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Biomüll macht die Wohnung warm

Kooperation Die Landkreise Esslingen und Böblingen feiern den Wiederaufbau der gemeinsamen Vergärungsanlage in Leonberg, die vor drei Jahren abgebrannt ist. Aus Bioabfall entsteht Gas fürs Fernwärmenetz. Von Bernd Köble 

Die Bodenplatte steht schon. Im Herbst 2024 soll die neue Biomüll-Vergärungsanlage an der A 8 bei Leonberg fertig sein. Mit geschätzten Gesamtkosten von rund 44 Millionen Euro als größte kommunal betriebene Anlage dieser Art in Baden-Württemberg. Mit dem offiziellen Baustart am Donnerstag nehmen auch die Pläne der beiden Partnerlandkreise Esslingen und Böblingen, die in der Nacht auf den 11. September 2019 in Flammen aufgegangen waren, wieder Fahrt auf. Bis heute sind die Ursachen des verheerenden Großbrands, der das Werk vollständig zerstörte, ungeklärt. Noch im Oktober hatten die Vertreter beider Landkreise ihren Willen zum sofortigen Wiederaufbau an selber Stelle bekräftigt.  

Drei Jahre und etliche Genehmigungsverfahren später ist es nun so weit. Mit einer Kapazität von bis zu 72 000 Tonnen Biomüll und Grünabfällen aus beiden Landkreisen ist die Anlage größer als vor dem Brand. Eine Erweiterung war bereits vor der Katastrophe im Frühjahr 2019 beschlossen worden. Esslingens Landrat Heinz Eininger bezeichnete es beim Festakt zum Baubeginn als richtig, an den gemeinsamen Plänen festgehalten zu haben. „Wir haben die Gelegenheit genutzt, eine neue, größere Anlage aus einem Guss zu errichten“, sagte Eininger. Sein Böblinger Kollege Roland Bernhard verwies auf den energiewirtschaftlichen Nutzen der Anlage: Die aktuelle Energiekrise mache schmerzhaft deutlich, wie sehr man von ausländischem Gas abhängig sei. „Wir müssen uns um die eigene Energiesicherheit selber kümmern. Dazu haben wir auf kommunaler Ebene viele Gestaltungsmöglichkeiten.“

Aus Biogas wird Methan

Durch die Vergärung von Bioabfällen sollen in Leonberg jährlich 8,1 Millionen Kubikmeter Bio­gas gewonnen werden, was einer Energieleistung von rund 46 200 Megawattstunden entspricht. Etwa ein Fünftel dieser Energie soll über ein Blockheizkraftwerk den eigenen Strom- und Wärmebedarf der Anlage decken. Der Rest des gereinigten Bio­gases strömt über eine Leitung ins benachbarte Sindelfingen, wo die Stadtwerke auf dem Gelände der ehemaligen Kreismülldeponie im nächsten Jahr für 6,8 Millionen Euro eine Anlage zur Umwandlung in Methan bauen wollen. Das so aufbereitete Gas soll danach direkt ins städtische Fernwärmenetz eingespeist werden. Was beim Vergärungsprozess an Feststoffen übrig bleibt, wandert nach Kirchheim und wird dort im kreis­eigenen Kompostwerk zu Qualitätskompost verarbeitet und verkauft.  


Kreis Esslingen trägt ein Drittel der Restkosten

Die Gesamtkosten in Höhe von 44 Millionen Euro beim Bau der neuen Vergärungsanlage in Leonberg sind knapp zur Hälfte mit Geld aus der Brandschutzversicherung gedeckt. Dazu kommen 4,8 Millionen Euro Fördermittel vom Bund. Die Restsumme in Höhe von etwa 18 Millionen Euro müssen die beiden Partnerlandkreise Esslingen und Böblingen entsprechend ihren Geschäftsanteilen im seit 1994 bestehenden Kooperationsvertrag unter sich aufteilen. Der Kreis Esslingen trägt mit 35 Prozent demnach etwa ein Drittel der Kosten.
Der Landkreis Esslingen beliefert die Vergärungsanlage in Leon­berg mit etwa 22 000 Tonnen Biomüll und Grünschnitt pro Jahr. Im Kompostwerk in Kirchheim können seit der Inbetriebnahme 1996 jährlich bis zu 60 000 Tonnen verarbeitet werden. Seit dem Brand in Leonberg wurde die Menge an Biomüll aus dem Kreis Böblingen auf 20 000 Tonnen pro Jahr erhöht. bk