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Den Atem mit den Händen begleiten

Krankheit Die Atemtherapeutin Jutta Grywatz begleitet seit fünf Jahren Sterbende im Hospiz in Esslingen.

Jutta Grywatz demonstriert an Hospiz-Mitarbeiterin Claudia Heidecker, wie Atemtherapie funktioniert. Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger

Esslingen. „Man sieht an der Art, wie jemand atmet, wie es ihm geht. Atem ist Ausdruck der Seele“, erklärt Jutta Grywatz. Die Atemtherapeutin kommt seit fünf Jahren einmal pro Woche ins Hospiz Esslingen.

Die Ärztin hat nicht nur eine dreijährige Ausbildung zur Atemtherapeutin absolviert, sondern ist auch ausgebildete Trauerbegleiterin und arbeitet im Trauerteam des Hospizes mit. Mit der Thematik von Sterben und Tod kam die heute 55-Jährige früh in Berührung – durch ihre Arbeit als Anästhesistin, aber auch durch den frühen Tod des Vaters. Als Ärztin habe ihr oft die Möglichkeit gefehlt, mit Angehörigen und Patien­ten über das Sterben zu sprechen. Und sie hat erkannt: „Das Verbale reicht oft nicht.“ Deshalb wandte sie sich der Atemtherapie zu, die einen psychosomatischen Ansatz habe, erklärt Grywatz. „Ich begleite den Atem mit meinen Händen – im Atemrhythmus, aber auch durch sanften Druck, und versuche so, die Wahrnehmung zu fördern, Festgehaltenes zu lösen und schließlich einen freien Austausch mit sich und der Lebenswirklichkeit zu fördern“, erklärt sie. Angst etwa halte den Atem im oberen Brustbereich, Schmerz führe oft zu einer starren Haltung und Menschen könnten nicht tief durchatmen. Dies durch bestimmte Griffe und Berührungen aufzulösen, versuche die Atemtherapie. Aus der Berührung in maximaler Offenheit und ohne jede Forderung könne sich ein Gespräch mit dem Gast ergeben, betont Grywatz. Manchmal sprechen sie dann über die Familie, über noch Unvollendetes, über den Tod, aber auch über ganz alltägliche Dinge. „Viele fangen an zu erzählen, wie sie sich erleben und was ihnen Angst macht.“ Zuweilen fließen auch Tränen. „Manchmal lachen wir auch zusammen.“ Nicht jeder will reden. „Manchmal ist es berührende Begleitung in Stille“, sagt Jutta Grywatz. „Jede Begegnung ist so individuell wie jeder Gast. Es ist völlig unterschiedlich, auf welcher Ebene wir landen.“ Viele Menschen im Hospiz seien gleichzeitig unruhig und gelassen. „Atem­arbeit kann diese Gegensätze in Einklang bringen.“ 

Weitere Informationen gibt es im Netz unter www.hospiz-esslingen.de. Ulrike Rapp-Hirrlinger