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Auf Skiern den Kaukasus erobert

Expedition Der Notzinger Torsten Wenzler hat mit vier Freunden den 5 047 Meter hohen Kasbek in Kaukasien bestiegen und die Tour in einem Film festgehalten. Von Katja Eisenhardt

Gipfelglück und Höhenrausch: Die Expeditionsteilnehmer erleben die grenzenlose Freiheit über den Wolken. Fotos: Torsten Wenzler
Gipfelglück und Höhenrausch: Die Expeditionsteilnehmer erleben die grenzenlose Freiheit über den Wolken. Fotos: Torsten Wenzler

Mich zieht es immer mehr in die Berge und in die Kälte. Drei Wochen am Strand zu liegen, wäre überhaupt nichts für mich“, sagt Torsten Wenzler. Der 57-jährige Notzinger ist ein passionierter Freerider und regelmäßig mit den Skiern in den Bergen abseits der Pisten auf Tour. Mit dabei sind oft gleichgesinnte Freunde aus Baden-Württemberg und Österreich. Im Montafon hat die Truppe ihr Basislager, von dort ziehen sie mal in kleinerer, mal größerer Runde los. Im Gepäck hat Torsten Wenzler dann auch seine Kamera-Ausrüstung. Das Fotografieren und Filmen hat er sich über die Jahre selbst angeeignet, sein Steckenpferd ist die Outdoor-Fotografie - am liebsten in den winterlichen Bergen und in Schwarz-Weiß. Im heimischen Wohnzimmer bekommt man einen kleinen Eindruck davon: An den Wänden hängen ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotos, etwa von einer Reise nach Grönland. Auch in die Wildnis Alaskas hat es den 57-Jährigen schon verschlagen: „Da brauchst du dann halt etwas Gottvertrauen, wenn der Grizzly nur wenige Meter vor dir steht.“

Torsten Wenzler ist begeisterter Skitourengeher, Fotograf und Filmemacher.

Der Reiz neuer Länder, Menschen und Kulturen ist es, der Torsten Wenzler in die Ferne treibt. 2018 fielen ihm Bilder von einem Bergmassiv im Kaukasus in die Hände. Schnell war klar: Da will ich hin, und zwar mit den Skiern auf den 5 047 Meter hohen Kasbek. Mit im Boot: Marita Ellinger, Daniel Dietrich, David Seeg und Micha Doberstein - der Jüngste 27 Jahre alt, Torsten Wenzler mit 30 Jahren Vorsprung der Älteste des Teams. So eine Tour will gut geplant sein. Schon die Logistik ist mit allein 250 Kilo Gepäck eine Herausforderung. Im April 2019 steigt die fünfköpfige Gruppe in den Flieger nach Tiflis. Zehn Tage waren insgesamt für die Reise angesetzt, etwas zu kurz, wie sich im Nachhinein herausstellt. Nach zwei Tagen in der georgischen Hauptstadt geht es los in die Berge. Kein einfaches Unterfangen: Schlechte und sehr schmale Straßen, ein Pass, der drohte, die Expedition scheitern zu lassen: „Er war eine Nacht wegen Schneeverwehungen gesperrt. Und dann war die Straße so schmal, dass Gegenverkehr unmöglich war, was lange Wartezeiten bedeutete. Da kam unser Zeitplan ziemlich ins Wanken“, beschreibt Torsten Wenzler die Odyssee in Richtung kaukasisches Bergmassiv. Letztlich schafft es die Gruppe samt ihrer zwei einheimischen Guides doch noch bis zum Startpunkt Stepanzminda, gelegen auf 1 700 Metern Höhe, nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt.

Das nächste Etappenziel: mit den Skiern auf 3 700 Meter. Die Unterkunft, ein ehemaliger Militärbunker, teilen sie sich mit anderen Gruppen. Heizung und sanitäre Anlagen - Fehlanzeige. „Die Toilette ist draußen ein Loch. Wir sind so einfache Verhältnisse aber von unseren Skitouren gewohnt. Da übernachten wir auch immer wieder im Zelt“, sagt Torsten Wenzler. Die Kälte von bis zu minus 36 Grad ist da schon eine andere Nummer. Den Ersten der Truppe erwischt es direkt: Die Höhenkrankheit bahnt sich an, also bleibt nur die Abfahrt ins Tal. Ein Zweiter klinkt sich wegen der extremen Kälte ebenfalls vorzeitig aus. Mit zwei Guides geht es zu dritt letztlich nachts um zwei los in Richtung Kasbek-Gipfel. Schlechte Schneeverhältnisse, Gletscherspalten, Wind, Eiseskälte und zwei kaum skierprobte Guides erschweren den Aufstieg und die spätere Talabfahrt. Trotz mehrerer Schichten Kleidung ist von Händen und Füßen bald nicht mehr viel zu spüren. Filmisch und fotografisch festgehalten wird das Erlebnis mit den Kameras, „die Drohne wäre in der Luft eingefroren“. Das Risiko von Erfrierungen bringt Torsten Wenzler auf 4 800 Metern schließlich dazu, abzubrechen: „Es steckt immer noch zu viel in den Köpfen, dass man unbedingt auf den Gipfel muss. Dabei ist das immer der kleinste Part einer Reise.“ Die anderen beiden schaffen es mit ihrem Guide bis ganz nach oben auf 5 047 Meter. Dort bleiben sie wegen der Eiseskälte aber nur 15 Minuten, um dann ebenfalls abzufahren. „Bis Marita nicht mehr gefroren hat, hat es bestimmt drei Tage gedauert“, beschreibt Torsten Wenzler die Nachwirkungen der Tour.

Trotz der Widrigkeiten, die im Film bewusst nicht beschönigt werden, habe sich die Reise mehr als gelohnt, sagt der 57-Jährige. Allein Land und Leute kennenzulernen, die noch sehr unberührte Berglandschaft, das sei die Strapazen wert gewesen. Eine Idee für die nächste Tour gibt es bereits: „Montenegro wäre was. Da geht es nur bis auf 2 500 Meter in ein sehr schneesicheres Gebirge. Da es aber zum größten Teil noch unerschlossen ist, ist es trotzdem eine Herausforderung.“

 

Info: Der Film „The Caucasus-Experience“ wurde von Teammitglied David Seeg geschnitten und vertont und zeigt die gesamte Reise samt Vorbereitungen in Notzingen und dem Montafon. Gezeigt wird er am Dienstag, 11. Februar, um 19.30 Uhr im 3K in der Dreikönigsstraße in Kirchheim. Der Erlös der Veranstaltung geht an die Initiative „Starkes Kirchheim“. Weitere Infos und Eindrücke gibt es unter www.bergeimlicht.com.