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„Deutschland ist ein Steuerdschungel“Was sonst noch interessieren könnte

Finanzen Wilfried Krahwinkel, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler, informiert beim Kirchheimer Steuerzahlerforum über wichtige Steueränderungen im Jahr 2017. Von Cornelia Wahl

„Deutschland ist ein Steuerdschungel“Was sonst noch interessieren könnte
„Deutschland ist ein Steuerdschungel“Was sonst noch interessieren könnte

Deutschland ist ein Steuerdschungel, sagt Wilfried Krahwinkel und zählt auf: „Das Steuerrecht kennt derzeit 37 verschiedene Steuern. Die zwölf wichtigsten davon füllen annähernd 2 600 Paragrafen und Richtlinien-Abschnitte auf fast 2 700 Druckseiten.“ Wer will da den Überblick behalten?

Wilfried Krahwinkel ist seit 18 Jahren Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Baden-Württemberg. Er kennt sich also aus. Er ist nach Kirchheim gereist, um beim Steuerzahlerforum im Fuchsen auf folgende wichtige Steueränderungen 2017 aufmerksam zu machen.

Abgabe jetzt im Juli

Im Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ist unter anderem die Frist für die Abgabe der Steuererklärung festgelegt. „Für die Bürger ist das Wichtigste, dass der Stichtag für die Abgabe der Steuererklärung nicht mehr der 31. Mai, sondern der 31. Juli und entsprechend mit Steuerberater Ende Februar des Folgejahres ist. Allerdings gilt das erst für die Veranlagung 2017“, so der Hinweis Krahwinkels.

Höherer Grundfreibetrag

Mit dem Jahr 2017 erhöht sich der Grundfreibetrag um 168 Euro auf 8 820 Euro für Ledige. Für Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner gelten 17 640 Euro. Um der sogenannten kalten Progression entgegenzuwirken, werden die Eckwerte des Einkommensteuertarifs 2017 um 0,73 Prozent verschoben. „Der Steuertarif beginnt jetzt bei 14 Prozent“, so der Steuerexperte.

Höherer Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag wird von 7 248 Euro auf 7 356 Euro angehoben. Das Kindergeld steige um zwei Euro pro Kind und Monat. Es liegt bei 192 Euro fürs erste und zweite Kind, bei 198 Euro fürs dritte Kind und bei jeweils 223 Euro ab dem vierten Kind. Neu ist, dass ab 2016 eingetragene Freibeträge für zwei Jahre gültig sind. In 2017 gilt also der Freibetrag, der schon 2016 eingetragen worden ist.

Wichtig für Neurentner

Für Neurentner im Jahr 2017 gilt: Der steuerpflichtige Rentenanteil steigt von 72 auf 74 Prozent. Im Umkehrschluss heißt dies, dass 26 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei bleiben. Der Steuerfachmann erläutert weiter: „Der steuerfreie Rentenanteil des Jahres 2017 wird festgeschrieben und begleitet den Rentner sein ganzes Leben lang.“ Gibt es eine Rentenerhöhung, ist dieser Betrag voll zu versteuern. Und: Für Bestandsrenten bleibt der festgesetzte steuerfreie Rentenanteil bestehen.

Bestimmungen für Firmen

Kleine und mittlere Unternehmen zahlen keine Erbschafts- und Schenkungssteuer, wenn die Erben den Betrieb sieben Jahre weiterführen und die Anzahl der Mitarbeiter konstant bleibt gemäß dem Verschonungsabschlag von 100 Prozent. Erhalten bleibt auch die sogenannte Regelverschonung. Hier gibt es einen Verschonungsabschlag von 85 Prozent auf das begünstigte Betriebsvermögen. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen fünf Jahre gehalten und viele Arbeitsplätze gesichert werden. Für eine 100-Prozent-Vollverschonung darf das Verwaltungsvermögen – Güter, die nicht zwingend dem Betrieb dienen – nicht höher als 20 Prozent des Betriebsvermögens ausmachen, sonst greift die Regelverschonung. Beträgt das Verwaltungsvermögen über 90 Prozent, kommt keine Verschonung in Betracht. Eine Neuerung gilt für Betriebe mit mehr als fünf Mitarbeitern. Sie müssen nun auf die Einhaltung einer Lohnsumme achten, mit der der Erhalt von Arbeitsplätzen dokumentiert wird. Bisher galt dies für Firmen mit mehr als 20 Beschäftigten. Eine Verbesserung ergibt sich bei der Bewertung des Gesamtbetriebsvermögens. Es kann mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren bewertet werden, und zwar gilt diese Regelung rückwirkend ab dem 1. Januar 2016.

Austausch in der EU

Erstmals für das Steuerjahr 2016 wird der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union umgesetzt: „Die Staaten sind verpflichtet, von ihren Finanzinstituten Informationen über Konten zu erheben, die sie für steuerpflichtige Personen anderer Staaten führen. Die Daten werden diesen Staaten dann zur Verfügung gestellt. Das muss natürlich bei der jetzigen Steuererklärung beachtet werden“, so der Hinweis des diplomierten Volkswirts.

Krankenkassenbeiträge

Erstattet eine Kasse im Rahmen eines Bonusprogramms zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens die Kosten für die Gesundheitsmaßnahme, die vom Versicherten zuvor privat finanziert wurden, mindert dies die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht.

Firmenfahrrad

Benutzt ein Arbeitnehmer ein Firmenfahrrad auch privat, hat er dafür einen geldwerten Vorteil von monatlich einem Prozent des Fahrradneupreises zu versteuern. Für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb muss kein zusätzlicher geldwerter Vorteil versteuert werden. Bei einer Überlassung eines Firmen-Elektrofahrrads, das mehr als 25 km/h schnell fährt, erfolgt die Besteuerung analog zur Besteuerung bei Überlassung eines Firmenfahrzeuges.cw