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Dialog mit Schaufenstern gegenüber

Lisa Biedlingmaier stellt in der Städtische Galerie im Kornhaus in Kirchheim aus

Bilder und Videos von Lisa Bidlingmaier sind im Kornhaus zu sehen.Foto: Ralf Just
Bilder und Videos von Lisa Bidlingmaier sind im Kornhaus zu sehen.Foto: Ralf Just

Kirchheim. Wie ein riesiger Werbeschriftzug ist das Wort „P OPOSITION“ in hellgrauen Buchstabenfragmenten auf die große Rückwand des

Galerieraums gemalt. Es erfordert etwas Fantasie, diesen Schriftzug zu entziffern, denn die Buchstaben sind nicht vollständig, sondern nur innerhalb von rechteckigen Ausschnitten zu sehen. Diese Ausschnitte entsprechen den Maßen der gegenüberliegenden Schaufenster, durch die man von der Städtischen Galerie in die Arkaden des Kornhauses schauen kann. „Dahinter steht die Idee der Außenwerbung, die in den Innenraum versetzt wurde“ erklärt Lisa Biedlingmaier, die Künstlerin, die ihre Ausstellung von Fotos, Videos und Installationen als „Proposition P oposition“, also als „Vorschlag“ und zugleich auch als dessen Gegenteil betitelt hat.

Zentral im Raum sind zwei Videoprojektionen zu sehen, die auf beiden Seiten einer großen, von der Decke abgehängten Platte erscheinen. Der Betrachter kann alternativ immer nur eine Seite betrachten: entweder den dynamischen Loop, der eine Sportstudentin im eng anliegenden weißen Dress zeigt, die Yogaübungen vorführt, oder auf der anderen Seite ein Clip in dauernder Zeitlupe, in dem kostümierte Darsteller die Posen von Stars eines Musikvideos zu pa­rodieren scheinen. Die Videos sind mit einer gemeinsamen Audiospur untermalt, auf der abwechselnd Punkrock und indische Musik zu hören ist. Beide Loops sind professionell wie Werbevideos geschnitten. Für den Betrachter wird die Installation in dem Moment interessant, wenn die Bandmusiker ihre Lamettaperücken in Zeitlupe, und daher passend zum langsamen Takt der indischen Musik, schütteln, und die Bewegungen der Darstellerin auf der anderen Seite, die eine besonders athletische und dynamische Form des „Kundalini Yoga“ vorführt, zum schnellen Rhythmus der Stuttgarter Postpunkband „Mosquito Ego“ zu passen scheinen.

Passend ausgewählt und gestaltet sind auch die Getränkeflaschen, die zur Vernissage angeboten wurden. „Bier gehört zur Ära des Punk, und die Etiketten beziehen sich auf charakteristische Beschreibungen der Chakras, der Energiezentren des Körpers“, erläutert die Künstlerin, die selbst gerade eine Prüfung als Yogalehrerin abgelegt hat.

Während sich die zahlreichen Besucher daranmachten, durch Leeren dieser Kunstflaschen zum Gelingen der Eröffnung beizutragen, durfte auch die Eröffnungsrede nicht fehlen, allerdings in verfremdeter Form, nämlich als Aufzeichnung, vorgetragen von dem Künstler Georg Winter und ehemaligem Akademieprofessor von Lisa Biedlingmaier. Das zwei Tage vor der Eröffnung aufgenommene Video mit dem Titel „Kommentar“ zeigt ihn im Bewusstsein der inszenierten Zeitverschiebung: „Ich freue mich, Sie zu begrüßen, obwohl Sie noch nicht da sind“, aber auch in der Rolle des zerstreuten Experten, der die Arbeiten Lisa Biedlingmaiers „irgendwo zwischen Horkheimer, Adorno und Benjamin“ in einen legitimierenden Zusammenhang verortet. Die Kamera filmt den Redner leicht schwindelerregend auf einem sich drehenden Wagen in der Ausstellung. Die Eröffnung mündete bei gedämpftem Licht und lauter Musik in eine frühabendliche Partysituation, vielleicht eine weitere Anspielung auf die Punk-Ära der späten 1970er-Jahre, aber eben nur als Vorschlag natürlich.

Die Ausstellung ist noch bis 28. März in der Städtische Galerie im Kornhaus, Max-Eyth-Straße 19, in Kirchheim zu sehen. Die Öffnungszeiten: dienstags von 14 bis 17 Uhr, mittwochs bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr. An Karfreitag und am Ostersonntag ist die Galerie geschlossen, an Ostermontag geöffnet. Weitere Infos finden Interessierte im Internet unter www. staedtische-galerie-kirchheim-teck.de.