Dettingen. Vor mehr als 550 Jahren gab es in Dettingen eine Badstube. Das geht aus einer Urkunde hervor, die im Jahr 1453 ausgestellt wurde und die heute im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart liegt.
Dettingen hatte damals nicht wie heute den Zusatz „unter Teck“ sondern „am Schloßberg“, eine Bezeichnung, die sich bis in die 1870er-Jahre gehalten hat. Als die genannte Badstuben-Urkunde ausgestellt wurde, gab es auf der linken Seite der Dettinger Lauter, auf dem Schlossberg, noch ein „Schloss“, das jedoch mehr eine Burg war. In ihr wohnte Wolf von Schilling mit seiner Familie, der zugleich Vogt in Kirchheim war.
Die erste urkundlich verbürgte Nachricht über das Schloss stammt aus dem 13. Jahrhundert. Im Bauernkrieg im Jahr 1525 wurde es zerstört. Später hat man dort Wein angebaut. Ulrich von Hutten gibt zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen anschaulichen Bericht, wie es auf einer solchen Burg aussah: Er schrieb: „Gleichgültig, ob eine Burg auf einem Berg oder in der Ebene steht, so ist sie auf jeden Fall doch nicht für die Behaglichkeit, sondern zur Wehr erbaut, mit Gräben und Wall umgeben. Innen von bedrückender Enge, zusammengepfercht mit Vieh- und Pferdeställen. Dunkelkammern vollgepropft mit schweren Büchsen, Pech, Schwefel und allen übrigen Waffen und Kriegsgerät. Überall stinkt das Schießpulver. Und der Duft der Hunde und ihres Unrats ist auch nicht lieblicher, wie ich meine. Reiter kommen und gehen, darunter Räuber, Diebe und Wegelagerer, da unsere Häuser meist allem möglichen Volke offenstehen und wir den Einzelnen nicht genauer kennen. Und welch Lärm! Da blöken die Schafe, brüllt das Vieh, bellen die Hunde, auf dem Felde schreien die Arbeiter, die Wagen und Karren knarren, und bei uns zu Hause hört man auch die Wölfe heulen.“
Bader waren auch Barbiere
Eine mittelalterliche Badstube unterschied sich nicht grundsätzlich von einem Wohngebäude. Man gelangte von einem kleinen Umkleideraum zur eigentlichen Badstube, in der Schwitzbäder verabreicht wurden. Zur Inneneinrichtung der Badstube gehörten der Ofen und ein großer Wasserkessel. Im oberen Stock befanden sich Ruheräume mit Kachelöfen. Zu den Dienstleistungen der Bader gehörten das Waschen des Körpers und der Haare mit Seifenlauge sowie das Ansetzen von Schröpfköpfen zum Aderlass und sogar die Behandlung von Kranken.
Hatte der Bader seinen großen Holzzuber mit Badewasser gefüllt, so lief er mit zwei Messingschalen klatschend durch die Gassen des Dorfes und lud die Einwohnerschaft zum Bad ein. Da er für ein Bad nur einen Heller erheben durfte, reichten die Einkünfte des Baders aus seinem Badebetrieb zum Unterhalt seiner Familie nicht aus. Deswegen war er nicht nur Bader, sondern auch Barbier.
Das Bad gehört zu den wenigen Gebäuden des Dorfes, die sich über fünf Jahrhunderte bis Anfang der 1960er-Jahre erhalten haben. In der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, Anfang des 17. Jahrhunderts, wurde der Badebetrieb eingestellt. Es war unter anderem die Angst vor ansteckenden Krankheiten, die zum Niedergang der Badstuben führte. Alfred Stroppel