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Accuride gibt das Werk in Ebersbach auf

Schließung US-Mutterkonzern verkündet kurz nach der Übernahme das Aus. 300 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs.

Betroffene Gesichter bei den 300 Accuride-Mitarbeitern
Betroffene Gesichter bei den 300 Accuride-Mitarbeitern

Ebersbach. Der Slogan von Accuride muss am Freitag wie Hohn für die Mitarbeiter des Unternehmens in Ebersbach geklungen haben. Der nordamerikanische Automobilzulieferer wirbt mit dem Anspruch „Vereinte Kräfte. Globale Reichweite“ für seine Felgen und Komponenten für Autos. Doch seit Freitagnachmittag wissen die rund 300 Beschäftigten des früheren Südrad-Werks im unteren Filstal, dass der US-Mutterkonzern auf ihre Arbeitskraft verzichten will.

In einer Mitarbeiterversammlung kündigte der für das Europa- und Asiengeschäft verantwortliche Scott Hazlett an, dass Accuride den Standort bis Mitte 2020 schließt und sich von allen Mitarbeitern trennt. Die Gründe: eine weltweit sinkende Nachfrage nach Stahlfelgen und zu hohe Kosten im Werk Ebersbach. Die Nachricht sollen die Mitarbeiter mit ironischem Beifall quittiert haben.

In der Betriebsversammlung herrschte offensichtlich Wut und Trauer. Ein Mitarbeiter warf der Geschäftsführung vor, das Ebersbacher Werk in den vergangenen Jahren zugrunde gerichtet zu haben. Den Tränen nahe habe der Betriebsratsvorsitzende die Schließung des Werks beklagt und seine Kollegen zur Geschlossenheit aufgerufen, erzählten Kollegen. Ein anderer Mitarbeiter wollte von Europa-Vizechef Johannes Kuron wissen, wo er mit 57 Jahren noch einen Job bekomme. Der Angesprochene soll Verständnis für die Sorgen der Mitarbeiter gezeigt, aber auch auf die gute wirtschaftliche Lage verwiesen haben, die die Suche nach einer neuen Stelle erleichtere. Nach Angaben eines Mitarbeiters liegt der Altersdurchschnitt am Standort Ebersbach bei über 50 Jahren.

Vor dem Werkstor fanden Mitarbeiter deutliche Worte. „Wir sind ganz langsam und mit Genuss zerlegt worden“, sagte Wolfgang Pohland. Zwar sei eine Werksschließung abzusehen gewesen, doch wie gnadenlos Accuride diese Entscheidung getroffen habe, mache ihn sprachlos. Der schleichende Niedergang des Unternehmens habe unter dem vorigen Eigentümer Mefro Wheels begonnen, der die frühere Firma Südrad aus Ebersbach in den 90er-Jahren übernommen habe.

Accuride hatte Mefro Wheels erst im vergangenen Juni übernommen. Jetzt soll die Belegschaft am Standort Ebersbach in den kommenden drei Jahren schrittweise entlassen werden. Der für das Europa-Geschäft zuständige Vizepräsident Johannes Kuron versprach, dass sich Accuride an die Regeln halten werde, berichten Teilnehmer der Versammlung. Kuron habe darauf hingewiesen, dass bis zur Schließung genügend Zeit bleibe, um alle notwendigen Schritte vorzunehmen.

Die Einhaltung dieses Versprechens will die IG Metall überprüfen. Nach Meinung des zuständigen Sekretärs Manuel Schäfer müsse Accuride zunächst prüfen, ob die Aufgabe des Standorts unausweichlich ist. Sei dies der Fall, müsse diskutiert werden, ob die Schließung hinausgezögert werden könne. Wenn diese Maßnahmen erschöpft seien, müsse über eine Transfergesellschaft und über Abfindungen für die Beschäftigten gesprochen werden. Tobias Flegel