Weilheim · Lenningen · Umland

Das Bohnauhaus als Zuhause

Kirche In Kirchheim sind 20 Ministranten und Mitarbeiter für eine Woche in eine provisorische Wohngemeinschaft gezogen. Ein Besuch im Bohnauhaus – zwischen Alltag und Ausnahmezustand. Von Peter Dietrich

Mini WG-Woche der Ministranten in Kirchheim unter Teck -  Beim Abendessen, vorne die Mitarbeiter Viktor Hoffmann (links) und Jug
Mini WG-Woche der Ministranten in Kirchheim unter Teck - Beim Abendessen, vorne die Mitarbeiter Viktor Hoffmann (links) und Jugendreferentin Carolin Koepke

Für eine Wohngemeinschaft mit 20 Ministranten (Minis) und Mitarbeitern ist das Bohnauhaus in der Kirchheimer Südstadt geradezu ideal. Im Foyer ist genügend Platz für Schuhe und Fahrräder. Zwei getrennte Schlafsäle sorgen für etwas Privatsphäre, ein Lern- und Hausaufgabenzimmer für Ruhe, und im Speiseraum kann man die Frühstückssachen auch mal stehen lassen. In der Freizeit stehen den Kindern Billard, Kicker und Tischtennisplatte zur Verfügung. Einen Fernseher sucht man im Bohnauhaus vergebens. Er wird aber auch nicht vermisst. Und was ist mit dem Smartphone? „Am Esstisch eines zu benutzen, bedeutet Spüldienst“, sagt Mitarbeiter Viktor Hoffmann.

Es war die dritte derartige Wohngemeinschaft (WG) der Kirchheimer Ministranten. Sie begann am Sonntagabend und endete am gestrigen Freitag mit der regulären „Mini-Stunde“, zu der auch die kamen, die nicht bei der WG-Woche dabei waren. Danach mussten einige wohl zuerst einmal verschnaufen. Denn Frühstück gab es für alle um 6.30 Uhr, sodass es auch für frühe Schulbeginner reichte. Die meisten fuhren mit dem Rad, doch auch der Bus hielt vor der Tür. Während die Ministranten am Vormittag in der Schule waren, arbeitete Viktor Hoffmann an seiner Bachelorarbeit. Die Mitarbeiterin und angehende Erzieherin Britta Möller fuhr zu ihrer Ausbildungsstelle. Andere junge Mitarbeiter gingen noch zur Schule, wie die Minis auch, die ab 13 Jahren dabei waren.

Thermalbad und Kegeln

Täglich um 13 Uhr gab es Vesper. Warm gekocht wurde am Abend. Vor dem Essen hatte Jugendreferentin Carolin Koepke für die Sofaecke einen „Expuls“ vorbereitet: „Es gab mal eine Talkrunde zu Glaubensfragen oder Gedanken zu einem Lied.“ Abends ging es in die Therme in Beuren, zum Kegeln ins Gemeindehaus St. Ulrich, oder es wurden kreative Spiegelrahmen gestaltet. Die Bettruhe begann um 22 Uhr. „Das klappte mal mehr, mal weniger“, gab die Jugendreferentin zu.

Das Klavier im Bohnauhaus wurde reichlich genutzt, ein Schlagzeug gibt es dort ebenfalls. Dazu brachten die „Minis“ Geige, Bratsche und Gitarre mit. Schließlich mussten sie alles, was sie für die Schule, für Musikunterricht und ihre anderen regulären Aktivitäten während der Woche brauchten, dabeihaben. „Am Sonntag hat man gedacht, die ziehen alle aus“, sagte Carolin Koepke. Ob Isomatte oder Luftmatratze mit Schlafsack oder eine richtige Matratze mit Bettzeug, alles war vertreten. Mit 20 Plätzen war die WG-Woche exakt ausgebucht, keiner musste abgewiesen werden. Immer wieder kamen ehemalige „Minis“ zu Besuch.

Die Ministranten gehören zu verschiedenen Gruppen der katholischen Gesamtkirchengemeinde Kirchheim, aber manche gehen in dieselbe Schulklasse oder waren im Vorjahr gemeinsam auf Rom-Wallfahrt. Ansonsten ging das Kennenlernen schnell. „Das schafft eine super Gemeinschaft“, stellte Carolin Koepke fest. Die anderen Gruppen, die das Bohnauhaus während der WG-Woche nutzten, waren flexibel und wichen bei Bedarf in den großen Saal aus.

Leidet die Schule unter einer solchen Woche? Ganz im Gegenteil. „In der WG-Woche lerne ich mehr als sonst“, sagte Leonie. Denn die Ministranten bildeten Hausaufgabengruppen, konnten sich gegenseitig helfen. „Wir kennen auch die Eltern“, sagte Carolin Koepke. Sie sind alle in der Gemeindearbeit engagiert, und niemand hatte Zweifel, sein Kind für eine Woche dieser WG anzuvertrauen. Die Kosten hielten sich für die Familien im Rahmen: 30 Euro waren zu bezahlen, vor allem für Lebensmittel. Den Rest bezuschusste die Kirchengemeinde.

Was gefällt den Ministranten besonders? Einmal war es eine Woche ganz ohne kleine Geschwister, über die sich ein Teilnehmer besonders freute. „Zu Hause sind immer Leute da, mit denen man reden kann, man ist nicht alleine“, sagte eine andere Teilnehmerin. Mit „zu Hause“ meinte sie ganz selbstverständlich das Bohnauhaus. Als die Jugendreferentin das hörte, freute sie sich.

Mini WG-Woche der Ministranten in Kirchheim unter Teck -  wie es in einer WG eben so aussieht, im Flur stehen Schuhe und Fahrräd
Mini WG-Woche der Ministranten in Kirchheim unter Teck - wie es in einer WG eben so aussieht, im Flur stehen Schuhe und Fahrräder