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Bei Südrad wehen neue Fahnen

Übernahme Der US-Automobilzulieferer Accuride hat den Felgenhersteller Südrad aus Ebersbach gekauft.

Ebersbach. Die Firma Südrad in Ebersbach segelt seit vergangener Woche unter neuer Flagge. Der US-Automobilzulieferer Accuride gab die Übernahme der deutschen Unternehmensgruppe Mefro Wheels, zu der der Felgenhersteller aus Ebersbach gehört, vor einigen Tagen bekannt. Zugleich informierten Vertreter der Geschäftsführung von Accuride und Mefro Wheels in einer Betriebsversammlung die Belegschaft. Stillschweigen bewahrt Accuride bisher über den Preis, den das Unternehmen für Mefro Wheels bezahlte. Von einem Abbau von Arbeitsplätzen in Ebersbach soll in der Versammlung keine Rede gewesen sein.

Der neue Eigentümer Accuride mit Sitz in Evansville im US-Bundesstaat Indiana, verschafft sich durch die Übernahme Zugang zu neuen Absatzmärkten. „Wir verdoppeln nicht nur unser Rad-Kerngeschäft, sondern wir gewinnen Zugang zum europäischen Automobilmarkt und der globalen Offroad-Sparte, wodurch Möglichkeiten zum Wachstum entstehen“, teilte Accuride-Vorstand Rick Dauch mit. Das nordamerikanische Unternehmen stellt nach eigenen Angaben Räder und andere Komponenten für Nutzfahrzeuge her. Die Mefro-Wheels-Gruppe mit Sitz in Solingen produziert an acht Standorten weltweit Stahlfelgen. Südrad in Ebersbach stellt ebenfalls Felgen aus Stahl her.

Im Zuge der Übernahme, scheint es eine personelle Veränderung bei der Führung des Werks in Ebersbach gegeben zu haben. Dem Vernehmen nach stellte sich Michael Rohr in der Betriebsversammlung als neuer Geschäftsführer vor. Rohr war früher technischer Geschäftsführer des Mefro Räderwerks im thüringischen Ronneburg. Er löst den früheren Geschäftsführer von Südrad, Johannes Kuron, ab. Ein Eintrag beim sozialen Netzwerk Xing deutet darauf hin, dass Kuron künftig das Europa- und Asiengeschäft der einstigen Mefro Wheels mit verantwortet.

Entlassungen nicht geplant

Die Firma Südrad war in den vergangenen Jahren mehrmals in Schwierigkeiten geraten. Arbeiteten in den 90er-Jahren noch rund 600 Menschen für das Unternehmen, ist die Zahl der Mitarbeiter heute nur noch etwa halb so groß. Der Stellenabbau setzte sich fort, nachdem Mefro Wheels die Firma übernahm. Die Unternehmensgruppe entließ 2015 rund 40 Mitarbeiter und kündigte im Jahr darauf einen weiteren Abbau von Stellen an. Gegen den Niedergang des größten Arbeitgebers von Ebersbach gingen 2016 mehrere Betriebsräte von Südrad auf die Barrikaden. Die Arbeitnehmervertreter warfen der Geschäftsführung im Februar 2016 schwere strategische Fehler mit einem „Sterben auf Raten“ vor. Ob es mit dem neuen Eigentümer besser wird, wird sich zeigen: Accuride selbst soll 2009 Insolvenz angemeldet und diese 2010 überwunden haben.

Von einer Entlassung von Mitarbeitern soll bei der Betriebsversammlung in der vergangenen Woche keine Rede gewesen sein. Trotzdem keine Entwarnung: Angeblich sollen die Werke von Mefro Wheels und das Werk der früheren Firma Südrad in den kommenden 90 bis 120 Tagen unter Beobachtung der neuen US-Führung stehen. Was nach Ablauf dieser Zeit geschehen könnte, ist derzeit offen.

Nach Angaben von Accuride ist die Übernahme von Südrad und der Firmengruppe Mefro Wheels ein Jahr vorbereitet worden. Das US-Unternehmen gibt an, den Kauf am 19. Juni 2017 vereinbart zu haben. Aus Südrad-Kreisen ist zu hören, dass in den vergangenen Monaten wiederholt Mitarbeiter von Accuride im Werk in Ebersbach unterwegs waren.

Mit der Übernahme von Südrad endet eine über 50-jährige Ära in Ebersbach, mittlerweile auch deutlich sichtbar. Anstelle des vertrauten Logos - einem großen, blauen Rad mit rotem Schriftzug - wehen schon drei Fahnen mit dem Namen des neuen Besitzers Accuride auf dem Dach.Tobias Flegel