzählen lassen, denn die Begeisterung wirkt bei ihm noch immer nach.

Einen guten Eindruck bekommt sein Gegenüber zudem dank gut gefüllter Fotobücher: 5000 Bilder sind in den drei Monaten entstanden. Gereist ist Klaus Reinsch schon immer gern, besonders in weiter entfernte Gegenden. Fremde Kulturen, Land und Leute abseits von den Touristenmassen kennenzulernen reize ihn besonders, sagt er.

Zur Grenze Vietnams musste der 64-Jährige sein Rad über den Strand Kambodschas schieben.
Zur Grenze Vietnams musste der 64-Jährige sein Rad über den Strand Kambodschas schieben.

Mit Einheimischen in Kontakt kommen

Anfang der 80er-Jahre war Klaus Reinsch sogar auf Weltreise: „Damals gab‘s weder Handy noch Internet, das war schon eine andere Nummer als heute.“ Auch beruflich war der 64-Jährige bis zu seiner Pensionierung letztes Jahr viel im Ausland, arbeitete 30 Jahre im Export. Mit dem Ruhestand kamen neue Ideen: „Den Mekong hatte ich schon lange im Kopf, das war ein lang gehegter Traum“, erzählt er. Dass er sich auf dem Drahtesel auf die Spuren von Asiens drittgrößtem Fluss begab, ist allerdings einem Zufall geschuldet. Im Internet stieß er auf die Seite des kleinen, individuellen Berliner Reiseunternehmens „China-by-bike“, das geführte Radtouren in kleinen Gruppen durch China und seit einigen Jahren auch dessen Nachbarländer anbietet. Klaus Reinsch musste da als reiseaffiner und passionierter Radler nicht lange überlegen.

4200 Meter über dem Meeresspiegel: Klaus Reinsch (Zweiter von rechts) auf dem höchsten Pass der Tour in Nord Yunnan.
4200 Meter über dem Meeresspiegel: Klaus Reinsch (Zweiter von rechts) auf dem höchsten Pass der Tour in Nord Yunnan.

Statt eine einzelne, kürzere Tour zu wählen, buchte er direkt das Gesamtpaket mit dem klangvollen Namen „Mythos Mekong“. Der Startschuss fiel in China an der Grenze zu Tibet, weiter ging es durch die Provinz Yunnan nach Laos, durch Nordthailand und Kambodscha bis nach Vietnam - ein paar notwendige Inlandsflüge inklusive. Vom eher kühlen und gebirgigen Start mit einigen Höhenmetern wurde die Landschaft nach und nach immer flacher und endete bei tropischen 38 Grad im Dschungel. „Wir waren drei Radler, die die komplette Tour gefahren sind. Bis zu zehn Stunden pro Tag mit Pausen. Das war allein schon landschaftlich ein Erlebnis.“ Ansonsten habe die Gruppenbesetzung immer wieder gewechselt, ebenso die mit radelnden deutschen Reiseleiter.

Kurzer Zwischenstopp auf einem Markt in Menglun in Süd Yunnan an der Grenze zu Laos.
Kurzer Zwischenstopp auf einem Markt in Menglun in Süd Yunnan an der Grenze zu Laos.

Das Gepäck wurde von lokalen Anbietern im Auto transportiert. Außer in China schloss sich jeweils ein einheimischer Guide an, allein schon wegen der Sprachbarrieren. „Mit dem Rad lernst du ein Land viel intensiver kennen. Du kommst in entlegene Gebiete und vor allem mit den Einheimischen direkt in Kontakt, zumal man als Ausländer und dazu noch auf dem Rad sehr auffällt“, berichtet Klaus Reinsch. Die Bilder in seinen Alben erzählen von Ausflügen zu Teeplantagen und Reisfeldern. Tauchen mit Besuchen in eindrucksvollen Klöstern in die Landeskultur und religiöse Traditionen ein - etwa in der jahrhundertealten buddhistisch geprägten Stadt Luang Prabang im Norden von Laos, die zum Weltkulturerbe zählt. Sie geben Einblicke in das tägliche Leben, angefangen auf den für Europäer allein schon aufgrund des kurios wirkenden Speiseangebots spannenden Märkten. Die Bilder zeigen aber ebenso die Armut, die besonders in Laos und Kambodscha herrscht. „Kambodscha ist nach wie vor traumatisiert von der Übermacht der Roten Khmer in den 70er-Jahren, es fehlt bis heute an einer Aufarbeitung.“ Auch die Infrastruktur leide bis heute unter Ausbeutung, so der Kirchheimer.

Auffällig bunt: Eine thailändische Tänzerin in einem Tempel in Chiang Mai.
Auffällig bunt: Eine thailändische Tänzerin in einem Tempel in Chiang Mai.

Am besten gefallen haben ihm die Provinz Yunnan und Vietnam: „In Vietnam waren wir quasi drei Wochen im Wohnzimmer der Einheimischen unterwegs: Deren Häuser waren ganz dicht an die sehr schmalen Wege gebaut. Das Mekong-Delta ist sehr dicht besiedelt.“ Das sei eine völlig andere Welt als zu Beginn der Reise im Gebirge. Und genau diese Vielfalt mache den Reiz der Tour aus: „Wenn man ein Land kennenlernen will, darf man nicht in die Großstädte gehen.“ Das nächste Ziel ist schon gesteckt: 2021 geht es mit dem Rad und teils gleicher Besetzung zu fünft von Lhasa in Tibet in den Höhen des Himalaya nach Kathmandu in Nepal - 1000 Kilometer in dreieinhalb Wochen. „Wenn du das einmal gemacht hast, bist du angefixt“, weiß Klaus Reinsch aus eigener Erfahrung.

Seit 25 Jahren gefragt

Das Berliner Reisebüro „China-by-bike“ wurde 1995 von Christof Gebhardt und Volker Häring gegründet. Beide verband ihre Faszination für das Land, die sich durch Studienaufenthalte und Reiseerfahrungen entwickelte. Zum Team gehören neben den Gründern mehrere Reiseleiter, die die kleinen Radgruppen auf den unterschiedlichen Touren radelnd begleiten und ihnen dank ihrer Erfahrungen Land und Leute näher bringen. Infos gibt es unter www.china-by-bike.de. Von Katja Eisenhardt