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Corona treibt einige in den Ruin

Finanzen Der Kreisdiakonieverband fordert, dass Insolvenzverfahren schneller bearbeitet werden, um den Betroffenen zu helfen.

Region. Bereits zu Beginn der Pandemie zeichnete sich ab, dass sich die Corona-Maßnahmen auf die Arbeit der Schuldnerberatungsstellen auswirken wird. Ein Fallbeispiel: Ein 50-Jähriger hat vor Jahren in einer Notsituation einen Verbraucherkredit benötigt. Die Bankberaterin hat ihn zur Aufnahme einer höheren Summe überredet. Seitdem zahlt er trotz geringen Einkommens monatlich 440 Euro an die Bank. Andere Schulden gibt es nicht, der Mann lebt bescheiden. Dann wurde er kurz vor der Corona-Krise arbeitslos. In der Krise hat er keine Vollzeitanstellung mehr gefunden, lediglich einen Minijob als Kontrolleur bei einem Supermarkt zur Einhaltung der Corona-Vorschriften. 60 Prozent Arbeitslosengeld und der Minijob erlauben es nicht mehr, die monatliche Rate zu bezahlen, der 50-Jährige ist zahlungsunfähig und hat sich an die Schuldnerberatung gewandt. Er wird voraussichtlich ein Insolvenzverfahren beantragen. Ein Insovenzverfahren bietet die Möglichkeit, langfristig wieder einen wirtschaftlichen Neuanfang ohne die Last der Schulden zu schaffen.

Deutlich mehr Menschen als im Vorjahr haben sich aus diesen Gründen bei der Schuldnerberatungsstelle der Diakonie in Filderstadt angemeldet. Bisher bereits personell knapp aufgestellt, betrachten die Berater mit Sorge, dass Menschen sich aufgrund der Wartezeiten in der kostenlosen öffentlichen Schuldnerberatung und des Drucks der Gläubiger an gewerbliche Schuldnerberatungsstellen wenden. „Diese verlangen für ihre Dienstleistung viel Geld und beraten nicht ganzheitlich“, lautet der Vorwurf der Schuldnerberater beim Kreisdiakonieverband. Oft würden die Menschen dort eine Anzahlung für die Schuldenregulierung leisten, könnten dann aber nicht die volle Summe aufbringen und der Prozess bleibe dadurch stecken. „Eine Schuldenregulierung erfolgt nicht“, so die Ehrenamtlichen.

Letzter Ausweg Insolvenz

Für viele Menschen mit Schuldenproblemen ist das Insolvenzverfahren die einzig verbleibende Lösung. Hier sollte laut des Kreisdiakonieverbands eine Richtlinie der EU zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre auch für Verbraucher aufgrund der Corona-Auswirkungen zügig umgesetzt werden. Geplant war im Regierungsentwurf die kürzere Dauer des Insolvenzverfahrens ab Oktober 2020. Nun ist der politische Prozess ins Stocken geraten. Viele Insolvenzanträge sind vorbereitet, können aber gerade aufgrund der unklaren Gesetzeslage nicht beim Insolvenzgericht eingeleitet werden. Ein Umstand, der die Schuldner zusätzlich belastet und in den Schuldnerberatungsstellen dazu führt, dass Fälle nicht abgeschlossen werden können. pm