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Cannabis: Esslingen tritt auf die Bremse

Konsum Die Jusos wollen die Stadt zu einem Vorzeigemodell bei der Legalisierung machen. Im Gemeinderat herrscht zu dem Thema große Skepsis. Von Johannes M. Fischer

Der Vorschlag, Esslingen zu einer Modellstadt in Sachen Cannabis zu machen, trifft weitgehend auf Ablehnung. Die Stadtverwaltung, die die Legalisierungspolitik der Bundesregierung unterstützt, tritt auf die Bremse. Ebenso die meisten Fraktionen im Gemeinderat.

Konsum und Erwerb von Cannabis sollen nach Regierungsplänen für Erwachsene einfacher werden. Im Rahmen eines regionalen Modellvorhabens soll es dafür lizenzierte Fachgeschäfte geben. Nach den Vorstellungen der Jusos im Kreis Esslingen sollte sich die Stadt Esslingen dafür bewerben und damit eine Vorreiterrolle spielen. „Wir sind überzeugt davon, dass Esslingen als Modellkommune wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse liefern wird. Die Erfahrungen aus Esslingen können dazu beitragen, die Umsetzung der Legalisierung von Cannabis in anderen Kommunen zu verbessern und eine umfassende und verantwortungsvolle Drogenpolitik zu entwickeln“, sagte Daniel Krusic, Co-Kreisvorsitzender der Jusos im Kreis Esslingen.

Zielführend oder nicht?

Wie aber wird dieses Ansinnen bei der SPD gesehen, zu denen die Jusos als Jugendorganisation gehören? Der Landtagsabgeordnete Nicolas Fink ist auch Fraktionschef der SPD im Esslinger Gemeinderat. Die von der Bundesregierung veröffentlichten Eckpunkte findet Fink „zielführend“, die Beteiligung der Stadt an einem Modellprojekt hingegen für „eher nicht zielführend“. Für ein solches Modellvorhaben sei eine größere Stadt besser geeignet.

Ähnlich reagieren die Grünen im Gemeinderat. Die Ratsfraktion begrüße die Entkriminalisierung der Nutzung von Cannabis, sagt die Fraktionschefin Carmen Tittel. Ein Modellprojekt in Esslingen zu etablieren sei aber „nicht notwendig“. Dennoch: „Falls sich Gemeinderat und Verwaltung dafür aussprechen sollten, werden wir uns dem nicht verweigern.“

Tim Hauser, der Fraktionschef der CDU, hält schon vom Eckpunktepapier der Bundesregierung nichts. „Während die Unterstützung für Krankenhäuser und Rehakliniken weiter auf sich warten lässt, machen SPD, Grüne und FDP Tempo bei der Legalisierung von Cannabis. Diese Prioritätensetzung ist nicht nur paradox, sie ist falsch und gefährlich.“ Folgerichtig kann er sich ein Modellprojekt zum Cannabis-Vertrieb in Esslingen nicht vorstellen.

Klar gegen die Drogenpolitik der Bundesregierung ist auch die Ratsgruppe „Für Esslingen“. Dilek Toy ist „besorgt und wütend über die Pläne der Bundesregierung“. Sie erkennt darin einen Frontalangriff auf die Gesundheit, besonders von Kindern und Jugendlichen. Toy ist gegen jeglichen Konsum von Rausch- und Suchtmitteln. Die einzige Ratsfraktion, die den Vorschlag der Jusos ohne Wenn und Aber unterstützt, ist die der Linken. Johanna Renz würde ein Modellprojekt in Esslingen zum Vertrieb von Cannabis nach eigener Aussage begrüßen.

So weit die Kommunalpolitiker, aber was sagt die Stadtverwaltung? Den Beschluss der Bundesregierung begrüßt das Rathaus – die Etablierung eines Modellprojekts allerdings nicht. Ein solches Modellprojekt müsse begleitet werden durch Aufklärungs- und Präventionsarbeit, deren finanzielle und personelle Auswirkungen derzeit nicht kalkulierbar und daher auch nicht leistbar seien.

Stadt prüft ihre Möglichkeiten

Neben den Modellprojekten sieht das Papier der Bundesregierung auch vor, dass Erwachsene Cannabis in bestimmten Mengen privat oder in nicht gewinnorientierten Vereinigungen anbauen dürfen. Das soll vor allem in Vereinen, sogenannten Cannabis Social Clubs, passieren. Hier fordern die Jusos, dass die Stadt diese Social Clubs, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Esslingen gründen werden, mit städtischen Flächen unterstützt. Die Gemeinderäte – auch die Linken – sehen das eher nicht oder lehnen es sogar grundsätzlich ab.

Die Esslinger Stadtverwaltung hingegen sieht dies eher pragmatisch, und der Rathaussprecher Schlecht äußerst sich diplomatisch: „Städtische Flächen sind per se rar. Sollte es eine passende städtische Fläche geben, werden wir jedoch selbstverständlich prüfen, inwieweit die Stadt unterstützend tätig sein kann.“