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Bücherwurm pflegt Bücherzelle

Bildung Seit Juli steht vor dem Notzinger Rathaus eine Bücherzelle, die sich nach und nach füllt. Im Rathaus ist Lisa Nanique dafür zuständig. Von Katja Eisenhardt

Lisa Nanique liest am liebsten Liebesromane oder Fantasy und schreibt seit einigen Jahren auch recht erfolgreich Rezensionen. Si
Lisa Nanique liest am liebsten Liebesromane oder Fantasy und schreibt seit einigen Jahren auch recht erfolgreich Rezensionen. Sie ist die ideale „Bücherzellen-Patin“. Foto: Katja Eisenhardt

Wenn Lisa Nanique über ihre neue Aufgabe spricht, leuchten die Augen der 21-Jährigen. Seit zwei Jahren arbeitet die Verwaltungsfachangestellte im Einwohnermeldeamt (Bürgerbüro) des Notzinger Rathauses. Der direkte Kontakt zu den Bürgern ist ihr wichtig. Mitte Juli kam noch eine ganz anders geartete Aufgabe dazu: Lisa Nanique betreut fortan die neue Bücherzelle, die vor dem Rathaus ihren Platz gefunden hat und sich nach und nach mit Lektüre füllt.

Für die bekennende Leseratte bedeutet das nach eigenem Bekunden allerdings weniger Arbeit, sondern vielmehr eine zusätzliche Möglichkeit, das persönliche Hobby auszuleben. Unterhält man sich eine Weile mit der 21-Jährigen über ihre neue Aufgabe, wird schnell klar, als „Bücherzellen-Patin“ ist sie die beste Wahl. Seit sie selbst lesen kann, tut sie das auch ausgiebig. So richtig begann das Leseratten-Dasein in der Grundschule nach der Lektüre des bekannten Märchens „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen, erinnert sie sich. „Das war keine ganz einfache Geschichte und ich wollte schon damals genau verstehen, um was es dem Autor damit genau geht, was er erzählen möchte“, sagt die 21-Jährige. An dieser Einstellung habe sich bis heute nichts geändert.

Mit 14 startete Lisa Nanique eine eigene Rezensionsseite. Über Facebook und Instagram kann man sich von ihren Buchtipps inspirieren lassen, rund 4500 Abonnenten hat sie schon. Verlage und Autoren schicken ihr mittlerweile teils ihre Neuheiten zum Testlesen. Allein dieses Jahr hat die 21-Jährige bisher schon stolze 40 Bücher gelesen, bis Ende Dezember werden sicher noch so einige folgen. Zu ihren persönlichen Favoriten zählen dabei Liebesromane oder Werke aus dem Fantasy-Genre, „Krimis und Thriller sind mir oft zu gruselig.“ Spannung und Drama dürfe ihre Lektüre allerdings schon haben, „es braucht nicht immer ein Happy End, das wäre ja langweilig. So ist das wahre Leben schließlich auch nicht“, sagt Lisa Nanique und lacht.

Einen Trend gibt es noch nicht

Das erste Buch, das zur Öffnung der Bücherzelle seinen Platz auf den neu eingebauten Holzregalen in der grau umlackierten Telekom-Telefonzelle fand, hatte Bürgermeister Sven Haumacher ausgewählt: „Die Kunst des klugen Handelns“ von Rolf Dobelli fand schnell einen neuen Leser. Noch hat es Platz in den Regalen, in denen sich mittlerweile zahlreiche Romane, Krimis und Kinderbücher, aber auch Lexika oder Ratgeber aneinanderreihen. „Die Bücherzelle füllt sich gerade stetig. Immer wieder kommen Leute und bringen neuen Lesestoff. Viele davon nehmen dafür wieder andere Bücher mit nach Hause“, beobachtet Lisa Nanique den ständigen Wechsel in den Regalen. Eine klare Tendenz, was am bes­ten ankomme, erkenne sie derzeit noch nicht, vermutlich aber die Romane und Krimis. Daher ihr Tipp: „Wer ein Buch entdeckt, das ihn besonders interessiert, am besten direkt mitnehmen.“

Aktuell zählt sie im Schnitt sechs Personen pro Tag, die in der Bücherzelle stöbern, darunter auch Eltern mit ihren Kindern oder Schulkinder, die auf dem Weg zum Bus noch schnell vorbeischauen. Das spreche sich jetzt so nach und nach rum. „Für Notzingen ist das wirklich ein gutes neues Angebot, denn es gibt im Ort ja keine Bücherei“, findet Lisa Nanique. Zudem biete die Bücherzelle, bei der man die Bücher einfach nur ausleihen und wieder bringen oder auch kos­tenlos ganz mitnehmen kann, für alle die Möglichkeit, sich mit neuem Lesestoff zu versorgen. Gerade auch wenn der Geldbeutel es ansonsten nicht hergebe, ständig in die Buchhandlung zu gehen. „Lesen darf nicht nur ein Privileg für diejenigen sein, die es sich leisten können“, betont die 21-Jährige. Die Bücher selbst bekämen in der Bücherzelle als positiven Nebeneffekt eine Art zweite Chance, die sie vor der möglichen Entsorgung bewahre.

Die Bücherzelle ist sieben Tage die Woche durchgehend offen. Lisa Nanique schaut täglich, dass alles in Ordnung ist. Zudem achtet die 21-Jährige darauf, dass auch wirklich nur gut erhaltene Bücher in die Regale eingestellt werden und nicht etwa zusätzlich noch Zeitschriften, CDs, Videokassetten oder Ähnliches. Auch unter den Kollegen gebe es die eine oder andere Leseratte, die in der Mittagspause oder nach Dienstschluss gern mal in den Regalen stöbere: „Und die Restlichen überzeuge ich auch noch“, sagt Lisa Nanique, denn sie ist überzeugt: „Von Grund auf kann jeder zur Leseratte werden, er oder sie muss nur das passende Buch finden.“

 

Info: Wer sich Tipps für neuen Lesestoff holen möchte, kann sich auf den Rezensionsseiten von Lisa Nanique bei Facebook und Instagram inspirieren lassen unter www.facebook.com/Buecherwurm.Buecherliebe oder www.instagram.com/Buecherwurm.Buecherliebe.