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Das „Kult-Ur Open-Air“ in Weilheim: Satter Sound und strahlende Sonne

Festival Metal, Punk, Rock und Blasmusik: In Weilheim fand über das Pfingstwochenende das „Kult-Ur Open-Air“ statt: Das dreitägige Festival begeisterte mit seiner musikalischen Vielseitigkeit. Von Sylvia Horlebein

Drei Tage Open-Air im Zelt, 17 Bands mit Metal, Punk- und Rockmusik, ein kostenloser Zeltplatz, ein traditionelles Weißwurstfrühstück und 60 ehrenamtliche Helfer. Das Kult-Ur Open-Air in Weilheim öffnet am Freitag seine Pforten und sorgt für gute Laune, klingende Ohren und den einen oder anderen Kater.

Ein buntes Treiben herrscht ab Freitagabend im Zelt. Punks, Rocker und Metalheads stehen friedlich vereint und lauschen den unterschiedlichen Bands, die größtenteils aus dem Landkreis Esslingen und Stuttgart kommen. Das KOA, wie das Festival genannt wird, ist mit seinen vielen, kleinen Bands ein Leckerbissen. Schon seit 27 Jahren treffen sich hier die Fans der unterschiedlichen Musikrichtungen, um friedlich bei Bier und Bratwurst Pfingsten zu feiern.

Jeder hat seinen Spaß

Es ist ein Festival für alle Altersklassen, wie Jonas Melda-Danko beweist. Der Sechsjährige ist zum ersten Mal mit seinen Eltern auf dem Festival und steht normalerweise auf „Sepultura“. Doch am Samstagabend hat er gleich eine neue Lieblingsband gefunden: „Beyond the last coast“. Die Metalcore-Band kommt aus Göppingen und ist der Überraschungsgast. Frontsängerin Tina Kurnaz sieht sich selbst als kleiner Freak der Band und sorgt mit ihren durchdringenden Augen, ihren silbern funkelnden Vampirzähnen und ihrer tiefen Stimme für Aufregung. Die tiefen, teils aggressiven Lieder stehen im krassen Gegensatz zur Bühnendeko und den bunten Hawaiihemden der anderen fünf Bandmitglieder. Doch vielleicht ist genau das das Geheimrezept, das die fast 500 Gäste zum Jubeln bringt. Headliner Debauchery, eine Death-Metal-Band aus Stutt­gart setzt eher auf dunkle Töne. Aufwendiges Make-up, Leder, Nieten und eine Dämonenmaske sind hier der passende Background für die derben Songs. Geduldig wartet Sänger Thomas Gurrath am Freitag darauf, dass er auf die Bühne darf. „Undertow“, eine Groove-Metal-Band aus Heidenheim wird einfach nicht fertig. Die begeisterten Fans fordern Zugabe um Zugabe und so wird es Mitternacht, bis Debauchery endlich loslegen kann.

Doch auch die Punk-Bands sorgen für gute Stimmung. Hier ist es weniger die Bühnendekoration, sondern der Inhalt, der einen zum Jubeln bringt. Ernste Texte gegen Krieg oder rechte Gewalt treffen auch in Weilheim den Nerv der Zeit. „Sündflut“, eine Rock- und Punkband aus Bempflingen steht so hinter den eigenen Texten, dass sie sogar auf die Gage von 50 Euro verzichten. Stattdessen akzeptieren sie einen Kasten Bier als Bezahlung und 100 Euro werden der Initiative „Kein Bock auf Nazis“ gespendet. Auch die Spendenbox war Freitagabend mit am Start.

Immer im Wechsel stehen Freitag und Samstag Punk- und Metalbands auf der Bühne. „Sokae“ aus Gerlingen bringt neben nachdenklichen Punkliedern auch Nonsens und Blödsinn mit. Mit dem gecoverten Lied der Gummibärchen bringen sie fast 500 Leute zum Singen, obwohl es erst seit kurzem in ihrem Repertoire vorhanden ist. Mit „Alarmbaby“ und „Grizzly“ teilen sich zwei Bands den Headliner-Platz. „Grizzly“, die aus Karlsruhe angereist sind, waren schon einmal dabei und rockten das Zelt. Grund genug, sie ein weiteres Mal einzuladen und ihnen einen längeren Auftritt zu ermöglichen.

Am Sonntag schlägt dann die Zeit für eine weitere Kultband. Während X2 das Festival standardmäßig eröffnet und mit Quatschtexten die Menschen auf Feiern und Party einstimmt, ist „Kulturanka“ die musikalische Begleitung zum Weißwurstfrühstück am Sonntag ab 11 Uhr. Schon seit 2008 sitzen die Blasmusiker auf der Bühne. Als „Original Dettinger Hohlwegrutscher“ sind sie gestartet, um sich 2018 umzubenennen. Wolfgang Müller, besser bekannt als „Wollie Malone“ beruhigt mit seinem musikalischen Gottesdienst das schlechte Gewissen, während er auf die Melodie von „Marmor, Stein und Eisen bricht“ Gott lobpreist.

Und dann ist es auch schon Sonntagabend und es wird rockig. Jetzt stehen die Bands unter dem Motto „tanzen statt pogen“. Aus Owen begeistert „Light in Houses“ mit Indirock, während aus Stutt­gart und Kirchheim Blues und Punkrock kommen. Die längste Anreise hat eine Rockband aus Berlin. Bonsai Kitten sorgt ein bisschen für den Flair der großen, weiten Welt. Headliner vom Abend „The Jancee Pornick Casino“ bringt mit einem Mix aus Punk, Beat und 60er-Jahre-Fahrstuhlmusik gute Laune ins Zelt. Auch wenn das Programm jeden Tag nur bis 0.30 Uhr gehen soll, ist diese Zeit nur ein geschätzter Wert. Die Stimmung ist jeden Abend so ausgelassen, dass fast jede Band durch Zugaben überzieht. Die Headliners brauchen Geduld, dürfen dafür aber ebenfalls länger spielen.

Sonntagnacht geht das 27. KOA zu Ende, mit vielen unbekannten Leckerbissen und neu gewonnenen Fans. Fans hatte das KOA bereits viele, was sich am Ticket-Vorverkauf ablesen ließ, doch auch spontane Gäste zog es an. Das Besondere an diesem Festival ist das friedliche Miteinander, wie Sabrina Hoffert und Max Mayer vom Rettungsdienst DRK bestätigen. Sie haben nicht viel zu tun, keine Schlägereien, keine Alkoholvergiftung, höchstens mal ein umgeknickter Fuß. Langweilig ist ihnen trotzdem nicht, sie genießen die Musik und die Bands. Nicht ohne Grund haben sich beide freiwillig gemeldet.