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Der gelbe Klassiker muss sein

Literatur Dieses Jahr feiert die Reclam-Universalbibliothek Jubiläum. Die Hefte sind längst ein fester Bestandteil des Schullebens – von manchen geliebt, von manchen gehasst. Von Clara Schillinger

Ein Muss für Schüler: die gelben Hefte von Reclam. Foto: Carsten Riedl
Ein Muss für Schüler: die gelben Hefte von Reclam. Foto: Carsten Riedl

Klein, klassisch, und vor allem günstig sind die gelben Heftchen von Reclam - und das bereits seit 150 Jahren. „Bis heute ist der erste Teil von Goethes Faust der meistverkaufte Reclamband“, sagt Sibylle Mockler von der Buchhandlung Zimmermann in Kirchheim. Dicht gefolgt von Schillers Wilhelm Tell und Büchners Drama Dantons Tod.

Heute nutzen im Grunde nur noch Schulen oder Unis die gelben Heftchen. Privat erwirbt sie so gut wie niemand mehr, da sind sich Mockler und die Fachschaften Deutsch der Kirchheimer Gymnasien einig. Das war nicht immer so: Gründer Anton Phillipp Reclam revolutionierte seinerzeit das Verlagswesen. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte 1867. Mit der Veröffentlichung von Goethes Faust kam der Klassiker erstmals billig auf den Markt. Reclams günstige Literatur gab allen Schichten Zugang zu Bildung und damit die Möglichkeit, gesellschaftlich aufzusteigen. Das Konzept ist geblieben.

Kirchheims Schulen sind seit Jahrzehnten treue Kunden. „Es ist kostengünstig, handlich und für eigene Notizen bestens geeignet“, ist aus der Deutschfachschaft des Ludwig-Uhland-Gymnasiums zu hören. Die Schüler hätten eine Hassliebe zu den Werken entwickelt. Es wird gelesen, was für das Abitur oder den Unterricht wichtig ist, aber das auch nur weil man muss. In 150 Jahren Universal-Bibliothek hat sich das Verhältnis zur Literatur verändert: „Junge Leute lesen heutzutage nicht zwingend weniger, aber anders“, beschreibt Gudrun Kolb-Rothermel vom Schlossgymnasium das scheinbar sinkende Interesse an klassischen Werken.

Die Universalbibliothek mit Sitz in Ditzingen besteht heute aus 3 000 Titeln. Die einsprachigen, gelben Ausgaben sind wohl die bekanntesten. Sie vereinen deutsche Klassiker und Weltliteratur wie beispielsweise Shakespeares Romeo und Julia. Hinzu kommen die roten, fremdsprachigen Ausgaben. „Orangene, zweisprachige Ausgaben nutzen vor allem die Universitäten“, sagt Buchhändlerin Sibylle Mockler. Speziell für Schulen gibt es gelb-blaue Hefte, die mit dem Originaltext und -kontext arbeiten. Die Reclam-Reihe ist inzwischen nicht mehr ohne Konkurrenz. Andere Verlage, wie das Hamburger Leseheft oder der Suhrkamp Verlag, bieten Literatur teilweise ebenso günstig an. „Manche Abitur-relevanten Texte werden von Reclam nicht angeboten, also müssen wir ausweichen“, sagt Sibylle Mockler.