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Bei Kögel und Karstadt leeren sich die Regale

Handel Bald schließen in der Esslinger Innenstadt zwei große Player im Einzelhandel ihre Tore. Wie realistisch ist es, für die Flächen Nachfolger zu finden? Von Gre­ta Gram­berg

Ein we­nig trost­los stellt sich die La­ge für die Stamm­kun­den von Kö­gel und Kar­stadt in Ess­lin­gen der­zeit wohl dar: In den Schau­fens­tern und von den De­cken hän­gen grell­bun­te Schil­der mit Ra­bat­ten und Sprü­chen wie „Al­les muss raus“, wäh­rend die Re­ga­le und Klei­der­stan­gen dar­un­ter teil­wei­se leer ge­räumt und die Pup­pen in den Schau­fens­tern nackt sind. Kar­stadt will nun nicht En­de des Mo­nats, son­dern schon am 17. Ja­nu­ar zum letz­ten Mal öff­nen, weil laut Ge­schäfts­lei­tung der Fi­lia­le die Be­stän­de zur Nei­ge gin­gen. Alex­an­der Kö­gel plant der­zeit, am Abend des 27. Ja­nu­ars end­gül­tig die Pfor­ten zu schlie­ßen.

Positive Signale von der Stadt

An­ge­sichts der Schlie­ßung die­ser zwei gro­ßen Play­er stimm­ten Pes­si­mis­ten in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten be­reits den Ab­ge­sang auf den Ess­lin­ger Ein­zel­han­del an. Doch von der Stadt und von Kö­gel kom­men in die­sen Ta­gen po­si­ti­ve Si­gna­le. Der Mo­de­haus­chef ist gu­ter Din­ge, dass schon im Früh­jahr auf ei­nem Teil sei­ner Flä­chen Nach­mie­ter neu er­öff­nen.

Laut der Ci­ty­ma­na­ge­rin Ca­ri­na Kil­ler ist der Leer­stand in Ess­lin­gen nicht so dra­ma­tisch, wie es manch­mal er­schei­nen mag. Wa­ren es 2019 – vor der Pan­de­mie – zehn bis 14 Pro­zent, so sei­en es im ver­gan­ge­nen Jahr zehn bis 13 Pro­zent der La­den­flä­chen ge­we­sen. Um Leer­stand zu ver­mei­den und zu ver­rin­gern, su­che das Ci­ty­ma­nage­ment früh Kon­takt zu den Im­mo­bi­li­en­ei­gen­tü­mern. Ins­be­son­de­re bei Flä­chen bis 80 Qua­drat­me­tern sei es oft ge­lun­gen, schnell Nach­fol­ger zu fin­den. „Wir ha­ben Glück in Ess­lin­gen. Es ha­ben ei­ni­ge in­ter­es­san­te Ge­schäf­te neu er­öff­net“, sagt Kil­ler.

Das spie­gelt ei­ne all­ge­mei­ne Ent­wick­lung wi­der: Der Be­darf an klei­ne­ren Flä­chen sei grö­ßer, sagt Carina Kil­ler wei­ter. In der Ka­te­go­rie Kö­gel oder Ga­le­ria mit 3000 bis 5000 Qua­drat­me­tern Fläche wer­de es mut­ma­ß­lich schwie­ri­ger, al­les eins zu eins mit Ein­zel­han­del nach­zu­be­set­zen. Es ge­be nur we­ni­ge Un­ter­neh­men, die Flä­chen die­ser Grö­ße be­spiel­ten und ex­pan­dier­ten. „Wir sind be­müht, dass wir die Flä­chen zu­min­dest zum Teil mit Ein­zel­han­del und Tex­til nach­be­set­zen“, sagt die Ci­ty­ma­na­ge­rin.

Rechtsstreit geht weiter

Alex­an­der Kö­gel selbst ist gu­ter Din­ge, für sei­ne Im­mo­bi­li­en Nach­nut­zer zu fin­den. „Ich bin re­la­tiv weit mit den Nach­ver­mie­tungs­ge­sprä­chen, ob­wohl die Bran­che ein hal­bes Jahr vor­her Wa­ren ein­kauft.“ In das Ge­schäft in der Bahn­hof­stra­ße, in dem Mo­de für ei­ne jün­ge­re Ziel­grup­pe ver­kauft wur­de, könn­te be­reits im Früh­jahr ein Nach­fol­ger ein­zie­hen. Beim Mo­de­haus am Post­mi­chel­brun­nen wer­de es schwie­ri­ger. Er sei nicht op­ti­mis­tisch, dass es noch 2024 ei­ne Neu­eröff­nung ge­ben wer­de. Un­ter an­de­rem steht ein Ein­zug der Bü­che­rei zur De­bat­te. In die­sem Jahr will die Stadt­ver­wal­tung das The­ma in den Ge­mein­de­rat ein­brin­gen.

Der­weil geht der Rechts­streit in der Kar­stadt-Miet­sa­che zwi­schen dem Wa­ren­haus­kon­zern und dem Im­mo­bi­li­en­eig­ner BPI wei­ter, ob­wohl klar ist, dass die Fi­lia­le ge­schlos­sen wer­den soll. Am 1. März ist ein Ter­min am Land­ge­richt Stutt­gart an­ge­setzt. Wie die Flä­chen wei­ter­ge­nutzt wer­den, liegt bei BPI. Die Stadt hat­te ei­nen Ein­zug der Volks­hoch­schu­le ins Spiel ge­bracht.

Weitere Konsolidierung erwartet

Und wie steht es um den Ein­zel­han­del an sich in Ess­lin­gen? Das Weih­nachts­ge­schäft sei spät an­ge­lau­fen. In­fol­ge des Kon­junk­tur­ab­schwungs und der In­fla­ti­on sei ei­ne Kauf­zu­rück­hal­tung zu ver­zeich­nen, sagt Kil­ler. Für die Zu­kunft er­war­te sie, dass in Be­rei­chen, in de­nen der On­line­han­del be­reits stark ver­tre­ten ist, ei­ne wei­te­re Kon­so­li­die­rung ein­set­zen wer­de. Doch der sta­tio­nä­re Ein­zel­han­del wer­de fort­be­stehen. Die Ci­ty­ma­na­ge­rin sieht Mo­del­le wie Ge­nos­sen­schaf­ten oder Mi­xed-Use-Flä­chen im Kom­men, bei de­nen Han­del und Gas­tro­no­mie oder Dienst­leis­tung in ei­nem Ge­schäft zu­sam­men­ge­hen. Auch Alex­an­der Kö­gel sieht ei­ne Zu­kunft für sei­ne Mit­be­wer­ber. „Ich glau­be an den sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­del, nur nicht an un­se­re Be­triebs­grö­ße.“ Das Ge­schäft in sei­nen Mo­de­lä­den war sei­ner Aus­sa­ge nach in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten gut. „Seit die Nach­richt raus ist En­de Ju­ni, er­fah­ren wir viel Un­ter­stüt­zung“, so Kö­gel.

Und was macht er selbst nach der Schlie­ßung? Er sei noch nicht da­zu ge­kom­men, sich et­was zu über­le­gen. Er wis­se nur, dass er ar­bei­ten wol­le und müs­se, so der 52-Jäh­ri­ge. Und er wol­le in Ess­lin­gen blei­ben und zu­min­dest ein paar Eh­ren­äm­ter be­hal­ten, et­wa das Amt als Stadt­rat. „Ich will mich zur Kom­mu­nal­wahl wie­der auf­stel­len las­sen.“