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Apfelbäume gewinnen den Publikumspreis

Kunstpreise der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen zum 29. Mal vergeben

So können „neue Aspekte der Landschaftsmalerei“ aussehen.Foto: Markus Brändli
So können „neue Aspekte der Landschaftsmalerei“ aussehen.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Ayse Öykü Özgün, Claus Delvaux, René Seifert und Arpad Racz heißen die diesjährigen Gewinner des Kunstpreises, der unter dem Motto stand: Neue Aspekte der

Landschaftsmalerei. Ayse Öykü Özgün und Claus Delvaux wurden von der Jury mit dem Hauptpreis bedacht, René Seifert erhielt den Förderpreis und Arpad Racz wurde anlässlich der Vernissage am vergangenen Montag mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

„Frühling“ nennt Ayse Öykü Özgün das verstörende Mädchen im Blumenmeer. Mit feinen, klaren malerischen Strukturen erarbeitete sie eine nahezu perfekte Farbdramaturgie. Wie es Kunstexperte Dr. Tobias Wall beschrieb, das Bild lässt einen nicht mehr los. Die Künstlerin ist in Istanbul geboren, studierte dort Kunst und schloss ihr Studium als Meisterschülerin an der Kunstakademie in Münster ab. Ihre Gemälde sind europaweit auf Ausstellungen zu sehen.

Claus Delvaux verstand es, mit seinem „Venezia-Bild“ ein ungewöhnliches Werk zu schaffen. Präzision paart sich mit einer Sinnestäuschung. Auf den ersten Blick sieht das Bild aus wie eine Fotografie. Und zwar so deutlich, dass ein Jury-Mitglied sagte „Fotografie ist nicht zugelassen, bitte raus nehmen“. Claus Delvaux studierte in Frankfurt und arbeitete lange Jahre als Kunstlehrer. Es sei, so Wall, nicht sein erster Kunstpreis.

Ein topografisches Werk erhielt diesmal den Förderpreis. René Seifert brachte es fertig, eine fein gesponnene Rätsellandschaft ganz ohne Pinsel zu schaffen. Das Bild besteht aus mehreren Schichten Papier. Genau diese Verbindung des Landschaftsgedankens mit der Medien- und Informationswelt bewog die Jury, den Künstler mit dem Förderpreis auszuzeichnen.

Den vierten und gleichzeitig für alle mit Spannung erwarteten Publikumspreis – die Gäste der Vernissage stimmten mit Karten ab – ging an die Apfelbäume von Arpad Racz. Das Gemälde zog bei der Besichtigung schon die meisten Besucher an, es stach durch die leuchtenden Farben heraus und zeugt von einer gesunden und natürlichen Apfelpracht.

Burkhard Wittmacher, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, betonte es schon in seiner Begrüßung: „Kunstkritik ist subjektiv.“ Er zeigte sich über die vielen Einsendungen erfreut. Gleichzeitig haben die vielen Kunstwerke es der Jury nicht einfach gemacht. Und die Jury sei ja mit Professor Götz Adriani, Vorstand der Stiftung Kunsthalle Tübingen; Kurator Karl-Otto Völter; Heinz Eininger, Landrat Esslingen und Dr. Tobias Wall, Kunstwissenschaftler, hochkarätig besetzt.

Für Wittmacher war die 29. Auflage des Kunstpreises gleichzeitig Premiere als Jurymitglied. Er verwies auch auf die anderen Ausstellungen in Esslingen, Echterdingen und Nürtingen.

Kunstwissenschaftler Tobias Wall erklärte dem Publikum, warum man sich für das Thema „Neue Aspekte der Landschaftsmalerei“ entschieden habe. Im 18. Jahrhundert lag das Thema Landschaft noch auf dem letzten Platz, erst ab dem 19. Jahrhundert konnten sich Landschaften gegen Historien und die allegorische Malerei durchsetzen. Man wollte sich konzentrieren, sagte Wall, und den Fokus auf die traditionellen Genres der bildenden Kunst richten.

In einem kurzweiligen und dennoch informativen pointierten Rundgang entdeckte Tobias Wall die Schmerzen des Idylls, eine kriechende karibische Schildkröte und perspektivische Sichten auf den Farbplaneten. „Kitschig gell?“ fragte Wall zum Schluss seines wörtlichen Rundgangs und ergänzte: „ich mag das Bild, wo Erde, Horizont und Himmel ineinanderfließen.“ Er hätte es aber bei der Jury nicht als Preisträger durchgekriegt. Was ihn nachdenklich machte und danach auch das Publikum: Auf den Landschaftsbildern waren kaum Menschen zu sehen. Der Mensch tauche nur in seinen Eingriffen in der Natur auf, meint Wall, er sei wohl kein Teil mehr davon. Was es zu bedeuten habe, möge jeder für sich selbst entscheiden.