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Das Luftschloss ist gelandet

Freizeit Fünf Monate nach der Schließung des Buchcafés hat Dettingen seinen Treffpunkt wieder: Im Alten Gemeindehaus eröffnen am morgigen Samstag die Ortsbücherei und das „Café Luftschloss“. Von Antje Dörr

An der Fassade des Alten Gemeindehauses hängen bereits die neuen Schilder, im Inneren kreischt noch die Säge. Der Schreiner legt letzte Hand an die Küche an. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Am morgigen Samstag eröffnen im Alten Gemeindehaus in der Dettinger Ortsmitte die Ortsbücherei, die zuvor im hinteren Teil des Rathauses untergebracht war, und das neue „Café Luftschloss“. Buch und Café, das ist den Dettingern nicht unbekannt. Schließlich hatte Stefan Fink mit seinem Buchcafé 17 Jahre lang für Lesestoff, Kaffee und Eis gesorgt, bevor er das Geschäft im vergangenen Dezember aus persönlichen Gründen aufgab. Ein kleiner Schock für viele Dettinger Familien, die um einen der beliebtesten Treffpunkte in der Gemeinde trauerten.

Ab Samstag hat Dettingen seinen Treffpunkt wieder, wenn auch für den Anfang pandemiebedingt nur eingeschränkt - und auf ganz neue Weise. „Bücherei und Café, das ist einmalig, das gibt es bisher nicht so oft“, sagt Christine Hahn, die man in Dettingen niemandem mehr vorstellen muss. Die Leiterin der Ortsbücherei ist begeistert darüber, im Alten Gemeindehaus endlich „in erster Reihe“ zu sein, und nicht mehr versteckt im hinteren Teil des Rathauses. „Für die Bücherei ist das ein Mega-Gewinn“, sagt sie. Helle Räume, neue, modernere Möbel - die Bücherei wirkt in der Tat viel einladender als zuvor. Mitgekommen aus dem alten Zuhause ist nur das Podest, auf dem Kinder sich zum Schmökern niederlassen können. Wenn die Infektionszahlen weiter sinken, darf sich auch die Bücherei Schritt für Schritt dem Normalbetrieb annähern. Momentan ist nur „Click and Collect“ erlaubt, doch „Click and Meet“ rückt in greifbare Nähe.

Dass Maria Häfele ab Samstag im oberen Teil des Raumes mit ihrem „Café Luftschloss“ am Start ist, entspricht sicherlich dem Wunsch vieler Dettinger, weiterhin einen Ort zu haben, an dem sie eine Tasse Kaffee trinken oder eine Kugel Eis schlecken können - wenn auch vorerst nur „To Go“. Auch die Kirchengemeinde als Vermieterin hatte diesen Wunsch erkannt. „Wenn die Bücherei hier hereinkommen sollte, dann nur mit Café“, sagt Maria Häfele. „Es sollte weiterhin einen Ort der Begegnung geben.“

Für Häfele, studierte Grafikdesignerin und Mutter zweier Kinder, erfüllt sich am Samstag ein lang gehegter Traum. Man könnte auch sagen: Ihr Luftschloss ist endlich gelandet. „Ich wollte schon immer eine Art Buchcafé eröffnen“, sagt sie. „Damals in Berlin waren es die hohen Mieten, die mich abgeschreckt haben.“ Die Wahl-Dettingerin stammt aus der Bundeshauptstadt, ihre Mutter und ihre Schwägerin sind Buchhänd­lerinnen. In dem alten Bauernhaus, das sie und ihre Familie in Dettingen bewohnen, sei die Hälfte des Dachbodens voll mit Büchern, erzählt sie. In Ermangelung eines eigenen Geschäfts jobbte Häfele, die noch freiberuflich als Grafikdesignerin arbeitet, in Stefan Finks Buchcafé. In der Ortsbücherei auszuhelfen, hätte sie sich ebenfalls gewünscht, doch das war wegen ihres Amts als Dettinger Gemeinderätin nicht möglich.

Kooperationen können sich Maria Häfele und Christine Hahn viele vorstellen - auch wenn die meisten davon aufgrund der Pandemie noch Luftschlösser sind. Lesungen mit Bewirtung, französisches Frühstück für die Eltern und eine Vorlesestunde für die Kleinen, Veranstaltungen im Garten - möglich ist vieles. Wirtschaftlich jedoch sind das Café und die Bücherei strikt voneinander getrennt. Das war nötig, weil Maria Häfele im Dettinger Gemeinderat sitzt und die Ortsbücherei eine Einrichtung der Gemeinde ist. „Wir haben zwei Mietverträge und zwei Stromzähler“, sagt Maria Häfele, der Transparenz sehr wichtig ist. Auch die Handwerkerrechnungen seien genau aufgeteilt worden. Der große Umbau habe stattfinden müssen, um der Trennung von Café und Bücherei Rechnung zu tragen. „Sonst hätte die Küche bleiben können, wo sie ist“, sagt Häfele. Dann ist das Gespräch zu Ende. Die Wände im Café sind noch kahl, und ohne Dekoration kommt selbst das schönste Luftschloss nicht aus.