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Der ganz normale Wahnsinn

Literatur Musik und witzige Erzählungen – das versprach die Lesung von Cornelius Haefele. Doch der Abend im Dettinger Gemeindehaus entwickelte sich anders als gedacht. Von Sabine Ackermann

Ein Familienkabarett mit einem abendfüllenden Programm von Sketchen, Comedy, Musik und Lesung - klingt nach einem vielseitigen humorvollen Abend, bei dem die Lachnerven nicht zu kurz kommen. Um eins gleich vorneweg zu nehmen: Die Lesung zum Buch „1+1=6 - der ganz normale Wahnsinn“ im Dettinger Gemeindehaus gestaltete sich anders als erhofft und erwartet. Nicht, dass Cornelius Haefele kein akzeptabler Vorleser oder Erzähler wäre, seiner sonoren Stimme hört man gerne zu.

Hübsch sind auch die selbst geschriebenen Lieder „Ich seh‘ es deinen Blicken an“ und „Hey Papa“, die unterstreichen: Für kein Geld der Welt würde der Vater auf seinen Nachwuchs verzichten wollen. Fließend berichtet er aus einem ganz normalen Familienalltag, betont die ihm nachhaltig im Gedächtnis gebliebenen Stellen besonders kräftig, und auch das Publikum erkennt: mitunter ist da recht Lustiges dabei.

Das war‘s dann aber auch. Sketche? Comedy? Kabarett? Fehlanzeige! Kaum etwas war am Verhalten seiner Rasselbande ungewöhnlich oder gar herausragend, weder als Baby, Kleinkind oder als Pubertierende. Eben ganz profane Alltagsgeschichten, die zum Elternsein einfach dazugehören. Schade, denn angesichts dreier Söhne und einer Tochter war die Erwartungshaltung freilich groß.

„Übermorgen in 26 Jahren habe ich goldene Hochzeit“, verrät der 46-jährige freie Theologe und Buchautor, der „ohne Rücksicht auf psychische und physische Gesundheit vier Kinder in die Welt gesetzt hat“.

Cornelius Haefele erzählt auch von seinem Familienhund aus dem Tierheim. An dem übt sich der in einem, wie er selber sagt, „800 Einwohner zählenden schwäbischen Brennpunktdorf“ aufgewachsene Cornelius Haefele in Sachen Therapie.

Der aus Gomaringen stammende „Nachttopf“ - das Witztrauma seiner Kindheit - arbeitet seit fast zehn Jahren hauptberuflich als ausgebildeter Lebensberater, Coach und Psychotherapeut - nach dem Heilpraktikergesetz - in eigener Praxis.

Fast alles sei fast genau so passiert, es handle sich um Fakten, schürt er die Vorfreude der über 30 Gäste und stellt seine Frau „Bine“ vor, ihres Zeichens Vollblutperfektionistin und wandelnder Terminkalender, die als Rektorin stramm organisieren muss. Sie stellte einst verzweifelt fest: „Du bist der Vater, aber wie kann ich die Mutter sein?“ Je mehr Haefeles, desto länger die von seiner besseren Hälfte angezettelten Diskussionen abends im Bett, wobei da seine „Ja-Schatz-Taktik“ schon mal in die Hose ging. „Für jeden Pups braucht es eine Ausbildung, aber wie zum Geier geht eigentlich Erziehung?“, stellt der am „BSR-Syndrom“ (Babybauch-Solidaritätsranzen) leidende Vater in den Raum.

Langsam kommt der Buchautor zum Kern des Themas. Er berichtet wirklich ausführlich von geruchsintensiven Stoffwindeln nebst undichter Schafwollhose beim nächtlichen Wickel-Desaster seines Erstgeborenen und geht anschließend mit seinem fußkranken Junior als Notfall zum Arzt. Dort vertreibt man sich die fünf Stunden Wartezeit mit Broschüren gegen Fußpilz, abgeschabten Holzklötzen oder versifften Stofftieren.

Vater und Sohn im Fitness-Wahn

„Dann, nach drei Jungs, hat uns Gott ein Mädchen geschenkt“, freut sich Autor Cornelius Haefele. Haben seine Buben gerangelt, gerauft und hingebungsvoll das ABC gerülpst oder in der zweiwöchigen Freizeit nur eine Unterhose benutzt, macht der Älteste irgendwann mit wildem Haarwuchs, Sixpack und einer Coolness, dass das Wasser gefrieren lässt, auf sich aufmerksam. Das spornt den Vierfachpapa mit Hilfe von quietschenden Aldi-Steppern und ekligen Eiweiß-Shakes an, es in Sachen Fitness und Sport seinem Sohn gleichzutun.