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Bauern wollen nicht der Buhmann sein

Politik Der Besuch hat sich gelohnt: Aus erster Hand erfuhr Landwirtschaftsminister Peter Hauk auf dem Sulzburghof in Unterlenningen, wo die Bauern rund um die Teck der Schuh drückt. Von Iris Häfner

Besuch im Kuhstall: Peter Hauk schaut sich mit Michael Hennrich und Karl Zimmermann (von rechts) den Sulzburghof an. Foto: Marku
Besuch im Kuhstall: Peter Hauk schaut sich mit Michael Hennrich und Karl Zimmermann (von rechts) den Sulzburghof an. Foto: Markus Brändli

Die Hitze macht den trächtigen Kühen zu schaffen. Sie liegen im abgetrennten Strohbett, während im großen Laufstall dahinter die weiteren Herdenmitglieder gemächlich umherlaufen und nach den letzten Heuhalmen an der Futterraufe hangeln. Im großen Mittelgang stellt Michael Kuch seinen Betrieb Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk vor. Mit von der Partie sind der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich, der Landtagsabgeordnete Karl Zimmermann, beide CDU, sowie andere Gäste.

Zum Besuch der Backstube und des Hofcafés kommt es nicht, denn unter den großen Sonnenschirmen auf der Terrasse warten schon viele Landwirte auf „ihren“ Minister, um ihm zu sagen, wo sie der Schuh drückt. Siegfried Nägele, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, bekommt das Wort übertragen. „Ein Riesenproblem im Kreis Esslingen ist der Flächenverbrauch. Bei den Kommunen herrscht Goldgräberstimmung. Wenn das so weitergeht, sind wir überbaut bis zu den Steillagen. Diese Entwicklung wird uns irgendwann massiv einholen“, befürchtet er. Die Landwirte sind es leid, immer der Buhmann zu sein. Als Stichwort nennt er das Insektensterben. Die Ursachen dafür seien nicht geklärt. Erderwärmung, Lichtsmog oder Funkwellen könnten neben Insektiziden genauso mitverantwortlich sein. „Wir sind dringend auf die Unterstützung der Politik angewiesen“, so Nägele.

Dass der Verbraucher vollkommen abgekoppelt ist von der Nahrungsmittelproduktion, sieht der Minister als einen der Konfliktpunkte. Wären die Deutschen bereit, so viel für Essen auszugeben wie nach dem Krieg - das doppelte bis dreifache - bräuchte es keine Subventionen. „Nachdem das - noch? - nicht so ist, braucht es die Subventionen“, so Peter Hauk. Wer eine offene und damit artenreiche Landschaft will, ist auf die Landwirtschaft angewiesen. „Wir haben im Schwarzwald in manchen Gemeinden 95 Prozent Bewaldung. Waldgrün bis zum Ort freut vielleicht den Förster, aber zu viel Wald ist auch schädlich“, sagt Peter Hauk, einst Leiter des Forstamts Adelsheim.

Hans Ederle, Landwirt aus Bissingen, ärgert die baden-württembergisch-spezifische Genauigkeit. Vier Stellen hinter dem Komma müssen die Bauern auf ihren Anträgen bei Flächensubventionen angeben, in allen anderen Bundesländern reichen zwei Stellen. 30 Zentimeter Ackerstreifen hatte er zu viel angegeben, die prompt vom Landratsamt abgezogen wurden. Ähnlich erging es seinem Kollegen vom Berghof in Deizisau. Der hatte sogar eine Blühmischung am Rand seines Kartoffelackers ausgesät - und die Insektenweide wurde ihm ebenfalls herausgerechnet. „Sie haben Recht. Vier Stellen hinter Komma braucht es nicht. Alles, was unter einem Meter liegt, spielt keine Rolle“, stellte der Minister klar. Bis zu ihm ist nachhaltig vorgedrungen, dass „das Landratsamt Esslingen für seine hohe Maßgenauigkeit bekannt ist“.

Bahn und Straßenbauämter mähen zu wenig, sodass sich giftige Pflanzen wie Jakobskreuzkraut oder Herbstzeitlose stark verbreiten und in die Nahrungskette von Nutztieren - und somit auch in Honig - gelangen, prangert Martin Schnerring vom Haldenhof in Balzholz an.

Das Thema Wolf wurde ebenfalls angesprochen. „Die Tierhalter brauchen dringend eine Absicherung“, fordert Siegfried Nägele. Jeder will glückliche Kühe und Schafe auf der Weide sehen. Doch je größer die Gefahr durch den Wolf wird, desto weniger werden Tiere draußen gehalten. „Der Wolf frisst kein Gras. In Weidegebieten haben die Grasfresser Kuh, Pferd, Schaf und Ziege Vorrang. Der Wolf muss dort um sein Leben fürchten, weil er bejagt wird. Gerissene Rehe sind nicht wo wichtig, auch wenn die Jäger darüber nicht glücklich sind“, stellte Peter Hauk die Position der CDU dar.

In der Koalition mit den Grünen sei man diesbezüglich im Dialog. „Im Interesse der Artenvielfalt müssen die Grasfresser geschützt werden, denn Raubtiere sind dafür weniger geeignet, die Landschaft offen zu halten - auch nicht der Mensch“, so der Minister.