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Der Ringschluss nach Kirchheim bleibt weiter das Ziel

Verkehr Der Verein „Ein neuer Zug im Kreis“ sieht das Planspiel der Region mit einer S-Bahn nach Bad Boll als zu kurz gedacht. Eine Durchbindung nach Kirchheim sei wesentlich sinnvoller als Stichstrecken.

Der Verein „Ein neuer Zug im Kreis“ drängt weiter auf eine Reaktivierung der Boller Bahn als Voralbbahn, mit Verlängerung bis Kirchheim. Dies auch angesichts der jüngsten Entwicklung: Für die Region ist eine S-Bahn über Göppingen nach Bad Boll vorstellbar geworden. Beim Förderverein „Ein neuer Zug“ schlagen dazu zwei Herzen in einer Brust. Einerseits wäre dies ein Teilerfolg, man bekäme endlich einen Bahnanschluss nach Bad Boll, sagt der Vorsitzende Dieter Vetter. Und das mit einem S-Bahn-Standard. Und das käme vielleicht relativ zügig.

Das große Aber: Ein Ringschluss sei wesentlich sinnvoller als Stichstrecken, sagen Vetter und der Vorstand des Fördervereins. Eine S-Bahn wäre ihnen gleich recht, und die wünschen sie sich für den Ring von Plochingen über Göppingen nach Bad Boll und Kirchheim. Dann bekäme man auch perspektivisch einen Viertelstunden-Takt für das Voralbgebiet bis Kirchheim. Die kleine Variante bis Bad Boll koste die Bahn ja auch mehr Personal, sie müsste beim Teilen des Zugs in Göppingen mit zwei Zügen und zwei Besatzungen weiter, nach Geislingen und nach Bad Boll. Denn so sähe die Überlegung der Region aus.

 

„Die Entscheidung wird nicht für uns, sondern für unsere Enkel getroffen.
Thilo Keierleber
vom Verein „Ein neuer Zug im Kreis“

 

Der Förderverein blickt auch nach Weilheim: Dort soll das große Gewerbegebiet Rosenloh entstehen, mit der Brennstoffzellenfabrik von Cellcentric als Mittelpunkt. Mehr als 600 Menschen sollen dort arbeiten, weiß der Verein. Dafür brauche man eine S-Bahn. Und die brauche man von beiden Seiten: vom Kirchheimer Raum und vom Kreis Göppingen. Ansonsten bekomme Weilheim entsprechend neuen Auto- und Lkw-Verkehr. „Das ist kontraproduktiv für die Klimawende“, mahnt der Verein. Zusätzlich brauche das Gewerbegebiet einen Gleisanschluss für den Güterverkehr. Das werte das Gewerbegebiet auf. „Schon heute gibt es einen regen Pendlerverkehr zwischen dem Bereich Kirchheim und dem Voralbgebiet“, machte Dieter Vetter geltend. Ein Linienbus ist für den Vorstand von „Ein neuer Zug im Kreis“ keine Alternative, auch wenn der Bus als Zubringer zur Bahn unverzichtbar sei. Ein Bus stehe ebenso wie ein Auto im Stau.

Der Verein verweist auf die Machbarkeitsstudie, die voriges Jahr breit diskutiert wurde: Auf der Strecke Kirchheim – Göppingen erwarte die Studie mehr als 5000 Einsteiger am Tag in Göppingen. Bei anderen reaktivierten Bahnen gebe es steigende Fahrgastzahlen. Und der Verein sieht auch, dass der neue Bahnhof Merklingen auf der Alb gut angenommen werde. Der Vorstand ist sich einig, dass ein Ringschluss viel Zeit brauche. So gibt es für das Zwischenstück von Boll bis Weilheim noch nicht mal eine Trasse. Die Entscheidung dafür würde „nicht mehr für uns getroffen, sondern für unsere Enkel“. Aber, so sagt Thilo Keierleber, der seit Jahrzehnten für eine Voralbbahn plädiert: „Wie soll die Mobilitätswende ohne mutige Entscheidungen gelingen?“

Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus?

Jetzt kommt es erst mal darauf an, wie es mit der Wirtschaftlichkeit der Strecke von Göppingen bis Kirchheim aussieht. Dafür braucht es eine Berechnung, und die ist noch nicht aktualisiert, bedauert der Vorsitzende Dieter Vetter. Für den Abschnitt bis Bad Boll war die Aussage bekanntlich recht gut, für den Abschnitt von Kirchheim bis Weilheim noch besser, aber eine neue Berechnung für das Ganze wäre, so sie positiv ausfällt, ein Meilenstein.

Aber es gibt auch noch die Politik. Bekannt sei, so muss der Vorstand konstatieren, dass Weilheims Bürgermeister nach wie vor gegen eine Durchbindung von Bad Boll nach Kirchheim sei. Im Kirchheimer Raum denkt man an eine S-Bahn nach Weilheim. Das liefe dann auf ebenjene Stichstrecken hinaus, die der Förderverein „Ein neuer Zug im Kreis“ ablehnt. Das Planspiel für eine S-Bahn bis Bad Boll beschäftigt auch den Kreis- und Gemeinderat Rainer Staib aus Bad Boll, Vorsitzender des örtlichen CDU-Gemeindeverbands. Das brächte dem Kurort ganz neue Möglichkeiten, sagt er. Auch er fragt: Soll Bad Boll Endstation sein? Er vermutet: Eine Weiterführung bis Weilheim und Kirchheim sei dann aber wohl für immer ausgeschlossen. Denn: Eine S-Bahn-Strecke sei technisch nur mit deutlich teurerem Tunnel realisierbar. Staib hat sich als Kreisrat seit Jahren mit dem Thema S-Bahn auseinandergesetzt, sagt er. Wenn die für Pendler attraktiv sein solle, komme es auf das Zugangebot an. Und auf die Fahrzeit. Wie lange brauche eine S-Bahn von Bad Boll nach Stuttgart? Sei eine Variante mit Umstieg auf einen Regionalzug in Göppingen schneller und somit ein Ringschluss über Weilheim bis nach Kirchheim noch möglich? Staib will den Ringschluss nicht voreilig über Bord werfen. Zu klären sei, was an Fahrgastzahlen vom neuen Industriegebiet in Weilheim zu erwarten sei. Die Lücke zwischen Bad Boll, Weilheim und Kirchheim müsse in jedem Fall geschlossen werden – gleichgültig mit welchem Verkehrsmittel. „Die Expressbusverbindung auf dieser Strecke muss also jetzt kommen“, so der Gemeinderat und Kreisrat aus Bad Boll. „Das ewige Zuwarten wird den potenziellen Nutzern und dem ständigen Werben um einen guten ÖPNV nicht gerecht.“ pm

 

Pendlerströme und die Wirtschaftlichkeit

Geschichte Seit 1995, sechs Jahre nach dem Ende des Boller Bähnles, setzt sich der Verein „Ein neuer Zug im Kreis“ für die Reaktivierung der Nebenbahn Göppingen – Bad Boll ein. Interessant war für den Verein immer der Gedanke einer Verlängerung bis Kirchheim.
Forderung Aus dem Kurort Bad Boll kommt schon lange die Forderung, etwas für kreis­übergreifende Pendlerströme nach Kirchheim zu bieten. Das gibt der Vision einer Bahn von Göppingen bis Kirchheim Schub. Ebenso das geplante Gewerbe­gebiet in Weilheim.
Neubau Allerdings steht die Frage der Wirtschaftlichkeit einer neuen Strecke von Bad Boll bis Weilheim im Raum.
Der Verein will an dem Thema ebenso dranbleiben wie der Boller Gemeinderat Rainer Staib. Infoveranstaltungen sollen folgen. pm