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Bier verspricht neun Prozent „Zins“

Marc Schmidt und Felix Ungerer planen nichts Geringeres als die „Braurevolution“

Brauer aus Leidenschaft: Als solche verstehen sich die beiden Jungunternehmer Felix Ungerer und Marc Schmidt. Mit genau dieser Leidenschaft, die sie für ihr Handwerk empfinden, wollen sie „ehrliche“ Biere brauen, „in kleinen Auflagen“. Kunden können auch ihr eigenes Bier mit eigenem Etikett bestellen.

„Braurevolution“ - unter diesem Namen wollen die beiden Jungunternehmer Markus Schmidt und Felix Ungerer (rechts) eigenes, handw
„Braurevolution“ - unter diesem Namen wollen die beiden Jungunternehmer Markus Schmidt und Felix Ungerer (rechts) eigenes, handwerklich gebrautes Bier vermarkten. Sie garantieren eine Vielfalt an Sorten einschließlich individuell gebrauter Biere auf Bestellung.Foto: Jean-Luc Jacques

Andreas Volz

Kirchheim/Notzingen. Handwerklich gebrautes Bier liegt im Trend. Es folgt einer Entwicklung in der gesamten Lebensmittelbranche: hin zum Lokalen oder allenfalls Regionalen. Nicht nur Hersteller, sondern auch Kunden können sich mit dem Produkt identifizieren, weil es vor Ort hergestellt wird und weil man sich gegenseitig kennt. Das ist der große Unterschied zur industriell hergestellten Massenware.

Letzteres ist auch ein wichtiger Grund, warum sich die beiden gelernten Brauer und Mälzer voll Enthusiasmus in das Risiko der Selbständigkeit stürzen. „So können wir offen und kreativ sein“, sagt der 26-jährige Marc Schmidt, „wir können brauen, was wir wollen, und unseren Beruf voll ausleben. Wir müssen nicht in großen Mengen produzieren und dabei den ganzen Tag am Computer arbeiten.“ Das wäre eine Horrorvorstellung – die Vorstellung von der Arbeit im Dienst eines großen Brauereikonzerns.

Dass sie ihr Handwerk verstehen, stellten die beiden bei einem Informationsabend in der Kirchheimer Stiftsscheuer unter Beweis: Felix Ungerer, 25, hat in der Gasthausbrauerei bei Michael Attinger seine Lehre absolviert und 2014 sogar als Landesbester abgeschlossen. Seinem interessierten Publikum berichtete er nun davon, dass die künftige „Craft-Bier“-Brauerei zwei Standorte haben soll. Der Würze- oder Heißbereich mit den Kupferkesseln ist in der Stiftsscheuer in Kirchheim angesiedelt. Der Kaltbereich dagegen – mit den Tanks für Gärung und Lagerung sowie mit der Abfüllanlage – befindet sich in Notzingen im „alten Schlecker“, in der Wellinger Straße 2.

Verkaufen wollen die beiden Brauer ihr Bier im Notzinger Laden, aber auch in der Stiftsscheuer. Die Preise lassen sich nicht mit Billigware vergleichen, denn es handelt sich ja auch nicht um Billigware. Der „normale“ Kasten Bier soll auf 25 Euro kommen. Zur besseren Einordnung dieses Preises meint Marc Schmidt: „Andere Craft-Bier-Brauer verkaufen den Kasten für 35 Euro.“ Felix Ungerer ergänzt: „Es gibt Großbrauereien, da kostet der Kasten 17 bis 19 Euro. Und wir machen wirklich alles von Hand.“ Auf das ganz große Geschäft sind die beiden ohnehin nicht aus: „Wir wollen uns damit nicht bereichern. Wir wollen nur Spaß an der Arbeit haben – und auch davon leben können.“

Dass das funktionieren wird, davon ist Jan Dietz überzeugt. Der Diplom-Betriebswirt und Unternehmensberater hat für die beiden Jungunternehmer den Business-Plan erstellt. „Das ist ganz solide geplant“, bemerkte er in der Stiftsscheuer und stellte den Brauern sowie möglichen Geldgebern bereits ab 2016 einen kleinen Gewinn in Aussicht.

Als Geldgeber kommen – ähnlich wie schon bei der Stiftsscheuer – 50 Anteilseigner in Frage, deren Anteil in einem Genussschein besteht. Für 1 000 Euro erhalten sie monatlich fünf Biermarken. Eine Marke hat den Gegenwert einer Flasche Bier. Bei 60 Flaschen und einem Preis von 1,50 Euro pro Flasche entspräche das einer jährlichen Ausschüttung im Wert von 90 Euro, womit die „Verzinsung“ bei beachtlichen neun Prozent liegt.

Stiftsscheuer-Wirt Michael Attinger meinte im Scherz, dass aus seinem einstigen Stift nun ein Konkurrent wird. Allerdings sind die beiden Brauer, die unter dem Namen „Braurevolution“ antreten wollen, eher Geschäftspartner oder „Untermieter“ denn Konkurrenten für ihn. Immerhin müssen sie sich gemeinsam gegen die große Konkurrenz wehren. Michael Attinger zufolge wollen die Konzerne mittlerweile gerade den kleinen handwerklich orientieren Brauern den „Craft-Bier-Markt“ streitig machen.