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Albrecht Nisslers Leidenschaft gehört dem Jazz

Musik Der Jazzclub Köngen ist ein beliebter Treffpunkt für Musikenthusiasten. Als Programmgestalter beweist Albrecht Nissler das richtige Gespür. Von Rainer Kellmayer

Als der Jazzclub Köngen vor drei Jahren kurz vor der Auflösung stand, hauchte eine neue Führungsmannschaft unter der Leitung von Johannes C. Laxander dem Verein wieder Leben ein. In diesem Team besetzt Albrecht Nissler als Programmgestalter seit 2019 eine Schlüsselposition. Sein Engagement entpuppte sich als Glücksfall für den Club: Der Jazzfan und ehemalige Musiklehrer sorgt für Vielfalt und Abwechslung der Reihe im Köngener Schloss, die mittlerweile zum Publikumsmagnet geworden ist. „Bei der Zusammenstellung des Programms stehen musikalische Qualität, stilistische Breite und wechselnde instrumentale Besetzungen im Vordergrund“, erläutert Nissler seine Konzeption. Dabei liege ein Schwerpunkt auf traditionellem Jazz wie Dixieland oder Swing, doch auch Bebop und Cool-Jazz seien zu hören. Besonderen Wert legt der Organisator auf die Förderung von Nachwuchsbands, die vornehmlich aus der Region kommen. „Der junge Saxofonist Lukas Wögler, der mit seinem Quintett demnächst in der Schlosskapelle spielen wird, war einer meiner Schüler am Esslinger Theodor-Heuss-Gymnasium (THG)“, erinnert sich Nissler. Dort hat der Pädagoge bis zu seiner Pensionierung vor einigen Jahren neben Englisch und Geografie auch Musik unterrichtet. „Als ich 1982 am THG anfing, fragte mich der Schulleiter, ob ich eine Jazzband gründen möchte“. Mit musikalischen Einlagen bei Feiern im Kollegenkreis hatte Nissler - das Referendariat hat er ebenfalls an der Esslinger Schule absolviert - als Jazzpianist bereits auf sich aufmerksam gemacht. Begeistert nahm der Musiklehrer das Angebot seines Chefs an und machte sich mit der ihm eigenen Agilität an den Aufbau einer Jazzband. Es ergab sich eine Win-Win-Situation: Das im musischen Bereich starke Gymnasium bekam ein weiteres profiliertes Ensemble, und Nissler konnte seine Passion für den Jazz voll ausleben. Früher schon hatte sich der in Echterdingen aufgewachsene Musiker als Arrangeur und Bandleader mit Jazz, Rock und Pop auseinandergesetzt. Gestützt auf diese Erfahrungen formte Nissler die THG-Jazzband zu einem hochklassigen und vielgefragten Ensemble: „Wir haben zahllose Konzerte gespielt und durften auch bei Produktionen des damaligen Süddeutschen Rundfunks mitwirken“.

Der Pädagoge sieht klassische Musik und Jazz im Anspruch auf einer Ebene. In beiden Bereichen seien Kreativität und Ausdrucksstärke wichtige Elemente, doch im Jazz bringe das Lösen aus einem starren Notengerüst ein Plus an Spontaneität und Flexibilität. Zudem bestimme die persönliche Gefühlslage der Musiker wesentlich den Bandsound, insbesondere in den Improvisationen, bei denen Persönlichkeit und musikalische Inspiration der Akteure in allen Facetten aufleuchten.

„Der Jazz ist beruflich und privat zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden“, sagt Nissler. Er freut sich, dass er im Jazzclub Köngen auch als Pensionär eng am Puls der Musik ist. Zwar fordere die Programmgestaltung mit etwa acht Arbeitsstunden wöchentlich ihren Tribut, doch man spürt: Nissler ist mit Begeisterung bei der Sache. „Es ist toll, mit unterschiedlichsten Bands in Kontakt zu sein und etwas gestalten zu können“. Vor Corona trafen bei ihm fast täglich Bewerbungen um Engagements ein - jetzt sind es pro Woche noch zwei. Diese kommen aus ganz Europa, und auch Bands aus Australien und den USA haben sich schon gemeldet. „Ich beantworte alle Anfragen persönlich. Aus dem breiten Angebot versuche ich, eine möglichst ausgewogene stilistische Mischung zu finden“. Dabei könne er völlig frei arbeiten. Dass seine Programmgestaltung gut ankommt, freut Nissler: „Die Konzerte sind fast immer ausverkauft, oft schon sechs Wochen vor dem Termin.“ Deutliche Bremsspuren hat jedoch die Corona-Pandemie hinterlassen: Dem Hygienekonzept des Vereins folgend wird die Schlosskapelle derzeit nur zur Hälfte besetzt. Auch bei den Konzerten hatte es mit Beginn der Pandemie einen blitzartigen Einbruch gegeben - zwölf Konzerte mussten abgesagt werden. Nissler ist jedoch bestrebt, allen betroffenen Bands Ersatztermine anzubieten. „Das letzte Jahr war musikalisch nicht erfüllend“. Umso mehr freut sich der Programmchef, zum 20-jährigen Jubiläum des Jazzclubs Köngen mit der „Barrelhouse Jazzband“ im nächsten Jahr einen Leckerbissen präsentieren zu können: „Mit ihrer Mischung aus Classic Jazz und Swing wird die Frankfurter Band unser Publikum sicherlich begeistern“.

Den Erfolg will der Jazzfan jedoch nicht alleine auf seine Fahne schreiben: Nur das harmonische Zusammenwirken in Vorstand und Ausschuss habe diese positive Bilanz ermöglicht. Die Zusammenarbeit mit seinen Mitstreitern macht Albrecht Nissler großen Spaß: “Ich möchte mich noch viele Jahre im Jazzclub Köngen einbringen“.

Den Jahresabschlussbestreitet am Freitag, 17. Dezember, die Band „Jazzmo“ mit traditionellem Jazz zwischen New Orleans Sound, Blues und Jazz Oldies der „Roaring Twenties“ und der Swing-Ära.