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Der Schlüssel: Flächen, die „eh da“ sind

Artenschutz Mit dem Projekt „Schlierbach blüht auf“ sollen brachliegende Areale ökologisch aufgewertet und so zu einem Insektenparadies werden. Von Volkmar Schreier

Nicht nur die Anzahl der Bienen, die gesamte Insektenpopulation nimmt ab. Umso wichtiger ist es, mit blühenden Flächen gegenzust
Nicht nur die Anzahl der Bienen, die gesamte Insektenpopulation nimmt ab. Umso wichtiger ist es, mit blühenden Flächen gegenzusteuern. Foto: Dieter Ruoff

Schon längere Zeit überlegt sich der Schlierbacher Gemeinderat, wie auf kommunaler Ebene mit einfachen Mitteln etwas für Artenschutz und Artenvielfalt getan werden kann. Dass etwas getan werden muss ist unstrittig. „Wir haben große Probleme, was die Biodiversität anbelangt“, sagt auch Professor Christian Küpfer von der Nürtinger Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Der Wissenschaftler, in Nürtingen Professor für Landschaftsplanung mit den Schwerpunkten Landschafts- und Grünordnungsplanung, Eingriffsregelung und Ökokonto und Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen, berät die Gemeinde Schlierbach bei der Suche nach Mitteln und Wegen.

Die Gemeinde könnte bereits mit bescheidenen Maßnahmen viel mehr tun als bisher, sagt der Professor: „Die Potenziale im innerörtlichen Bereich werden nicht genutzt.“ Stichwort sind hier die im Fachjargon sogenannten „Eh da“-Flächen. Das sind Areale, die nicht bewirtschaftet, sondern einfach mehrmals im Jahr gemäht werden und ansonsten ohne wirklichen Nutzen sind, wie etwa Grünstreifen entlang von Fußwegen. Doch nicht nur die Grünstreifen sind interessant: Auch Teile des Friedhofs bieten Möglichkeiten. „Mit speziellen Einsaaten können diese Flächen ohne Weiteres aufgewertet werden“, so Christian Küpfer. Die Saatenmischungen beinhalten viele unterschiedliche Arten von Gräsern und Blumen, die so einen reich gedeckten Tisch für viele Insekten bereitstellen.

Dennoch gilt auch hier: Ohne Aufwand kein Ertrag. Denn die so aufgewerteten Flächen müssen entsprechend gehegt und gepflegt werden. Zwar wird dort nicht mehr so häufig gemäht, dafür muss das Schnittgut aufwendig eingesammelt und abtransportiert werden - ein deutlicher Mehraufwand also. „Einfach untermulchen geht da nicht mehr“, erläutert Professor Küpfer. Sinnvoll sei es auch, den anfallenden Grünschnitt weiterzuverwenden, etwa in einer Kompostier- oder Biogasanlage.

Doch nicht nur innerörtliche Flächen kommen für eine Aufwertung in Frage. Auch außerorts finden sich die „Eh da“-Flächen, in Schlierbach beispielsweise bei der Kläranlage und dem Auffüllplatz. Und auch wenn die Welt mit den vielen Streuobstwiesen um Schlier- bach herum noch in Ordnung erscheint, plädiert Christian Küpfer dafür, auch hier tätig zu werden, denn: „Auch in den Streuobstwiesen ist die Insektenpopulation rückläufig.“ Ohne Insekten keine Bestäubung, ohne Bestäubung kein Obst, so die einfache Formel.

Bei Gemeinderat und -verwaltung fallen Professor Küpfers Vorschläge auf fruchtbaren Boden. Kurt Moll (CDU) steht jedenfalls hinter dem Projekt, zumal es im Ort ja schon das eine oder andere positive Beispiel gebe: „Wir finden, das ist eine gute Sache.“ Auch Jörn Feldsieper (FUW) findet, dass die Gemeinde hier mit gutem Beispiel vorangehen müsse. „Es wäre auch gut, die Schule und die Kindergärten mit einzubinden.“ Die Vorbildfunktion der Gemeinde sieht auch Bürgermeister Sascha Krötz. „Ein Ziel wäre tatsächlich, möglichst viele Privatleute zum Mitmachen zu bewegen.“

Ein Bonus für die Gemeinde wäre sicherlich auch, in das Förderprogramm „Natur nah dran“ aufgenommen zu werden. Dieses wurde vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) aufgelegt, um kommunale Bemühungen zum Artenschutz zu unterstützen. Hier könnte sich die Gemeinde bewerben, um Fördergelder für Planung, Material und Öffentlichkeitsarbeit zu bekommen. Der Gemeinderat hat die Verwaltung daher einstimmig beauftragt, einen entsprechenden Förderantrag zu stellen. Gleichzeitig sollen im Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss ein Maßnahmenplan ausgearbeitet und erste Flächen für eine Umwandlung im kommenden Jahr festgelegt werden.