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Der Kreis plant ein großes Flüchtlingswohnheim in Köngen

Asyl Im Industriegebiet sollen weitere 148 Menschen leben, auch eine Anschlussunterbringung ist vorgesehen. Doch die Gemeinderäte hadern mit den Vorschlägen des Landratsamts. Von Kerstin Dannath

Auf wenig Begeisterung stoßen die Pläne des Landkreises in Köngen, wo eine Unterkunft für die vorläufige Unterbringung (VU) von Geflüchteten geplant ist. Das Gebäude soll auf einem Areal in der Robert-Bosch-Straße entstehen. Thomas Eberhard, der beim Landkreis für Immobilien zuständig ist, und Christian Sigler, Leiter des Amts für Flüchtlingshilfe, stellten die Pläne vor. Die Gemeinde will sich auf einem Teil der Fläche einmieten – damit soll ein zeitlicher Puffer geschaffen werden, um dringend nötige Sanierungen der eigenen kommunalen Anschlussunterbringungen in Angriff zu nehmen.

„Wir haben eine äußerst angespannte Lage in der Flüchtlingsunterbringung“, sagte Eberhard. Der Landkreis sei froh, dass es im Gegensatz zur Flüchtlingskrise 2015/16 noch nicht nötig sei, Sporthallen zu belegen. Allerdings seien die vorhandenen Kapazitäten am Limit. Es gehe dabei nicht nur um die Ukrainer, sondern vor allem um die Asylbewerber, die schon immer gekommen seien. Seit die Balkanrouten wieder offen sind, stiegen die Zahlen seit Ende 2021 wieder deutlich an. Sigler betonte: „Zusammen mit den Ukrainern ergeben sich bei den Flüchtlingen Zahlen, die weit über denen von 2016 liegen.“ Derzeit müssen etwa 350 bis 400 Flüchtlinge pro Monat im Landkreis vorläufig untergebracht werden. Ukrainische Flüchtlinge bekommen im Schnitt meist innerhalb von acht Wochen ihre Aufenthaltserlaubnis und kommen damit in eine kommunale Anschlussunterbringung. Außerdem hätten sie es um einiges leichter, auf dem privaten Markt geeigneten Wohnraum zu finden. Bei den Ankömmlingen aus den übrigen Ländern zieht sich das Asylverfahren im Schnitt schon mal zwischen zwölf und 15 Monaten. „Damit ist ihre Verweildauer wesentlich länger“, sagte Sigler.

 

Zusammen mit den Ukrainern ergeben sich bei den Flüchtlingen Zahlen, die weit über denen von 2016 liegen.
Christian Sigler, Leiter des Amts für Flüchtlingshilfe

 

Um mehr Platz zu schaffen, hat der Landkreis ein Grundstück von privat angemietet, derzeit befristet auf fünf Jahre ohne Option auf Verlängerung. Dort sollen in eingeschossiger Bauweise 139 Container aufgestellt werden. 74 davon nutzt der Landkreis als Wohncontainer für die VU, untergebracht können darin 148 Menschen.

Die Gemeinde Köngen geht in Untermiete beim Landkreis und belegt 19 Container teils mit Geflüchteten, die sich bereits in der kommunalen Anschlussunterbringung befinden, teils mit Neuankömmlingen – insgesamt können dort 38 Menschen wohnen. Der Rest sind Nutz-Container, in denen sanitäre Anlagen, Küchen oder Gemeinschaftsräume untergebracht sind. Damit wird die neue Unterbringung über rund 190 Plätzen verfügen. Laut Sigler liegt der Betreuungsschlüssel bei einem Sozialarbeiter für 90 Flüchtlinge. Sie sind nur tagsüber im Einsatz. Zwar ist auch ein Container für einen Sicherheitsdienst vorgesehen, eine Security wird aber erst eingesetzt, wenn es zu Problemen komme sollte. Der Landkreis geht von einer Fertigstellung noch im Herbst aus.

Das Angebot des Landkreises, in der neuen VU in Untermiete zu gehen, sei eine Chance, die eigenen kommunalen Unterkünfte auf Vordermann zu bringen. Die derzeitigen Bewohner könnten dann in die VU verlegt werden, zudem wäre es der Gemeinde möglich, ihr Aufnahmesoll zu erfüllen. Das sind in den nächsten 24 Monaten weitere 41 Menschen, dazu kommen für 2023 zusätzlich 26 ukrainische Geflüchtete. Aktuell befinden sich bereits 117 Menschen, davon 16 ukrainische Geflüchtete, in der kommunalen Anschluss- und Obdachlosenunterbringung. „Die Not ist groß“, sagte Köngens Bürgermeister Otto Ruppaner. Allein schon wegen der Zahlen müsse die Gemeinde diesen Weg mitgehen.

„Können wir die Einrichtung der VU überhaupt ablehnen?“, fragte Günter Hoffelner. „Wir versuchen immer im Konsens unterwegs zu bleiben“, antwortete Eberhard. Allerdings habe der Kreis die Verpflichtung, diese Menschen aufzunehmen – insofern könne man es sich nicht leisten, zu solch einem Angebot Nein zu sagen. „Kein Köngener Arzt hat noch Kapazitäten frei, alle vier Praxen sind völlig am Anschlag“, sagte CDU-Gemeinderätin Adina Fernengel-Kurzenberger, die selbst in Köngen als Hausärztin tätig ist. Sie forderte den Landkreis auf, von vornherein für eine medizinische Versorgung zu sorgen.

 

Die Situation bei der Unterbringung

Einrichtungen: Laut der Pressesprecherin Andrea Wangner betreibt der Landkreis Esslingen momentan 31 Einrichtungen in der vorläufigen Unterbringung (VU) für geflüchtete Menschen. Untergebracht sind dort aktuell 446 Ukrainer und 1865 Personen aus sonstigen Ländern. Letztere kommen überwiegend aus Syrien (24 Prozent), der Türkei (23 Prozent), Afghanistan (acht Prozent) und dem Irak (sieben Prozent).

Kapazitäten: „Die Vorläufigen Unterkünfte sind alle voll“, so Wangner. Frei werdende Plätze der ukrainischen Flüchtlinge in der VU, die schneller durch das Asylverfahren kommen, werden mit sons­tigen Flüchtlingen aufgefüllt. Es seien dringend weitere Kapazitäten erforderlich, sagt die Pressesprecherin. Die Kreisverwaltung habe schon mehrfach dazu Aufrufe gestartet: „Der Landkreis hat weiterhin Interesse an vergleichbaren Objekten wie in Köngen.“ kda