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Beim neuen Betreiber hakt es weiterhin

Neckar-Alb-Bahn Fahrgäste sind verärgert: Seit der Umstellung von der DB auf Abellio hat die Pünktlichkeit stark nachgelassen – eine Ursachenforschung. Von Barbara Gosson

Ein Zug von Abellio im Wendlinger Bahnhof: Die Umstellung verlief etwas holprig.Foto: Jürgen Holzwarth
Ein Zug von Abellio im Wendlinger Bahnhof: Die Umstellung verlief etwas holprig. Foto: Jürgen Holzwarth

Ana Maria Blanco ist sauer. Sie lebt in Reudern und ­arbeitet als ­Lehrerin in Plochingen. Da sie kein Auto besitzt, fährt sie seit zehn Jahren mit dem Zug zur Arbeit. Seit die Neckar-Alb-Bahn von ­Abellio ­betrieben wird, hat sie allerdings das Vertrauen verloren. Wegen Zugausfällen kam sie zu häufig zu spät, ihr Arbeitgeber drohte mit Abmahnung. Nun überlegt sie sich sogar, eine Petition einzureichen.

Als Blanco nachfragte, wurde ihr mitgeteilt, dass die Züge unpünktlicher sind, weil die Strecke nun statt bis Stuttgart bis nach Osterburken nördlich von Heilbronn geführt wird. Normalerweise verlässt sie um 6.30 Uhr das Haus, nimmt in Nürtingen den Zug, damit sie um 7.10 Uhr in Plochingen am Bahnhof und zehn Minuten später an der Schule ist, wo der Unterricht um 7.45 Uhr beginnt. Eigentlich ein gutes Zeitpolster, das jedoch wegen der Zugausfälle nicht reichte.

Ein alternativer Weg würde ab 6.19 Uhr über Kirchheim führen, damit Blanco um 7.20 Uhr in Plochingen ist. Über eine Stunde Weg für eine Strecke, die mit dem Auto kaum länger als 20 Minuten dauert, empfindet Blanco jedoch als Zumutung. „Ich kann doch nicht noch einen früheren Zug nehmen, um auf Nummer sicher zu gehen. Das Ziel sollte doch sein, dass man sich auf das Verkehrsmittel verlassen kann.“

Ist Abellio wirklich unpünktlicher als die Bahn? Und wenn ja, woran liegt es? Darauf gibt es mehrere Antworten, von Personal­mangel über fehlende Züge bis hin zum Fahrplan. Abellio schreibt dazu auf eine Anfrage: „Der Fahrplan ist vor allem auf den Linien RE 10 a/b und RB 18 durch kurze Wendezeiten und das Stärken beziehungsweise Schwächen von Fahrzeugen in Heilbronn recht sportlich. Verspätungen ­können dadurch nur mühsam wieder reingefahren werden.“ Nicht immer erreichen die Züge ihr Ziel, manchmal drehen sie vorher um, damit wenigstens die nächsten Verbindungen pünktlich sind. Die Passagiere müssen dann auf den nächsten Zug warten. Wegen der Durchbindung der Züge aus Heilbronn über Stuttgart steige die ­Gefahr, dass sich Störungen von anderen Strecken übertragen. ­Alleine zwischen dem Betriebsstart am 14. Juni und dem 26. Juli fielen 31 Züge zwischen Nürtingen und Wendlingen aus.

Laut Abellio schwanken die Pünktlichkeitswerte der drei Linien RB 18, RE 10 a/b sowie IRE 6 auf der Neckar-Alb-Bahn seit der Betriebsaufnahme sehr stark. Die Gründe dafür sind laut Abellio ganz unterschiedlich: „Infrastruktur­bedingte Störungen und Fremd­einwirkungen, die den Fahrbetrieb behindern: Oberleitungs-, Signal-, Stellwerk- und Bahnübergangsstörungen, Vorfälle mit Personen und Gegenständen im Gleis, eine Bombendrohung an einem Bahnhof. Hinzu kamen Störungen an Leihfahrzeugen. Die diversen infrastrukturellen Schwachstellen im Netz sorgen zusätzlich für eine erhöhte Verspätungsanfälligkeit.

Situation soll sich ändern

Wer hat diesen Fahrplan erstellt? Aus der Pressestelle des Verkehrsministeriums kommt die Antwort, dass der Fahrplan von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) entwickelt und mit DB Netz ausgearbeitet wurde. „Der Fahrplan war Bestandteil der Ausschreibung, worauf Abellio ein Angebot abgegeben hat. Hätte das ­Unternehmen Zweifel an der Fahrbarkeit gehabt, hätte es im Rahmen des Verfahrens dies gegenüber dem Aufgabenträger mitteilen können und müssen. Mit der Angebots­abgabe hat Abellio den Fahrplan akzeptiert“, sagt der Ministeriumssprecher.

Doch was tut das ­Ministerium, um die Pünktlichkeit zu erhöhen? „Die NVBW beobachtet das Geschehen genau. Insbesondere die Durchbindung über den verspätungsanfälligen Knoten Stutt­gart erhöht die Gefahr, dass Verspätungen mitgeschleppt werden. Daher wird geprüft, ob künftig die kurzen Wendezeiten in Tübingen verhindert und Pufferzeiten eingebaut werden können“, heißt es. Auch bei Abellio wird daran gearbeitet, die Situation zu verbessern. So wurden die Leihfahrzeuge zur Instandhaltung gebracht und das Unternehmen hat ein Ersatzkonzept auf die Beine gestellt - auch mit Unterstützung der DB, die Fahrzeuge zur Verfügung stellt. Dadurch würden alle Züge fahren, die das Land bestellt habe. Auch die DB habe sich auf den auslaufenden Vertrag und den Betreiberwechsel vorbereitet und hätte die Strecke nicht weiter bedienen können, da nicht mehr alle Fahrzeuge und Personal zur Verfügung standen. Man habe nicht früher gewusst, dass Abellio die Züge nicht bekommt.