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Als Quereinsteigerin im Helfer-Fieber

Ehrenamt Valerie Junginger aus Ochsenwang hat sich wegen ihres Vierbeiners beim DRK zur Hundeführerin ausbilden lassen. Inzwischen ist die junge Frau auch noch begeisterte Sanitätshelferin. Von Daniela Haußmann

Alles fing damit an, dass sich Valerie Junginger einen Hund zulegte. Den wollte die junge Frau aus Ochsenwang artgerecht beschäftigen und auslasten. Außerdem wollte sie etwas Sinnvolles tun. Was lag da näher, als zusammen mit ihrem Vierbeiner bei der Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbandes Nürtingen-Kirchheim ehrenamtlich Vermisste und Verschüttete zu suchen? Während der intensiven Ausbildung packte die angehende Hundeführerin dann total die Begeisterung: „Das Training hat wahnsinnig Spaß gemacht, ich habe unheimlich viel dazugelernt, neue Kompetenzen entwickelt und konnte spannende Erfahrungen sammeln“, berichtet die junge engagierte Frau. Das spornte Valerie Junginger an, sich bei der DRK-Bereitschaft Weilheim zusätzlich als Sanitätshelferin zu engagieren.

Dass die Bankkauffrau nie im Jugendrotkreuz gewesen ist, tat der Sache keinen Abbruch. Laut Martin Beuker bilden auch die Spätberufenen eine wichtige Säule in der Nachwuchsarbeit. Die Verweilquote all jener, die im Erwachsenenalter zum DRK stoßen, schätzt der stellvertretende Bereitschaftsleiter deutlich höher ein als bei Jugendlichen, deren Leben durch Ausbildung, Beruf, Studium und Beziehung einem stärkeren Wandel unterworfen ist. Als Valerie Junginger zu den Rettungskräften stieß, stand ihr Mann voll und ganz hinter ihr. So konnte sich die Mutter eines Sohnes neben Arbeit und Familie in der Freizeit zur Rettungshundeführerin und Sanitätshelferin ausbilden lassen

Rettungsdienst längst nicht alles

Um beim DRK aktiv mitarbeiten zu können, müssen alle Personen einen standardmäßigen Erste-Hilfe-Kurs, ein DRK-Einführungsseminar sowie die Helfergrundausbildung (HGA) mit den Modulen Betreuungsdienst, Einsatz, erweiterte Erste Hilfe, Technik und Arbeitssicherheit absolvieren. Neben dem komplexen Hilfeleistungssystem des DRK lernen die Teilnehmer unter anderem Arbeitsmittel, Handwerkszeug, Führungsstrukturen, Abläufe und Gefahren von Einsätzen, Unfallverhütungsmaßnahmen, Patientenbetreuung oder den Umgang mit gefährlichen Stoffen kennen. Nach Abschluss der HGA können sich die Absolventen laut Martin Beuker in bestimmten DRK-Fachdiensten wie zum Beispiel der Psychosozialen Notfallversorgung, der Rettungshundestaffel oder dem Kreisauskunftsbüro weiter ausbilden lassen und mit anpacken.

Ob Seniorenbetreuung, Hilfe nach Unfällen oder Katastrophen, Sanitätsdienste bei Musikkonzerten, Fußballspielen oder Weihnachtsmärkten, Dienste in Kleiderkammern, Tafelläden, Suppenküchen oder bei Blutspende-Aktionen, Kinder- und Jugendarbeit – die Möglichkeiten beim DRK mitzumachen sind unglaublich vielfältig und gehen über den Rettungsdienst hinaus, wie Beuker feststellt. Rund 120 Helfer zählt die Bereitschaft Weilheim. „Viele arbeiten regelmäßig mit, andere engagieren sich anlass- oder projektbezogen“, erzählt Valerie Junginger, aus deren Sicht sich das Ehrenamt flexibel auf die eigenen zeitlichen Möglichkeiten, Interessen und Kompetenzen abstimmen lässt. Niemand muss laut der Helferin Angst haben ins kalte Wasser geworfen zu werden. Das Team führt die Einsteiger an die Aufgaben heran, das gilt insbesondere für Rettungseinsätze wie Verkehrsunfälle, Zugunglücke oder Überschwemmungen, die für die Beteiligten durchaus psychisch belastend sein können.

Das DRK bietet ein enorm breites Aufgabenspektrum und viele spannende Entwicklungsmöglichkeiten – genau das macht für Valerie Junginger den Reiz aus. Aufbauend auf der HGA absolvierte sie in etwa sechs Tagen die Ausbildung zur Sanitätshelferin. Grundlagen der Diagnostik, Funktion und Aufbau des Körpers, Grundkenntnisse in Anatomie, Physiologie, notfallmedizinischen Basismaßnahmen, der Umgang mit Defibrillator, Blutdruckmessgerät, EKG und anderen Hilfsmitteln sind einige Beispiele für das Know-how, das ihr der praxisbezogene Lehrgang vermittelt hat. Junginger kann damit nicht nur Erste Hilfe leisten, sondern auch selbstständig lebenserhaltende Maßnahmen einleiten, um die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungsdienst und Notarzt zu überbrücken.

Als Helferin vor Ort aktiv

Außerdem verfügt sie als Sanitätshelferin über zusätzliche Kenntnisse und Fertigkeiten, um medizinisches Fachpersonal zu unterstützen. Ausgestattet mit einer kompletten Notfallausrüstung, ist sie Dank der Ausbildung in Ochsenwang auch als Helferin vor Ort aktiv. „Was man hier lernt und an Erfahrungen sammelt, ist kein weltfernes Spezialwissen, sondern nutzt in Freizeit und Beruf“, so Valerie Junginger, die am DRK neben der persönlichen Herausforderung auch die Freude am Gemeinschaftserlebnis schätzt.

 

Drei Fragen an Martin Beuker vom DRK Weilheim

Kann man sich beim DRK auch ohne Helfergrundausbildung engagieren?
Um beim DRK mitzumachen, braucht man nicht zwangsläufig eine Sanitätsdienstausbildung. Wer beruflich zum Beispiel im Marketing, Medienbereich oder als Fotograf tätig ist, kann sich hier in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einbringen. Menschen mit einem Hund können sich als Therapiehundeteam ausbilden lassen und sich beispielsweise in der Seniorenbetreuung engagieren. Wer wenig Zeit hat, kann auch begrenzt in Projekten mitmachen. So etwa Köche, die bei größeren Einsätzen die Feldküche unterstützen.

Valerie Junginger engagiert sich mit ihrem Hund beim DRK. Foto: Daniela Haußmann

Was hat das Jugendrotkreuz zu bieten?
Es richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 27 Jahren. Dabei lernen sie nicht nur Erste Hilfe oder einen Notruf abzusetzen. Auch Themen wie Gesundheit, Frieden, Fairness, Hilfsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein stehen auf dem Programm. Angebote wie Zeltlager, Ausflüge oder die Teilnahme an Wettbewerben geben Freiraum, sich auszuprobieren, neue Kontakte zu knüpfen und den Teamgeist zu stärken.
Können Jugendliche in den Bereitschaften aktiv mit anpacken?
Ob Rettungshundestaffel, Sanitäts- oder Betreuungsdienst - mitmachen können alle, die anderen helfen wollen. Einzige Voraussetzung: Man muss mindestens 16 Jahre alt sein, um die Helfergrundausbildung zu durchlaufen und sich zum Fachdiensthelfer ausbilden zu lassen. Allerdings darf man erst ab 18 Jahren in den Einsatz gehen. dh