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„Der muss einfach nochmal kommen“

Konzert Seth Lakeman kämpft in der Bastion mit einer Erkältung und bricht das Konzert ab.

Seth Lakeman hat in der Bastion gesungen, bis seine Stimme versagt hat.Foto: Peter Dietrich
Seth Lakeman hat in der Bastion gesungen, bis seine Stimme versagt hat.Foto: Peter Dietrich

Kirchheim. Da half auch das Spray für den Hals nichts mehr, Seth ­Lakemans erkältete Gesangsstimme hatte endgültig gekündigt. Eine Stunde lang hatte Lakeman sich gemüht und sein Allerbestes gegeben, dann gab er auf.

Als klar war, dass nun wirklich nichts mehr ging, kam der Veranstalter Günther Scheuring auf die Bühne. Es täte ihm sehr leid, es war ihm zuvor in einem ganzen Konzertjahrzehnt noch nie passiert. Er bot den Zuhörern an, einen Teil des Eintritts zu erstatten. Doch darauf bestand keiner. Konsens war das, was eine Zuhörerin in die Menge rief: „Der muss einfach nochmals kommen.“ Als sich die Stimmprobleme Stunden vor dem Konzert abzeichneten, hatte Scheuring noch schnell versucht, Gesangsunterstützung für Lakeman zu engagieren, das hatte aber so kurzfristig nicht mehr geklappt.

Eine Familie war aus München angereist, um Lakeman einmal live zu hören - am Abend vorher hätten sie es bis Ansbach ebenfalls weit gehabt und die Kinder mussten ja am Freitag wieder zur Schule. Andere Konzertbesucher kamen aus Schifferstadt. Sie alle waren glücklich, dass das Konzert nicht ganz ausfiel. Das Team des Clubs Bastion hatte sofort erkannt, dass sehr viele Besucher das erste Mal da waren - daran, dass öfters nach der Toilette gefragt wurde.

Selbst wer den Namen Seth Lakeman nicht kennt, hat ihn womöglich schon singen gehört, hat er doch einen Teil der Musik der seit 20 Jahren bestehenden TV-Erfolgsserie „Inspector Barnaby“ eingespielt. Wie mörderisch gut Lakeman seine Instrumente beherrscht, war trotz seines Kampfes mit der Stimme ganz schnell klar. Zur Gitarre mit den üblichen sechs Saiten kamen eine achtsaitige Bouzouki und eine viersaitige Baritongitarre, dazu eine Violine und eine Viola. Letztere wurde von Lakeman auch gezupft und geschlagen.

Lakeman singt Lieder über seine Heimat im Südwesten Englands, Devon und Cornwall. „Das nächste Lied ist 250 Jahre alt“, kündigte er seinen zweiten Song an. Er liebe es, Lieder aus staubigen Alben herauszuholen und neu zugänglich zu machen. „This is a ­really hard one“ sagte er vor seinem schwer zu singenden Lied über die Heimat, in die er immer wieder gerne zurückkommt. Es lohnte sich, denn es war wieder so ein eingängiger keltischer Song, der aus mindestens so viel Sehnsucht wie Tönen bestand. Ein weiteres Lied schrieb Lakeman als eines seiner ersten für eine ehemalige Freundin, die bald darauf eine Ex-Freundin wurde - am schönen Lied dürfte es wohl kaum gelegen haben.

Die Percussion spielte Lakeman mit dem Fuß oder sie kam vom Smartphone. Zu diesem griff er auch, als ihm die Stimme versagte: „Das ist der Backup-Plan, das bin ich in einem Hotel ganz in der Nähe.“ Dann spielte er mit der Geige zum eigenen Play-back und bekam einen verdienten, fetten Applaus. „Wenn du nicht singen kannst, was kannst du tun?“, klagte er. Doch das „nicht“ war relativ: Viele andere wären stolz wie Oskar, könnten sie auch nur annährend so gut singen, wie Lakeman es selbst in angeschlagenem Zustand kann. Wie muss der erst live klingen, wenn er hoffentlich bald wieder fit ist? Doch so machten es Violine und Viola Lakeman schwer: Bei der Gitarre lässt sich einfach der Kapodaster verschieben und ein Lied zur Not auch einen Ton tiefer singen, Geige und Bratsche erlauben das nicht. Doch er kämpfte verbissen, bis er schließlich dann doch sagen musste: „Ich bin fertig.“

Die Hörer dankten Lakeman für die „Extrameile“, die er eine - für die Zuhörer genussvolle - Stunde lang gegangen war, mit viel Applaus, spürbarem Wohlwollen und guten CD-Käufen. Sie hoffen, dass Lakeman bei seiner nächsten Tournee auch wieder nach Kirchheim kommt.Peter Dietrich