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Aus der Reihe tanzen

Tanzen Square Dance, das ist die Leidenschaft der „Teck Rovers“ auf Jesingen. Beim „MS-Hexagon-Workshop“ lernen alle noch etwas dazu. Von Sabine Ackermann

Weit schwingende Petticoats sind beim amerikanischen Square Dance für die Damen Pflicht.Foto: Sabine Ackermann
Weit schwingende Petticoats sind beim amerikanischen Square Dance für die Damen Pflicht. Foto: Sabine Ackermann

Sonntagnachmittag. In der Jesinger Gemeindehalle herrscht reges Stimmengewirr. Hier und da eine Umarmung oder ein Bussi rechts und links - man kennt sich. „Warum in der Linie tanzen, wenn es auch im Quadrat geht“, lautet der Slogan aller Square-Dancer, wobei die „Teck Rovers“ heute nicht kleckern, sondern klotzen. Bereits zum zweiten Mal hat der Square Dance Club aus Kirchheim Tanzwillige aus den umliegenden Gruppen zum „MS-Hexagon-Workshop“ eingeladen - insofern tanzen sechs Paare, sprich zwölf Tänzer in einer Formation. Ausgebucht - das Interesse, das eigene Repertoire zu erweitern, ist groß. Von den insgesamt 72 Tänzern sind einige sogar aus Leverkusen, München und Augsburg angereist, den beiden letzteren Nachzüglern wird die einstündige Verspätung aufgrund des ersten Schneefalls gerne verziehen.

Marcus Runft ist bereit, der „Caller aus Passion“ weiß genau, wie man die altersmäßig bunt gemischten „Squarer“ bei Laune hält. „Wenn ich euch so angucke, kriegen wir das problemlos hin“, macht er von der Bühne aus charmant auf „gut Wetter“ und legt sogleich im Sprechgesang im typisch amerikanischen „Slang“ mit dem Zurufen der zu tanzenden Figuren los. „Circle left, circle right“, ertönt es zu Klängen im Viervierteltakt, einer launigen Liedmischung aus Country, Rock, Pop und Folk. Im echten Leben Beamter, kam der 37-Jährige aus Uhingen-Holzhausen bereits mit 14 Jahren zum Square Dance, fungiert schon seit Längerem als „Ansager“. Mit wachem Blick auf die 36 Paare baut er nahtlos mit satter tiefer Stimme die nächsten Anweisungen ein: „Swing through, pass through, all the men left“, „Spin the top“ oder „Recycle“ - nur ein Bruchteil des Figureninventars, mit dem man auf dem ganzen Square-Dance-Universum zurechtkommt, wie auch Peter Gähr bestätigt. „Wir tanzen Mainstream, diese Tanzfiguren sind standardisiert, deshalb kann man überall weltweit mittanzen“, verrät der President der Teck Rovers, der heute quasi als Springer fungiert und somit Zeit zum Plaudern hat.

Inzwischen ist der Song aus, etwas verdutzt halten sechs Frauen vier Männer an der Hand, zwei weitere Frauen stehen mit schallendem Gelächter „wie bestellt und nicht abgeholt“ in der Mitte des Hexagons. Ohne Frage, die Stimmung untereinander ist ausgelassen. Dennoch erfordert dieser Tanz Konzentration und Taktgefühl, zudem schult er das Reaktionsvermögen sowie räumliches Denken und macht als Team in der Gemeinschaft besonders Spaß. „Lucia, du bist ein Mann!“, ruft plötzlich Marcus Runft und schiebt grinsend nach: „Hände weg von fremden Frauen!“ Wie fast überall, sind auch beim Square Dance die Damen in der Überzahl, allerdings halten bei den sich ständig wechselnden Figuren auch mal die Männer „Händchen“. Berührungsängste? Der oder die wären beim Square Dance falsch.

Drei Lieder weiter, die Formation hat sich in ein Häufchen orientierungsloser Einzeltänzer aufgelöst. Kein Problem, Marcus Runft hat alles fest im Griff. Die Squarer ordnen sich neu, und weiter geht’s: „So, jetzt müssen wir uns über unsere Spielkameraden einig werden, wenn wir unsere Figuren machen, die mit der anderen Linie synchron sind. Klar ist, dass eine Linie im Hexagon immer ein wenig geknickt wird“, erklärt der Caller besonders knifflige Situationen auf Deutsch. „Schräg links nach vorne, je zwei Paare stehen hier in den Head-Positionen. Die „Sides“ bleiben wie gewohnt Einzelpaare“, heißt es weiter und dann ist Marcus Runft voll im Glück: „Wir haben ‚Ocean Waves‘, und zwar mit den Damen in der Mitte und den Herren außen. Schaut euch das an“. Klatschen, lachen, johlen - ein kollektives „Yee-Haw“ folgt auf dem Fuß.

Bei „right and left through“ schlüpfen die Paare unter den erhobenen Armen der Mittanzenden durch, beim „Curtesy turn“ lässt der Tänzer seine Partnerin nach seinen Wünschen kreiseln, bis deren Petticoat hochwirbelt. Es ertönt ein „Huch!“, als im Drehfieber bei einer Lady ein kurzer Blick auf ihre „Pettipants“ möglich wird. Doch abgeklärt erwidert sie die kokette Figur mit neckischem Rocksaumschwingen. Drei Lagen Tüll zählt Maja Neubauer an ihrem Rock, die 17-Jährige aus Stuttgart ist mit ihrem vier Jahre älteren Freund Jan Pfister aus Albershausen hier. Beide kamen durch ihre Eltern zum Square Dance und finden den Workshop große Klasse. Der gleichen Meinung ist Selina Seitz aus Beuren, die 15-Jährige tanzt seit einem Jahr bei den „Häbbie Hibbos“ mit.