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Apfelsaft und Golfbienenhonig

Die Golfanlage Kirchheim-Wendlingen-Wernau tut im Naturschutz mehr als sie muss

Der Golfclub Kirchheim-Wendlingen zählt inklusive Jugendliche rund 1 200 Mitglieder. Doch auf der 18-Loch-Golfanlage oberhalb von Bodelshofen sind noch ganz andere unterwegs als Spieler und Bälle – unter anderem 18 Bienenvölker. Naturschutz liegt der Geschäftsführerin Dagmar Katrin Mack sehr am Herzen.

Auf der 18-Loch-Golfanlage oberhalb von Bodelshofen sind nicht nur Golfspieler unterwegs - auch Nilgänse und 18 Bienenvölker füh
Auf der 18-Loch-Golfanlage oberhalb von Bodelshofen sind nicht nur Golfspieler unterwegs - auch Nilgänse und 18 Bienenvölker fühlen sich auf dem Gelände pudelwohl.Fotos: Peter Dietrich

Kirchheim. Früher war das 80 Hektar große Gelände Ackerland. Nun spielen dort von 1 200 Mitgliedern rund 1 000 aktiv Golf, darunter 200 Jugendliche. Auf dem weitläufigen Hügel zwischen Kirchheim, Wernau und Wendlingen gelegen, gehört das weit sichtbare Klubhaus mit seiner Adresse Schulerberg 1 postalisch zu Kirchheim. Ob die 18 Bienenvölker dann auch alle als Kirchheimer zählen? Jedenfalls gehören sie alle zum Kirchheimer Imker Uwe Hirsch. Ihre große Liebe gilt den blauen Blumen, die ein benachbarter Bauer für einen Naturkosmetikproduzenten wachsen lässt. Den „Golfbienenhonig“ gibt es im Klubhaus an der Rezeption zu kaufen.

Große Kartons mit Apfelsaft auch, denn der Golfplatz betreut viele Streuobstwiesen. „Die Leute haben keine Zeit mehr, sich um die Wiesen zu kümmern“, sagt Mack. So hat der Klub ringsum in der Pufferzone Gelände gekauft oder gepachtet. Auf dem Golfplatz gibt es neben den Äpfeln eigene Mirabellen, Pflaumen, Kirschen und Brombeeren. „Wir können gar nicht alles abernten“, sagt Mack. Schulklassen seien deshalb zum Ernten sehr willkommen.

Der Golfplatz ist kein umzäuntes Stück Natur, jeder Spaziergänger oder Wanderer ist dort willkommen. Er sollte aber unbedingt die Warnschilder ernst nehmen, denn so ein Golfball fliegt sehr schnell. Hundebesitzer sollten ihre Vierbeiner an die Leine nehmen. Sonst wird mancher junge Hund zum Jäger, denn auf dem Golfplatz sagen sich ganz wörtlich Fuchs und Hase gute Nacht. Jüngst war abends von der Terrasse des Klubhauses ein Fuchs zu beobachten, der in aller Seelenruhe wieder verschwand.

Zur Baugenehmigung für den Golfplatz, sie ist nun genau 20 Jahre alt, gehörte ein umfassender Bepflanzungsplan. Im Juli 2003 fand die Schlussabnahme des Landratsamts statt. Bis zu diesem Termin waren exakt 388 Solitärbäume und 452 Obstbäume gepflanzt. Danach folgten weitere 150 Obstbäume und rund 50 Solitärbäume; abgestorbene Bäume wurden ersetzt. Neue Strauchhecken bieten heimischen Tieren Lebensraum. Für die stark gefährdeten Steinkäuze wurden vier Brutröhren angebracht. Sie werden von der NABU-Ortsgruppe Köngen-Wendlingen gepflegt und kontrolliert. Die Jungvögel werden gewogen und vermessen und bekommen einen nummerierten Ring. Diese Registrierung geht zur Vogelwarte nach Radolfzell.

Außerdem wurden Spatzenhäuser, Fledermausnistkästen und Insektenhotels angelegt. Der Golfklub arbeitet auch mit der Deutschen Wildtierstiftung zusammen. Nur mit einem ist Mack bislang gescheitert: Ihr Traum, das Auswildern von Fasanen, hat leider nicht geklappt, sie haben sich nicht gehalten. Das hängt wohl mit dem zu hohen Krähenbestand zusammen. Seit zehn Jahren kommen in jedem Frühling Nilgänse, immer an denselben Teich auf der Golfanlage.

Fünf Leute sind ständig mit der Pflege des Geländes beschäftigt: mähen, Hecken schneiden, mit Stacheln Sand in den Boden einbringen und für Durchlüftung sorgen. Es gibt vier Vollzeitkräfte und zusätzlich einen Springer, der auch anderswo tätig ist. Einige Flächen werden als Biotop bewusst nicht gemäht. Der Strom für die elektrischen Caddys kommt von der Solaranlage auf dem Dach des Klubhauses. Vor diesem stehen nicht nur dicke Autos, wie manch einer vermuten könnte. Im Vorjahr wurde ein Fahrradabstellplatz angelegt. Er wird auch genutzt, denn mit dem Pedelec zum Golfen fahren, das kommt immer mehr. Nur die Steckdosen zum Laden fehlen derzeit noch. Das Personal ist auf dem Gelände elektrisch mit dem Segway unterwegs. Der Umweltschutz geht beim Golfklub bis zum Putzen und zur Seife in den Duschen. „Biologische Mittel sind teurer, aber ich will keine Giftstoffe hier haben“, sagt Mack.

Ob das wohl alles an der Natur- und Tierliebe der Mutter liegt, von der Mack erzählt? Da ist wohl der Bio-Apfel nicht weit vom Stamm gefallen. Und das ist für den Golfplatz und seine menschlichen und tierischen Besucher auch gut so.

Auf der Kirchheimer Golfanlage - Nilgänse
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Nilgänse
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Insektenhotel
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Insektenhotel
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Beschilderung des Jakobsweges
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Beschilderung des Jakobsweges
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Heimat für den Steinkauz
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Heimat für den Steinkauz
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Bienenstöcke, auf dem Platz sind an verschiedenen Stellen 18 Bienenvölker zuhause
Auf der Kirchheimer Golfanlage - Bienenstöcke, auf dem Platz sind an verschiedenen Stellen 18 Bienenvölker zuhause

Golf und Natur

Die Golfanlage Kirchheim-Wendlingen-Wernau nimmt am Umweltprogramm „Golf und Natur“ des Deutschen Golf Verbands (DGV) teil. Dieses will optimale Spielbedingungen für den Golfsport mit dem größtmöglichen Schutz von Natur verbinden. Das Konzept wurde mit den Partnern Bundesamt für Naturschutz (BfN), Greenkeeperverband Deutschland (GVD), Universität Hohenheim und Deutsche Bundesstiftung entwickelt. Zu den örtlichen Maßnahmen zählten unter anderem ein Konzept für Streuobstwiesen, die Quellfassung und Renaturierung des Käferholzbachs, die Anlage von Biotopen und Steinriegeln und die Einrichtung eines Monitorings von Flora und Fauna. Mit einem „Dabei sein ist alles“ gab sich die Anlage nicht zufrieden und hat sich über den Bronze- und Silber-Standard im Jahr 2012 auf Gold hochgearbeitet. Schwerpunkte des nächsten Folge-Audits Gold II im Oktober 2016 sind unter anderem das Pumpenhaus zur Optimierung der Bewässerung und die Zusammenarbeit mit der Genossenschaft „Onser Saft“ zur Zertifizierung des Obstbaumbestands und der Vermarktung der Säfte im Restaurant.pd