Weilheim · Lenningen · Umland
Blick in eine unsichere Zukunft

Pandemie Raus aus der Schule, rein ins richtige Leben? Drei Abiturienten und Abiturientinnen aus Kirchheim und Umgebung erzählen von ihren Erfahrungen, Plänen und Wünschen nach dem “Corona-Abi“. Von Alicia Schaub

FSJ, Praktikum, Au Pair, Work and Travel oder doch gleich ein Studium? Nach dem Abitur stehen Schulabgängern und Schulabgängerinnen alle Türen offen. So heißt es zumindest. Den letzten zwei Abiturjahrgängen hat jedoch die COVID-19-Pandemie dabei einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Nicht nur zahlreiche Schulveranstaltungen wie Studienfahrt, Informationsveranstaltungen und Abiball sind ins Wasser gefallen. Auch nach dem Abschluss ist die besagte „große Freiheit“ für die ehemaligen Schüler und Schülerinnen nicht in Sicht. Die Schließung internationaler Grenzen verhindert das Erkunden fremder Länder, das Campusleben an Universitäten findet vorerst online statt und Menschenansammlungen sollten möglichst vermieden werden. Doch wie gehen die jungen Erwachsenen mit der außergewöhnlichen Situation um? 

Lilli Fischer, Abiturientin des Schlossgymnasiums, nutzt ihr „Gap Year“ für ein Au-Pair-Jahr in Madrid. Dies ist für die 18-Jährige aus Weilheim alles andere als selbstverständlich. „Es war sehr lange unsicher, ob das Ganze überhaupt stattfindet“, erzählt sie. Ursprünglich war ihr Plan nicht, nach Spanien zu reisen, sondern eine Gastfamilie in Irland zu finden. Dieser Traum entpuppte sich nicht als einfach: „Viele Familien haben aufgrund des Homeoffice keine Unterstützung im Haushalt oder mit den Kindern mehr gebraucht.“ Zudem führten die geschlossenen internationalen Grenzen dazu, dass immer weniger Länder für die gleichbleibende Zahl an jungen Menschen zur Verfügung standen. 

Auch Leo-Minh Kustermann, der ebenfalls das Schlossgymnasium besuchte, musste kurzfristig umplanen. Normalerweise wäre der Abiturient zur Zeit für ein halbes Jahr in Ecuador, um dort einen Internationalen Freiwilligendienst zu leisten. Doch aufgrund der aktuellen Situation war sein Auslandsaufenthalt noch nicht möglich. Geplant ist der Aufbruch nach Südamerika nun im Februar. Die Zeit dazwischen überbrückt der 18-jährige Kirchheimer mit einem Praktikum. „Ich habe 30 Stellen angeschrieben und nur eine positive Rückmeldung erhalten“, meint er. Grund dafür ist vor allem seine kurzfristige Bewerbung. Jedoch hat der Abiturient aus seiner Sicht noch Glück gehabt: „Andere hatten ihren Freiwilligendienst ein ganzes Jahr geplant und können jetzt, wie ich, nur ein halbes Jahr verreisen.“

Doch nicht alle Schulabgänger entscheiden sich für eine Pause vom Lernen. Viele beginnen auch sofort mit der beruflichen Weiterbildung. Sophia Wendt, Abiturientin des Plochinger Gymnasiums, hat sich nach ihrem Abschluss für ein Psychologie-Studium in Tübingen entschlossen. Ohne die Pandemie hätte sie nicht sofort studiert, aber eine Auslandsreise war ihr aufgrund von Corona zu ungewiss. Mit diesem Gedanken war sie nicht allein: „Der NC war sogar für Psychologie ungewöhnlich hoch. Man hatte sogar Schwierigkeiten, mit einem Schnitt von 1,3 einen Studienplatz zu ergattern.“ Beim Studium war ihr dann von Anfang an klar, dass das Meiste zunächst online stattfinden wird. „Meine Mitstudierenden habe ich bei den Klausuren zum ersten Mal gesehen.“ Trotzdem lobt sie ihre Universität für die Online-Angebote, um andere Studenten virtuell kennenzulernen.  

„Das beste draus machen“: Mithilfe dieses Mottos versuchen die Abiturienten und Abiturientinnen das Leben nach der Schule zu meistern. Die jungen Erwachsenen aus Kirchheim und Umgebung haben gezeigt, dass sie ihre Träume nicht so schnell aufgeben. Und wenn das „Corona-Abi“ die ehemaligen Schüler und Schülerinnen eine Sache gelehrt hat, dann Flexibilität und Spontanität.