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„Der Kontakt zu meinen Kunden wird mir fehlen“

Die Ära der Kirchheimer Buchhandlung Margot Schieferle endet am 30. Juni

Sie war eine wahre Fundgrube für Leseratten, ein Raum der Begegnung mit bekannten Autoren und eine Institution für alle, die sich für Belletristik, Fachbücher sowie Kinder- und Jugendliteratur interessiert haben: Ende Juni schließt Margot Schieferle nach 35 Jahren die Pforten ihrer Buchhandlung in Kirchheim.

Nach 35 Jahren ist Schluss: Margot Schieferle schließt ihre Buchhandlung am Kirchheimer Rossmarkt.Foto: Deniz Calagan
Nach 35 Jahren ist Schluss: Margot Schieferle schließt ihre Buchhandlung am Kirchheimer Rossmarkt.Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Es fällt ihr nicht leicht, die Bücher – ihre „Kinder“ – aufzugeben und nach einer erfolgreichen Berufskarriere altershalber „Ade“ zu sagen. „Vor allem der Kontakt zu meinen Kunden wird mir fehlen. Da ist etwas Schönes gewachsen“, bekennt Margot Schieferle, Buchhändlerin aus Leidenschaft. Über vier Jahre bereitete sich die 65-Jährige mental auf die Zäsur in ihrem Leben vor.

In Erscheinung trat dieses Leben für die Kirchheimer Leser, als Margot Schieferle im Mai 1980 gemeinsam mit ihrer Buchhändlerkollegin Arnhild Brinker am Schweinemarkt die Buchhandlung Brinker & Schieferle eröffnete. Beide kannten sich aus Tübingen. Zehn Jahre später eröffneten die beiden Buchhändlerinnen, um der Raumnot Herr zu werden, am Rossmarkt eine Dependance für Reisen, Sport und Sprachen.

Noch im selben Jahr, 1990, zog es Arnhild Brinker nach Südamerika ins ferne Chile, und sie verabschiedete sich aus der Buchhandlung. Margot Schieferle führte das Geschäft unter ihrem Namen und dem Kürzel MS alleine weiter und konnte 1996 durch einen großzügigen Umbau am Schweinemarkt die Verkaufsfläche auf rund 300 Quadratmeter erweitern, was wiederum die Zusammenführung beider Geschäfte ermöglichte.

Durch das kundenfreundliche neue Ambiente und das „Mehr“ an Raum war es nun möglich, das bisherige Angebot an literarischen Lesungen und themenbezogenen Vorträgen fortzuführen und auszubauen. Über 100 Lesungen und Veranstaltungen sowie zahlreiche Buchvorstellungen in der Buchhandlung, aber auch in Kindergärten und Schulen organisierte MS im Laufe der letzten 35 Jahre.

Die Liste der Autoren liest sich wie das „Who is who“ ausgezeichneter Literaten, seien das nun Hermann Lenz, Peter Härtling, Uwe Timm, Hans Wollschläger, Martin Suter, Hellmuth Karasek oder Hans Josef Ortheil, um nur einige wenige zu nennen. Auch Jugendbuchautoren wie Paul Maar, Gudrun Mebs, Helme Heine, Dietlof Reiche, Isabel Abedi oder Andreas Schlüter begeisterten ihr junges Publikum. Ebenso fanden die Veranstaltungen mit Sachbuchautoren wie Arved Fuchs, Rüdiger Safranski, Felicia Langer, Eva Wlodarek oder dem Islamkritikerin Seyran Ates reges Interesse.

Nicht unter den Büchertisch fallen lassen wollte Margot Schieferle heimatgeschichtliche Themen, vertreten durch Karl-Georg Sindele, Dr. Roland Deigendesch, Manfred Waßner, Sabine Thomson und Werner Frasch.

Darüber hinaus entwickelte die Kirchheimer Buchhandlung noch vielerlei Aktivitäten. Erinnert sei hier an die Drachenfestivals unter der Teck in den Anfangszeiten von Brinker & Schieferle, an die Lesekoffer für Schüler, an die Lesenächte in der Buchhandlung und an die Filzwochen mit der Nürtinger Studiengruppe „Werk-Raum Textil“.

Neben geistiger Nahrung sorgte die rührige Buchhändlerin auch für manche Gaumenfreuden mit heimischen Produkten aus Schlat, Owen und Eckwälden. Damit gelang es, den Rückgang vom Verkauf von Straßenkarten und Kochbüchern zu kompensieren. Es ist kein Geheimnis, dass der Buchhandel durch Bestellungen der Kunden übers Internet starke Einbußen erleidet und selbst große Häuser schließen müssen. Auch das E-Book trägt nicht unbedingt zur Freude der Buchhändler bei.

Margot Schieferle bedauert es sehr, keinen Nachfolger gefunden zu haben, der ihre Mitarbeiterinnen übernimmt und die Tradition einer kundenorientierten, gut beratenden, eigentümergeführten Buchhandlung weiterführt. Im Erdgeschoss wird nun ein Buch-Café einziehen und das Obergeschoss soll wieder in eine Wohnung umgebaut werden. Damit endet in der Teckstadt eine Institution, die für viele Leser aus nah und fern ein befruchtender literarischer Wegweiser war.