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Am Rambouilletplatz sagt man Hola, Salam und Merhaba

Rambouilettplatz Sommerfest Kinder Spiele
Rambouilettplatz Sommerfest Kinder Spiele

Kirchheim. Was passiert, wenn man Kinder nach ihren Augenfarben trennt? Die braunäugigen dürfen Eis essen, spielen, quatschen,

Spaß haben. Die blauäugigen hingegen müssen in der Ecke stehen, zugucken, leise sein. Die braunäugigen werden immer größer, die blauäugigen schrumpfen langsam in sich zusammen. Nur fünf Minuten. Nur ein Spiel, das viel mit Kindern anstellen kann. Wie fühlt es sich an, anders zu sein – auch wenn es nur um banale Dinge wie die Augenfarbe geht?

Hatice Us kennt das Gefühl nur zu gut. Es ist erniedrigend, traurig, traumatisierend. Sie ist das Kind eines türkischen Gastarbeiterpaares. Papa Schweißer, Mama Putzfrau, Tochter Akademikerin. Wie alle ihre Geschwister. Bis sie begriff, dass es nicht schlimm sein muss, „anders“ zu sein, dunklere Haut zu haben, oder eine andere Religion, dauerte es, bis sie erwachsen war. Den Kindern heute will sie dieses Gefühl ersparen. „In ihnen setzt sich im Alltag so viel fest, über das man reden muss“, sagt sie. Integration und Multikultikultur sind ein großes ­Thema beim Kinderprogramm am Kirch­heimer Rambouilletplatz. Nur dass man mit Kindern damit anders umgehen muss als mit Erwachsenen. Quasi unsichtbar, ganz subtil. Man muss die Integration einfach leben.

Hatice Us und Melike Steinle vom Sozialen Dienst der Stadt betreuen den ersten Tag des Kinderprogramms am Pavillon. Sie haben gemeinsam Perlenketten mit knallbunten Federn gebastelt. Jetzt stehen die Kinder im Kreis und begrüßen sich in ihren Sprachen. „Hola“, sagt eine Portugiesin, „Salam“, ein Marokkaner, „Merhaba“ eine Türkin und „Hallo“ ein deutsches Kind. Sie tanzen, spielen Verstecken, lernen ihre Namen kennen und was sie bedeuten. Sie wissen, dass sie aus verschiedenen Ländern kommen. Doch in Kinderköpfen sei so etwas oft ein komisches Konstrukt, eigentlich bedeutet es ihnen nichts. Wenn sie etwas damit verbinden, dann das, was ihnen ihre Eltern beigebracht haben.

Rund um den Rambouilletplatz gibt es viele Kinder, die ausländische Wurzeln haben. „Früher gab es hier so eine Art Eastside-Westside-Zankerei“, erinnert sich Hatice Us. Die Türken gegen die Russen, die Russen gegen die Türken. „Das gibt es kaum noch.“ Dass die Streitereien weniger werden, schreibt sie auch Integrationsprojekten wie dem Kinderprogramm zu und der Tatsache, dass das Thema heute offener behandelt wird als in ihrer Kindheit. „Ich wünschte, ich hätte damals jemanden gehabt, der mir das beibringt“, sagt die 37-Jährige. Für sie heißt Integration keinesfalls Gleichmacherei. Es bedeutet: Jeder so, wie er will, solange es die Menschenwürde des anderen nicht stört. „Diese Botschaft kann man gar nicht früh genug vermitteln“, findet Us.

 

Heute Nachmittag können die Kinder im Ferienprogramm am Rambouilletplatz gemeinsam gipsen, am Donnerstag lernen sie, wie man mit dem Brennpeter Bilder in Holz brennen kann, und am Freitag werden Sandbilder gemacht. Die Veranstaltungen beginnen immer um 14 Uhr und sind für jedes Kind offen.