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Abschiebungen und dichte Grenzen

Stephan Mayer, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zur Flüchtlingskrise

Welche Antworten hat die Union auf die Flüchtlingskrise? Das erläuterte Stephan Mayer, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, vor 70 Zuhörern im Bürgerhaus Notzingen. Er selbst blieb stets ruhig und sachlich – das galt aber nicht für alle Zuhörer.

„Wir müssen mehr Geld in die Flüchtlingslager geben“, fordert Stephan Mayer MdB, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestag
„Wir müssen mehr Geld in die Flüchtlingslager geben“, fordert Stephan Mayer MdB, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Notzinger Bürgerhaus.Foto: Peter Dietrich

Notzingen. Wir müssen „sehr sorgsam überlegen, wo die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft erschöpft ist und wo soziale Vernunft und Verantwortung Halt gebieten.“ So zitierte Peter Schuster vom Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU (EAK) aus Willy Brandts Regierungserklärung von 1973. Da gab es in Deutschland 2,5 Millionen „Gastarbeiter“, 5 595 Menschen hatten im Jahr Asyl beantragt. 20 Jahre später war Helmut Kohl Kanzler und die Lage dramatischer. CDU und SPD beschlossen §18 Absatz 2 des Asylverfahrensgesetzes: Wer aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland kommt, muss an der Grenze zurückgewiesen werden. Schuster plädierte für die konsequente Umsetzung dieses Gesetzes. Brauche es Obergrenzen auf lokaler Ebene? 10 000 Flüchtlinge im Landkreis Esslingen seien zwei Prozent der Bevölkerung. „Es ist kaum mehr zu schaffen.“

Kaum zu schaffen sind für Rainer Staib vom Arbeitskreis Polizei der CDU die vielen polizeilichen Aufgaben. Der Zugführer einer Einsatzhundertschaft bei der Bereitschaftspolizei Göppingen forderte eine bessere technische Ausstattung und vor allem mehr Personal. Der Polizeiberuf müsse durch bessere Bezahlung und Karrieremöglichkeiten attraktiver werden.

Zu attraktiv ist für den CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann das Geld, das sich selbst verpflegende Asylbewerber erhalten. „Das waren im Vorjahr monatlich 325,61 Euro.“ Im Vergleich zum Einkommen etwa im Kosovo sei das viel. „Das ist ein Magnet.“ Entscheidend sei die Rückführung abgelehnter Asylbewerber. „Derzeit gibt es weit über 20 000 Altfälle.“

In den ersten beiden Wochen des Jahres, so Mayer, seien wieder 51 000 Flüchtlinge gekommen. „Deutschland ist nicht bereit, ein weiteres Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge aufzunehmen.“ Aber: „Mit denen, die bei uns sind, ist human und anständig umzugehen, auch bei Abschiebungen.“ Ein Großteil der Asylbewerber verhalte sich rechtschaffen, das sei selbstverständlich und müsse nicht extra betont werden, wie bei Deutschen. Bei dieser Aussage pöbelten einige Zuhörer.

Nach einem neuen Bundesgesetz, so Mayer, dürften Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden. Ärzte bescheinigten leider viel zu häufig die Reiseunfähigkeit. Sie solle nur noch von zugelassenen Amtsärzten attestiert werden und nur bei schwersten Krankheiten gelten. Bei den Abschiebungen könne „jedes Bundesland noch besser werden“. Mayer will eine „bessere Struktur und Ordnung“ in die Verfahren bringen. „Derzeit dauern sie im Schnitt 5,2 Monate, Ziel sind drei Monate.“ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei um 4 000 Stellen verstärkt worden und schaffe nun 2 000 Entscheidungen am Tag, bei einem Altbestand von 360 000 offenen Verfahren. Mayer will die Registrierung beim Grenzübertritt, mit Ausländerzentralregister und einem Flüchtlingsausweis. Das verhindere Mehrfachregistrierungen.

„Wir müssen mehr Geld in die Flüchtlingslager geben“, forderte Mayer, der Türkei mit derzeit drei Millionen Flüchtlingen komme eine Schlüsselrolle zu. Die EU-Außengrenze sei konsequent zu sichern, mithilfe von Frontex auch gegen den Willen des Landes. Durch eine Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze werde der Druck auf andere Länder erhöht. Mayer stellt sich hinter Merkel: „Wir wollen die Probleme mit der Kanzlerin lösen.“

Rückfragen galten den Kosten, Mayer schätzt jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag. Lassen sich die Zahlungen an EU-Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen, drosseln? Rechtlich seien das getrennte Dinge, aber politisch hänge alles mit allem zusammen. Lässt sich der Familiennachzug aussetzen? Wo rechtlich möglich, also bei subsidiär Schutzbedürftigen, ist Mayer dafür. Zwischenrufe wie „die Frau Merkel muss jetzt weg“ und feindselige Pöbeleien einer Handvoll Zuhörer rissen leider nicht ab. Sie habe mehr Angst vor solchen Leuten als vor Flüchtlingen, sagte eine Zuhörerin beim Gehen.

Thema "Asyl- und Flüchtlingskrise" im Bürgerhaus Notzingen - es spricht Stephan Mayer MdB, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU
Thema "Asyl- und Flüchtlingskrise" im Bürgerhaus Notzingen - es spricht Stephan Mayer MdB, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion - einmal kurz humorvoll beim sonst sehr ernsten Thema - auf dem Podium hören zu MdL Karl Zimmermann (links) und Peter Schuster, Evangelischer Arbeitskreis der CDU/CSU Kreisverband Esslingen