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„Der Wolf ist auch nur ein fauler Hund“

Protestaktion Weidetierhalter aus der Region beteiligen sich am zweiten Europa-Mahnfeuer gegen Wölfe an exponierter Stelle auf dem Bölle. Von Iris Häfner

Auf dem Bölle unterhalb der Teck entzündeten Weidetierhalter aus Protest gegen Isegrimm ein Mahnfeuer. Foto: Markus Brändli
Auf dem Bölle unterhalb der Teck entzündeten Weidetierhalter aus Protest gegen Isegrimm ein Mahnfeuer. Foto: Markus Brändli

Das ist bis zum Landtag zu sehen“, ist sich ein Schäfer sicher. Und genau dort soll die Leucht-Botschaft auch ankommen. Gemeint ist das Mahnfeuer gegen Wölfe, das bereits zum zweiten Mal europaweit angezündet wurde. Auf dem Bölle unterhalb der Teck ist es zum ersten Mal entfacht worden. Damit wollen die Weidetierhalter auf ihre Ängste und Sorgen aufmerksam machen - mit einem „feucht-fröhlichen Trinkgelage und Grillfest“, wie ihnen das von manchen Wolf-Befürwortern vorgeworfen wird, hat das nichts zu tun. Die Schäfer sind bestens vorbereitet. Dank eines Notstromaggregats ist der Film „Weidetierhaltung: Geliebt. Gewollt. Geopfert?“ zu sehen. Die Plane eines Anhängers dient als Leinwand. In dem Dokufilm kommen die Betroffenen zu Wort, auch unschöne Bilder von getöteten Tieren sind zu sehen. Es wird deutlich: Die Schaf- und Rinderhalter in der Region sorgen sich um ihre Tiere, vor allem aber bereiten ihnen ihre Halterpflichten große Sorgen. „Ich kann keine 24 Stunden im Pferch verbringen“, sagt ein Schäfer.

Die Landwirte fühlen sich von der Politik allein gelassen. „Wir wollen mit dem Feuer ein Zeichen in Richtung Politik setzen, dass es so nicht weitergehen kann“, so der Tenor der Teilnehmer. Ausgerechnet auf dem Rücken der Weidetierhalter werde der Konflikt um den Wolf ausgetragen. Sie sollen hohe und damit schwere Zäune schleppen, die der vierbeinige Jäger jedoch problemlos überwinden kann. Dann sollen sie sich Herdenschutzhunde zulegen. „Die kosten 4 000 Euro, ein fertig ausgebildeter Hund 5 000 Euro“, nennt eine Schäferin die Kosten, die die Tierhalter selbst aufbringen müssen. Sie hat ihren Winterurlaub in Niedersachsen und Brandenburg verbracht, „um das Elend vor Ort anzuschauen“. Sie besuchte mehrere Schäfer in Wolfsgebieten, um von deren Erfahrungen profitieren zu können, insbesondere bezüglich der Herdenschutzhunde. Die Bilanz fiel ernüchternd aus. Die Hunde brauchen eine Schutzhütte und es muss sichergestellt sein, dass sie rund um die Uhr an Wasser kommen. „Dazu braucht es einen speziellen Schlupf, damit die Schafe es nicht wegtrinken“, sagt sie. Das Eindrücklichste an der Reise war das Ende. Vor der Autobahn wollte sie in der Lausitz ihren Hütehunden einen Auslauf gönnen. „Dann hat mich eine Frau angesprochen und gesagt, ich könne meine Hunde bei ihr im Garten ihr Geschäft verrichten lassen. Sie lasse ihre Hunde nicht mehr frei laufen und nach ihren verschwundenen Hauskatzen suche sie erst gar nicht mehr“, erzählt sie.

Diesen Faden nehmen ihre Kollegen auf. „Erst fehlen die Katzen, dann die Hunde, und was kommt dann? Der Wolf ist auch nur ein fauler Hund. Schafe im Pferch sind einfacher zu fangen, als ein Wildschwein, das dazu noch wehrhaft ist, oder ein Reh, das schnell wegrennt“, sagt Karl Ederle, einer der Mitorganisatoren. Er spricht von einer ökologischen Katastrophe, sollte es keine Weidetiere mehr geben. „Der Wald breitet sich aus, es wechselt kein Hase, keine Kröte und kein Igel mehr. Auf den Wiesen schreddert das Mulchgerät alles zusammen - das ist dann Artensterben“, befürchtet er. Dann setzt er noch eins drauf: „Die Weidetierhalter sterben als erstes aus.“ Zu mühsam ist es, an Gelder bei Schadensfällen zu kommen.

„Die gerissenen Tiere sind das kleinere Problem. Wenn unsere Schafe oder Rinder ausreißen und Personen zu Schaden kommen - wer kommt dann dafür auf?“, fragt Andrea Münsinger aus Holzmaden in ihrer offiziellen Ansprache vor dem Feuer. Ob die Versicherung zahlt, sei immer die große Frage, schließlich muss der Weidetierhalter nachweisen, dass es zum einen ein Wolf war, und zum andern, dass er seinen Pflichten auch nachgekommen ist. „Man muss täglich kontrollieren, auch nachts, wenn ein Wolf in der Nähe ist. Das ist bei mehreren Herden nicht machbar“, sagt sie.

Info Über WhatsApp wird am Mahnfeuer ein Video geteilt. Es wurde bei Ostrach in Oberschwaben von einem Traktor aus aufgenommen. Der Motor läuft, der Schlepper steht, ein Wolf kommt in leichtem Trab direkt auf das Gefährt zu und läuft mit wenigen Metern Abstand daran vorbei, ehe er hinter einem Gebüsch verschwindet. Direkt hinter dem Schlepper befindet sich ein Offenstall. „Soviel zum Thema scheuer Wolf“, unkt Karl Ederle.

Vor diesem Pracht-Exemplar braucht keiner Angst zu haben. Er lebt in der Alten Fasanerie Klein-Auheim in Hessen. Foto: Claudia R
Vor diesem Pracht-Exemplar braucht keiner Angst zu haben. Er lebt in der Alten Fasanerie Klein-Auheim in Hessen. Foto: Claudia Reinöhl