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Bätscher, Bertoldswein und Bürokratie

Sehr gut besuchter Zehntweintrunk – Bürgermeister Züfle regt kombinierte Turn- und Festhalle an

Jährlich im Herbst wird in Weilheim „ein ziemlich bescheidentlicher Trunk“ eingenommen. Das Ereignis ist aus dem 18. Jahrhundert überliefert. Heute dankt die Stadt mit dem Zehntweintrunk den haupt- und ehrenamtlich Engagierten. Dazu gibt es einen Rück- und Ausblick des Bürgermeisters.

Zehntweintrunk in der Weilheimer Limburghalle: Die Stadtkapelle Weilheim spielt vor rund 300 Zuhörern.Foto: Peter Dietrich
Zehntweintrunk in der Weilheimer Limburghalle: Die Stadtkapelle Weilheim spielt vor rund 300 Zuhörern.Foto: Peter Dietrich

Weilheim. Noch nie, sagte Bürgermeister Johannes Züfle den rund 300 Gästen in der Limburghalle, sei ihm die Auswahl so schwer gefallen. Es gebe viele Themen, und sie würden mit Vehemenz auftreten. Züfle entschied sich für Asyl, Schwimmen und Festen und ehrenamtliches Engagement. Zuvor gab er einen kurzen Rückblick über das vergangene Jahr, vom neuen zentralen Bushalt über die Innenstadtoffensive bis zum neuen Jugendtreff und aufgewerteten Mehrzwecksportfeld. Viele der Maßnahmen gehörten zur „Auslastung der vorhandenen Infrastruktur“. Auf das Strategische Entwicklungskonzept 2020 folge nun ein neues mit dem Horizont für 2025, am Dienstag soll es im Gemeinderat beschlossen werden.

Weilheim hat nichts zurückgelegt, braucht aber zur Sanierung von drei großen Einrichtungen 7,2 sowie zwei Mal 2,4 Millionen Euro: für die Limburghalle, das Freibad und die Turnhalle der Limburgschule. Die Infrastruktur bröckelt, aber das Geld fehlt – was tun? Nach Bürgerbefragung, Planungswerkstatt und zwei Bürgerversammlungen folgen noch in diesem Jahr städtebauliche Prüfungen, Untersuchungen zu laufenden Kosten, Parkierung und Lärm, und die Analyse eines Bäderplaners.

„Wollen wir wirklich sieben Millionen Euro in ein über 50 Jahre altes Gebäude investieren, das doppelt so groß ist wie das, was wir eigentlich benötigen?“ fragte Züfle. Er bezog sich dabei auf die unbenutzten Nebenräume der Limburghalle. Im Keller gibt es sogar eine Kegelbahn. Züfle regte auch an, Grundschulsporthalle und Festhalle kombiniert zu denken: „Warum zwei Hallen bauen, wenn uns eine reichen würde?“ Und: „Setzen wir die Priorität bei vier Monaten Badespaß im Sommer oder beim Schulschwimmen über das ganze Jahr?“ Züfle bat, diese Fragen ergebnisoffen zu diskutieren, und das sachlich und fair zu tun. Er klagte über ein aktuelles Flugblatt, in dem „in polemischen Halbsätzen ganz gezielte Unterstellungen, insbesondere gegen meine Person, aber auch gegenüber dem Gemeinderat geäußert werden“.

Die Entscheidung für die Flüchtlingsunterkunft am Lindachstadion hält Züfle auch im Rückblick für richtig. Er lobte die beeindruckende Hilfsbereitschaft in der Stadt und holte die Aktiven des Arbeitskreises Asyl auf die Bühne. „Geht mal in die Unterkunft, sprecht mal mit den Leuten“, forderte dessen Sprecher Jochen Ziegler auf. „Ganz viele Befürchtungen haben sich in Nichts aufgelöst.“ Doch manchmal knirsche es auch. Da wollten zwei Ehrenamtliche mit Hilfe von Sponsoren in der Unterkunft WLAN einrichten, doch der Landkreis erlaubte es nicht. Dann sei es am Standort zwar zulässig, Container aufzustellen – doch das Pflanzen von Tomaten und Gurken in einem eigenen kleinen Garten scheitere an bürokratischen Hürden. Zieglers aktueller Wunsch ist ein Raum, in dem bis zu 40 Menschen feiern können, auch mal etwas lauter.

Kurz wurde Züfle persönlich, erzählte von der Geburt seiner Tochter Martha Sophie. Trotz viel Freude sei mit ihr die demografische Misere Weilheims noch nicht beseitigt. „Da sind erst mal andere dran, ich bin jetzt fertig.“ Kraftquellen sind für Züfle die vielen ehrenamtlich engagierten Weilheimer. Erika Jahke bringt es, zählt man nur ihre wichtigsten Aufgaben, auf bisher 66 Jahre Ehrenamt: 29 Jahre als Bereitschaftsführerin beim Deutschen Roten Kreuz, 14 Jahre als Leiterin der städtischen Seniorenstube, 15 Jahre als Vorsitzende und Geschäftsführerin des Seniorenforums und acht Jahre als ehrenamtliche Geschäftsführerin des Sozialen Netzes Raum Weilheim. Eigentlich hatte Züfle die Übergabe des Bundesverdienstkreuzes geplant. Doch er hatte die Rechnung ohne Ministerpräsident Winfried Kretschmann gemacht. Er bestand darauf, Erika Jahke persönlich zu ehren, am 5. Dezember in Stuttgart. So gab es vorab nur Dank und einen Blumenstrauß – gefolgt von weiteren Stücken der Stadtkapelle, Bertoldswein und Bätschern.