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Corona beschleunigt Strukturwandel

Arbeitsmarkt Über 6000 Betriebe im Landkreis Esslingen haben Kurzarbeit angemeldet. Die Arbeitslosenzahl ist im Juli nur leicht auf 13 715 angestiegen. Die Arbeitsagentur mahnt die Firmen, die Ausbildung nicht zu vernachlässigen.

Der leichte Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Juli ist saisonal üblich.Foto: Giacinto Carlucci
Der leichte Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Juli ist saisonal üblich. Foto: Giacinto Carlucci

Die Arbeitslosigkeit ist im Juli im Bezirk der Agentur für Arbeit Göppingen mit den Landkreisen Esslingen und Göppingen leicht gestiegen: Insgesamt waren im ver-gangenen Monat 21 117 Frauen und Männer ohne Arbeit. Das ist ein Plus im Vergleich zu Juni um 348 Personen. Gegenüber Juli 2019 waren 6361 Menschen mehr arbeitslos gemeldet. Der Vorjahresver-gleich verdeutlicht das Ausmaß der strukturellen und corona-bedingten Veränderungen. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,6 Prozent im Juni auf jetzt 4,7 Prozent. Im Juli 2019 lag die Quote noch bei 3,3 Prozent.

„Corona-Pandemie, Strukturwandel und Digitalisierung werden die Unternehmen weiter fordern“, sagt Thekla Schlör, Leiterin der Göppinger Arbeitsagentur. „Viele der Arbeitnehmer, die sich in den letzten Wochen arbeitslos gemeldet haben, müssen die Zeit nutzen, um ihre Qualifikation an die neuen Anforderungen anzupassen. Denn mit Corona hat sich der Strukturwandel am Arbeitsmarkt beschleunigt, andere Kenntnisse werden gefragt sein.“ Das zeige auch der Blick auf die Struktur der Arbeitslosen: Immer mehr Facharbeiter, Spezialisten und Experten brauchen eine berufliche Weiterentwicklung gegebenenfalls auch eine Neuorientierung. Eine der Herausforderungen der kommenden Monate wird sein: Frauen und Männer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, in neue, sich verändernde Jobs zu vermitteln.

Im Juli haben Arbeitgeber wieder deutlich mehr freie Stellen gemeldet, das Niveau der Vorjahre ist aber noch lange nicht erreicht. Die Wirtschaftstätigkeit und damit auch die Nachfrage der Betriebe nach Arbeitskräften ist deutlich schwächer als in den Jahren zuvor.

Im Kreis Esslingen waren im Juli insgesamt 13 715 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 342 Personen im Juni, und 3971 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote betrug 4,4 Prozent. Im Bereich Esslingen waren 4,7 Prozent ohne Arbeit, in Kirchheim 4,5 Prozent, in Leinfelden-Echterdingen: 4,0 Prozent und in Nürtingen 4,2 Prozent.

Im Juli waren 279 Jugendliche unter 20 Jahren arbeitslos gemeldet. Das waren 13 Personen weniger als vor einem Monat. Bei den jungen Menschen unter 25 Jahren waren es 2238 Arbeitslose, 42 mehr als im Vormonat. Die Zahl der 50-jährigen und älteren Arbeitslosen ist im Vergleich zu Juni um 97 auf 6799 Personen gestiegen.

Im Bezirk der Agentur für Arbeit Göppingen waren im Juli 5894 offene Stellen gemeldet. Gegenüber Juni sind das 164 Stellen mehr, im Vergleich zum Vorjahr aber 4449 Stellen weniger (minus 43,0 Prozent). Insgesamt wurden 1686 Stellen neu gemeldet. Das waren 400 mehr als im Juni.

Seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober letzten Jahres wurden 5 366 Ausbildungsstellen gemeldet, 7,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Bewerberzahlen sind mit 4401 als Zwischenstand um 4,8 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Weniger Ausbildungsplätze

„Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze liegt bereits seit Oktober 2019 unter der Zahl der Vorjahre - ein Anzeichen der strukturellen Veränderungen, die sich auch am Ausbildungsmarkt bemerkbar machten. Wie jetzt die Corona-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt einwirkt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verlässlich sagen. Wir hoffen aber und raten den Unternehmen, auch in der Krise an der Ausbildung im eigenen Haus festzuhalten und sich so die Fachkräfte der Zukunft zu sichern. Denn nach der Krise ist vor dem Fachkräftebedarf“, rät Schlör.

Die Zahlen zur Kurzarbeit liegen der Agentur für Arbeit von März bis Juni vor. Insgesamt zeigten in diesen vier Monaten 9338 Betriebe oder Betriebsabteilungen Kurzarbeit für 156 618 Arbeitnehmer an. Im Landkreis Esslingen waren es 6278 Betriebe oder Betriebsabteilungen mit 102 287 Beschäftigten. „Die Anzeigen für konjunkturelle Kurzarbeit gehen in den letzten beiden Monaten deutlich zurück, Kurzarbeit bleibt aber auf einem sehr hohen Niveau. Sie leistet ei-nen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes in beiden Landkreisen“, so Schlör. „Wir spüren auch, dass sich insbesondere in den Industriebetrieben nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie, sondern auch die strukturellen Veränderungen bemerkbar machen“. Da die Betriebe bei der Anzeige von Kurzarbeit meist den vollen Zeitraum von zwölf Monaten ausschöpfen und ihre Meldung schon zu Beginn der Krise geschickt haben, stagniert die Zahl der Anzeigen auf einem hohen Niveau. pm